Szene 1: Menschen stehen in der Kälte. Lange Schlangen ziehen sich durch die Innenstadt... Aber nicht vor den Geschäften, sondern vor den Impfzentren. Auch der Weihnachtsmann steht an und wird schon langsam ungeduldig. Sein Handy klingelt. Ein Anruf. Er hebt ab:
Elfe 1: „Wo bleibst du denn? Die Geschenke müssen raus und unter die Weihnachtsbäume und in die Stiefel, sonst gibt es dieses Jahr keine glücklich leuchtenden Kinderaugen!“
Weihnachtsmann: „Ich stehe doch noch in der Warteschlange. Muss das wirklich schon wieder sein? Ich dachte, die epidemische Lage sei ausgelaufen und dieses Jahr wäre wieder alles beim Alten?!”
Elfe 1: „So ein Quatsch! Naja, also juristisch vielleicht - rein praktisch aber so gar nicht. Jedenfalls interessiert sich das Virus nicht dafür.”
Weihnachtsmann: „Och Mann, ich hatte so gehofft, dass dieses Jahr alles wieder normal ist! Und jetzt das gleiche Theater wieder! Erst soll man kommen, dann ist nicht genügend Impfstoff da und man muss ewig warten... Muss ich wirklich?”
Elfe 1: „Unbedingt! Um auf Nummer Sicher zu gehen, brauchst du unbedingt den Booster. Nicht auszudenken, wenn du ausfällst oder denk doch nur mal an die schlechte Presse, wenn Weihnachten deinetwegen zum weltweiten Superspreader-Event würde - schließlich darfst du dieses Jahr unter bestimmten Bedingungen wieder in die Häuser!“
Weihnachtsmann: „Na gut – aber es dauert noch. Was machen denn die Vorbereitungen für den großen Abend?“
Elfe 2: „Wir haben noch immer keinen Bevollmächtigten in der EU!“
Weihnachtsmann: „Was? Wozu brauchen wir den denn? Wenn hier jemand eine Vollmacht zum Geschenkeverteilen hat, dann doch wohl ICH!“
Elfe 2: „Nach der neuen Marktüberwachungsverordnung hätten wir schon seit dem 16. Juli einen Bevollmächtigten in der EU benennen müssen, um weiter Geschenke verteilen zu dürfen.“
Weihnachtsmann: „Warum denn das!?“
Elfe 2: „Na der Nordpol ist doch ein Drittstaat und Waren aus Drittstaaten werden von der EU grundsätzlich als gefährlich eingestuft. Denn da kann man nicht kontrollieren, was da so hübsch eingepackt ist.“
Weihnachtsmann: „Bei allen Christstollen, die mir heilig sind! Wen benennen wir denn da?!“
Elfe 2: „Ich habe schon bei den Heiligen Drei Königen in Spanien, dem Krampus aus Österreich und Lucia aus Schweden nachgefragt. Aber die wollen alle nicht; ist ihnen zu riskant. Außerdem haben die gerade genug zu tun mit den Lieferketten und dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.“
Elf*E: „Wird auch Zeit, dass es endlich so ein Gesetz gibt!“
Weihnachtsmann: „Aber mit meiner Lieferkette ist doch alles in Ordnung, oder?! Schließlich produzieren wir doch alles selbst!“
Elfe*E: „Naja, also wenn ich mir die Arbeitsbedingungen in der Elf:Innenfabrik so anschaue…Rudolph stöhnt auch schon wegen der Nachtarbeit und der ganzen Überstunden. In einer Nacht um die ganze Welt fliegen? Wer denkt sich denn so was aus?! Das macht er nicht mehr länger mit. Das schaffen nicht einmal die härtesten Götterbot*Innen! Und wegen der Umetikettierung der Energieeffizienzklassen bei den Lampen und Leuchten.... äh, ich meine Leuchtmitt....ach ne... Lichtquellen....haben wir hier in der Elf:Innenfabrik so viele Überstunden gemacht. Damit liegen wir weit über den internationalen Standards für Elf:Innen-Arbeit. Also „In Ordnung“ sieht anders aus! Schade, dass die Whistleblower:Innen-Richtlinie in Deutschland noch nicht umgesetzt wurde, sonst hätte ich diese Missstände schon längst gemeldet.”
Elfe 3: „Jetzt stell dich nicht so an, außerdem gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz doch erst ab 2023 und so viele Elfen sind wir auch wieder nicht.“
Weihnachtsmann: „Versteh ich auch nicht. Es gelten doch die üblichen 3G(rundsätze) : 1. Das war schon immer so. 2. Da kann ja jeder kommen. 3. Wo kommen wir denn da hin?“
Elfe 2: „Gute Nachrichten! Ich habe jemanden gefunden! Wir haben das Christkind zwangsverpflichtet. Es wird unser Bevollmächtigter, schließlich haben wir noch was gut bei ihm, weil wir vergangenes Jahr seine Geschenke ausgeliefert haben als es in Quarantäne war.”
