E-Commerce, der elektronische Austausch von Waren und Dienstleistungen, ist schon heute ein bedeutender Bestandteil der Weltwirtschaft und entwickelt sich weiter. Die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie haben die Bedeutung dieser Handelsform für die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft noch weiter betont. Zur Einordnung der wirtschaftlichen Bedeutung des E-Commerce in Deutschland hat der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) das Forschungsinstitut Copenhagen Economics mit einer Studie beauftragt, deren Ergebnisse im vorliegenden Bericht zusammengefasst sind. Der Bericht setzt sich eingehend mit dem Konzept des E-Commerce auseinander, um aufzuzeigen, wie dieser aus ökonomischer Sicht zur Wertschöpfung in Deutschland beiträgt. Er untersucht den ökonomischen „Fußabdruck“ des E-Commerce als Teil der deutschen Wirtschaft und zeigt Perspektiven auf, wie der E-Commerce künftig den Wirtschaftsbereich Handel gestalten und beeinflussen kann.
Studie: Impact of E-Commerce
Die Bedeutung des E-Commerce für die deutsche Wirtschaft
Executive Summary (Deutsch)
Als der US-Amerikaner Phil Brandenberger am 11. August 1994 eine CD online kaufte und bezahlte, war Google noch nicht mal eine Idee und Amazon nur der englische Name für einen großen Fluss in Südamerika. Seit dem ersten dokumentierten Verkauf über einen Onlineshop sind Milliarden weiterer Päckchen verschickt worden und die Welt des Handels hat sich massiv verändert. Der elektronische Handel – der E-Commerce – ist zur grundlegenden modernen Handelsform geworden, die jegliche Art des elektronischen, internet-basierten Ein- und Verkaufs zwischen Herstellern, Handel und Endverbrauchern erfasst und längst auch Handwerk und Dienstleistungen einschließt.
War das Warenangebot zu Beginn noch stark eingeschränkt – wir erinnern uns: otto.de stellte nur Teile des OTTO-Katalogs online und Amazon verkaufte zum Start ausschließlich Bücher – hat sich der heutige E-Commerce stark gewandelt, und mit ihm sowohl die Art der verkauften Produkte als auch der dazugehörigen Transaktionen. Vom gedruckten Buch hin zum E-Book, und schließlich zum Musik-Streaming oder einem Podcast, das überall gehört werden kann. Was überwiegend als B2C-Modell (Business to Customer) begann, wird heute von B2B-Transaktionen (Business to Business) dominiert: Im Jahr 2019 übertraf der B2B E-Commerce- Umsatz in Deutschland den B2C-Umsatz um das Drei- bis Vierfache. Gleichzeitig ermöglicht der E-Commerce weitere Beziehungen zwischen Käufern und Verkäufern, wenn etwa Verbraucher an andere Verbraucher verkaufen (C2C). Darüber hinaus stellen Dienstleistungen heute einen wesentlichen Teil des E-Commerce dar und machten in Deutschland 2019 rund 39 % des Gesamtumsatzes im E-Commerce aus.
Die direkte Bedeutung des E-Commerce als Teil der deutschen Wirtschaft ist deutlich erkennbar. Während des Lockdowns im Zuge der Corona-Pandemie ermöglicht der E-Commerce vielen Unternehmen, den Zugang zu Verbrauchern aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig hat der E-Commerce dadurch den Weg für neue digitale Geschäftsmodelle geebnet. Heute ist der E-Commerce ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Wirtschaft mit insgesamt 1.260.000 Beschäftigten. Im Jahr 2019 erreichten die E-Commerce-Umsätze im B2B-Bereich einen geschätzten Wert von 369 Mrd. €, im B2C-Bereich 99 Mrd. €. Dies entspricht einem Beitrag zum BIP von 100 Mrd. € entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Produktion bis zum Verbrauch. Das macht wiederum 2,9 % des gesamten deutschen BIP aus. Dieser direkte Effekt schließt noch nicht die weiteren Produktivitätsgewinne und den oben genannten Zuwachs des Consumer Welfare ein, aber zeigt schon recht einfach, welche Ressourcen E-Commerce in Deutschland heute bietet.
Online-Marktplätze – auf die knapp die Hälfte aller B2C-Transaktionen in Deutschland entfallen – machen es kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) leicht in die Welt der digitalen Wirtschaft einzutreten. Dort können diese ihr Geschäft auf Augenhöhe mit größeren Mitbewerbern aufnehmen und ausbauen. Studien belegen, dass unter den deutschen Unternehmen, die online verkaufen, die kleinsten Unternehmen fast 30 % ihres Umsatzes über Webshops und Apps umsetzen. Dieser Anteil lag bei größeren Unternehmen zwischen 19 % und 21 %. Auch Verkäufe von Herstellern direkt an Verbraucher sind heute leichter möglich und revolutionieren dabei den Vertrieb von Waren. Sie bringen Online-Unternehmen und ihre Kunden näher zueinander. Das bereitet den Weg fort von einem angebotsorientierten Handel hin zu einem nachfrageorientierten, kundenfokussierten Modell.