Elf*E: „Dann können wir ja jetzt darüber sprechen, ob der Rentier:Innen-Schlitten noch das Fortbewegungsmittel der Zukunft ist. Der Methanausstoß von Rudolph und seinen Freund:Innen ist viel zu hoch.”
Rudolph: „Wie bitte??? Das ist alles natürlich und rein biologisch!”
Elf*E: „Das lassen die Grün:Innen niemals durchgehen. Es ist Zeit, dass auch wir etwas ändern. Wir müssen mehr Fortschritt wagen. Elf:Innenstreik gegen den Klimawandel! Elf:Innen for Future!”
Weihnachtsmann: „Schon wieder diese 11 Finnen... Ständig stören die meinen Betriebsablauf. Ich kann nicht mehr!“
Elf*E: „Und explosionssicher muss das neue Gefährt auch noch werden, wenn du die ganzen Elektroaltgeräte der Kinder*Innen der letzten Jahre wieder kostenlos abholen musst. Wir benötigen zukünftig auch eine*n Gefahrgutbeauftragt*in. Vielleicht wäre es im Hinblick darauf auch besser, wenn wir zukünftig unsere Produkte für die Kinder leichter reparierbar gestalten. Dann müsste uns Greta auch nicht immer ihre alten Tablets in den Stiefel legen und wir könnten ihr einfach Ersatzteile bringen.”
Weihnachtsmann: „Sonst noch was?”
Elfe 2: „Du kannst froh sein, dass du nur Geschenke verteilst. Würdest du das alles verkaufen, hätten wir uns als Drittstaatler auch noch beim Import One Stop Shop wegen der Umsatzsteuer anmelden müssen. Aber so können wir das zum Glück - genau wie die Änderungen bei der Preisangabenverordnung - getrost ignorieren.”
Szene2: Inzwischen steht der frisch geboosterte Weihnachtsmann an einer qualmenden Ampel, die sich nicht entscheiden kann, ob sie rot, grün oder gelb werden möchte. Das löst ein Verkehrschaos aus.
Weihnachtsmann (genervt) „Das ist ja schlimmer hier als am Suezkanal. Apropos, haben wir eigentlich irgendwelche Lieferengpässe?“
Elfe 3: „Dank unserer aus eigener Tasche finanzierten Digitalisierung und datengetriebenen Infrastruktur haben wir unsere Lager rechtzeitig gefüllt.“
Elf*E (grummelt leise): „Und trotzdem haben wir es letztes Jahr nicht hinbekommen, rechtzeitig Klopapier zu bestellen…“
Elfe 4: „Wie gehen wir zukünftig eigentlich mit unserer Gatekeeper-Rolle um?“
Weihnachtsmann: „Was soll das denn sein?”
Elfe 4: „Laut EU ist das jemand, der eine „gefestigte und dauerhafte Marktstellung“ mit „großer Nutzerbasis“ hat. Ich würde sagen – das trifft auf dich zu...”
Weihnachtsmann: „Ja, und? Darauf kann ich doch wohl auch stolz sein!?”
Elfe 4: „In Zukunft müssen wir die Kinder dann aber darauf hinweisen, dass sie ihre Wunschzettel auch dem Osterhasen oder dem Christkind zuschicken können. Beim Osterhasen müssten sie dann nur etwas länger warten.“
Weihnachtsmann: „So ein Quatsch – Es kann doch nur einen geben!“
Elfe 5: „Das sehen die Deutsche anders - die haben jetzt eine Regierung aus drei Parteien.“
(Rudolph singt leise im Hintergrund: „We are family, I got all my sisters with me.”)
In der Zwischenzeit zeigt die Ampel alle Farben gleichzeitig an.
Weihnachtsmann: „Von mir aus - aber ihre Verkehrsampeln sollten sie besser wieder in den Griff kriegen. So kann das jedenfalls nicht weiter gehen. Sonst schaffe ich es nie rechtzeitig bis zum Fest!”
Elfe 5: Immerhin werden sie deinen Weihnachtswunsch aus dem letzten Jahr erfüllen!”
Weihnachtsmann: „Ach wirklich? Was hatte ich mir denn überhaupt gewünscht?”
Elfe 5: „Na, dass du keine Umsatzsteuer mehr zahlen musst, wenn du das abgelegte Spielzeug der Kinder spendest!”
Weihnachtsmann: „Hmmm... vielleicht gefällt mir diese Regierung doch – zumindest kein schlechter Anfang! Dann wünsche ich mir jetzt für nächstes Jahr, dass wieder alles so wird wie früher. Bei diesem Wunsch bin ich ganz zuversichtlich - schließlich kommt gerade alles wieder - Wetten, dass...?”
Top, die Wette gilt! Wie der Weihnachtsmann wünschen auch wir uns, dass dies das letzte Weihnachten unter besonderen Umständen und nächstes Jahr alles wieder beim Alten ist. In der Zwischenzeit - vorausgesetzt, die (Verkehrs-)Ampeln haben sich beruhigt - sollten die Geschenke also dieses Jahr pünktlich unter der Tanne liegen bzw. in den Stiefeln stecken. In diesem Sinne wünschen wir frohe und gesunde Festtage!