Die Entwicklung des E-Commerce schafft in vielen Bereichen einen erheblichen wirtschaftlichen Wert für Verbraucher, Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt. Zum einen steigt die Produktivität, da in der gesamten Wertschöpfungskette Effizienzgewinne erzielt werden, die durch verstärkten Wettbewerb, Skalierungsoptionen und Spezialisierung entstehen. Zum anderen ist es heute einfacher größere Märkte zu erschließen, was mehr Innovationen ermöglicht, da die Kosten auf eine breitere Basis von Verbrauchern verteilt werden können. Die Aufschläge in der Wertschöpfungskette des Einzelhandels werden gesenkt, wodurch die Verbraucherpreise im Vergleich zum Offline-Verkauf um 0,2 % sinken.
„Consumer Welfare“, auf Deutsch etwas altertümlich anmutend „Konsumentenwohlfahrt“ genannt, erhöht sich auch direkt durch den Zugang zu einer breiteren Palette vergleichbarer Produkte und durch die Schaffung völlig neuer Dienste. Brauchte der einleitend genannte Phil Brandenberger 1994 noch einen CD-Spieler um seine neue „Sting-CD“ anzuhören, können Musikliebhaber heute einen Streaming-Dienst abonnieren, der sofortigen Zugang zu einem großen Pool an Titeln und Interpreten bietet, egal wo sich der Konsument befindet.
Bedingt durch die eingeschränkte Präsenz des stationären Handels, profitieren auch Konsumenten in ländlichen Gebieten von der Möglichkeit, auf ein größeres Produktsortiment zu niedrigeren Preisen zugreifen zu können. Ein breites Spektrum von internationalen Studien zeigt, dass dies zu signifikanten Vorteilen für Verbraucher führt; eine davon, auf die später im Text noch eingegangen wird, legt nahe, dass ein Potential von 2-3 % für den Zuwachs des Consumer Welfare in Deutschland besteht.
Trotz aller Unwägbarkeiten dieser Studien bieten sie starke Hinweise, dass die Vorteile des E- Commerce wesentlich weiter gehen, als reine Kostenreduzierung bedingt durch effizienteren Handel und Vertrieb.
Alle Indikatoren legen nahe, dass der E-Commerce in Zukunft weiterwachsen wird. Die Verbraucher verlangen zunehmend, dass Unternehmen online präsent sind, während immer mehr Startups ihr Geschäft direkt online gründen. Heute erwarten 87 % der deutschen Konsumenten, dass Unternehmen ein Online-Portal für den Kundenservice betreiben. 67 % der Neugründungen beruhen auf der Basis eines rein digitalen Geschäftsmodells, was einer fünfprozentigen Steigerung gegenüber dem Vorjahr entspricht (s. Deutscher Startup Monitor 2019 and 2020). Durch die Weiterentwicklung der Technik, wird der E-Commerce voraussichtlich in den kommenden Jahren über seine derzeitige Größe hinaus wachsen. Das Internet wird also auch künftig unser Bild des Handels mitgestalten.
Executive Summary (English)
The impact of E-Commerce on the German economy
Since the first products were sold online, e-commerce has been evolving rapidly in scope and coverage, becoming an increasingly important part of the economy growing at 14% annually within the last five years in Germany.
Departing from a relatively narrow range of physical products sold by mail order companies, e- commerce has changed, transforming the very nature of the products being sold and the transactions taking place: From a physical book to an e-book to a podcast that can be downloaded and listened to everywhere. What started largely as a business-to-consumer model is now much more driven by business-to-business transactions that generate three to four times larger online revenues in Germany today. At the same time, e-commerce is enhancing the space for other buyer-seller relations, where consumers are selling to peers, for example. Today services are an essential part of e-commerce, accounting for 39% of the total e-commerce revenue in Germany in 2019.
Online marketplaces, which make up almost half of German B2C transactions, drive SMEs into the online space where they can start and scale their business on equal terms with their larger counterparts. Survey evidence concludes that among German companies selling online, the smallest companies sold almost 30% through web shops and apps, while for larger companies this share ranged between 19% and 21%. Direct-to-consumer sales are facilitated, revolutionising the space of commerce and bringing online companies closer to their customers, which moves the area of commerce from a push driven approach towards a more customer centric, pull driven model.
The development of e-commerce is creating substantial economic value for consumers, businesses and the wider society in a number of dimensions. Productivity increases as efficiency gains are harvested throughout the value chain driven by increased competition, scalability options and specialisation. The ability to tap into wider markets allows for more innovation as costs can be spread on a wider base of consumers. Mark-ups in the retail link are lowered, decreasing consumer prices by 0.2% relative to offline sale. When modelling a shift from offline to online shopping, it is estimated that the productivity gains from e-commerce could amount to 0.15% of German GDP, which corresponds to €5bn in 2019.
Consumer welfare is also directly boosted by the access to a wider array of comparable products and, as importantly, by the entirely new services being developed. Instead of buying a CD that requires access to a CD player, consumers can subscribe to a streaming service that provides instant access to a large reservoir of music wherever the consumer is situated. Consumers and producers in rural areas in particular are benefitting from the ability to sell and buy a wider range of products at lower prices. A wide range of international research shows that this leads to significant gains for consumers, with one study suggesting that the potential consumer welfare gains from e- commerce could amount to 2-3% in Germany. While these studies are clearly subject to uncertainties, it does provide strong evidence that the gains from E-commerce go much wider than the direct cost savings from having a more efficient retail and distribution industry.
The more direct footprint of e-commerce on the German economy is also evident. During the Covid- 19 pandemic, e-commerce has been helping firms maintain access to consumers and ensure economic resiliency during periods of lockdown, while at the same time unlocking new digital business models in the process. Today e-commerce is a fundamental part of the German economy. In 2019, B2B and B2C e-commerce sales reached an estimated €369bn and €99bn, respectively. That corresponds to a GDP contribution of €100bn throughout the value chain from production to consumption, which in turn corresponds to 2.9% of total German GDP with 1,260,000 people employed. This contribution is not directly linked to the wider productivity gains or consumer welfare increases described above, but simply expresses how many resources that are presently employed in E-commerce activities in Germany today.
E-commerce is becoming an increasingly important part of the economy with above market growth rates. In 2019, 15% of the revenue in retail and wholesale sectors was generated through e-commerce, which represents a 6-percentage point increase within the last five years.
All indicators suggest that the journey ahead for e-commerce will see continued growth in both scope and scale. Consumers increasingly demand companies to be present online, while new companies are increasingly starting their business online. Today, 87% of German consumers expect companies to have an online portal and 67% of new start-ups operate through a purely digital business model, which represents a 5-percentage point increase compared to the previous year. Increased opportunities to create customer centric products and experiences through technology advancements are expected to take e-commerce up and beyond its current scope and scale in the years to come, where the online channel will shape our understanding of commerce further.
Kennzahlen
100 Mrd. € | Beitrag des E-Commerce zum deutschen BIP entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Jahr 2019 (entspricht 2,9 % des gesamten BIP) |
65 Mrd. € | Direkt von E-Commerce-Unternehmen erwirtschaftetes BIP im Jahr 2019 in Deutschland (entspricht 1,9 % des gesamten deutschen BIP) |
1.260.000 Arbeitsplätze | In der gesamten Wertschöpfungskette des E-Commerce im Jahr 2019 in Deutschland (entspricht 2,8 % der Gesamtbeschäftigung in Deutschland) |
768.700 Arbeitsplätze | In E-Commerce-Unternehmen im Jahr 2019 in Deutschland (entspricht 1,7% der Gesamtbeschäftigung in Deutschland) |
5 Mrd. € | Produktivitätssteigerungen durch den E-Commerce in Deutschland (Wert für 2019, geschätzt im Jahr 2015, entspricht 0,15 % des deutschen BIP) |
2-3 % | Verbesserung des „Consumer Welfare“ („Konsumentenwohlfahrt“) in Deutschland infolge des E-Commerce (geschätzt im Jahr 2015) |
-0,2 % | Niedrigere Verbraucherpreise im E-Commerce im Vergleich zum Offline-Handel in Deutschland (geschätzt im Jahr 2015) |
87 % | Anteil der deutschen Verbraucher, die 2019 von Unternehmen erwarten, dass sie ein Online-Portal betreiben |
754 Mrd. € | msatzbeitrag entlang der gesamten Wertschöpfungskette des E-Commerce in Deutschland im Jahr 2019 (entspricht 11,9 % der Gesamtumsätze) |
468 Mrd. € | Direkt von E-Commerce-Unternehmen erwirtschafteter Umsatz im Jahr 2019 in Deutschland (entspricht 7,4 % der Gesamtumsätze) |
3 – 4 x | öhere Umsätze durch B2B-Transaktionen, die im Jahr 2019 im deutschen E-Commerce im Vergleich zu B2C-Transaktionen erzielt wurden (369 Mrd. € gegenüber 99 Mrd. €) |
15 % | Der in Deutschland im Jahr 2019 durch E-Commerce erwirtschaftete Umsatzanteil im Bereich Einzel- und Großhandel |
+ 9 – 11 Prozentpunkte | Höherer Anteil der online erwirtschafteten Umsätze unter kleinen vs. größeren Unternehmen in Deutschland im Jahr 2018 (30% gegenüber 19%-21%) |
6 Prozentpunkte | Anstieg des Anteils der E-Commerce-Umsätze im Einzel- und Großhandelssektor in Deutschland in den letzten fünf Jahren (von 9 % im Jahr 2014 auf 15% im Jahr 2019) |
67 % | Anteil der neuen Startups, die 2020 auf der Basis eines rein digitalen Geschäftsmodells operieren |
39 % | Umsatzanteil der Dienstleistungen im deutschen E-Commerce (20 % bei B2C-Umsätzen und 44 % bei B2B-Umsätzen) |
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
- Die Grundlagen des E-Commerce
- Was ist E-Commerce?
- Das E-Commerce-Unternehmen (ein Modell)
- KMU profitieren von Grössenvorteilen
- D2C-Umsätze
- Kanäle der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung
- Wirtschaftliche Effekte durch Produktivitätssteigerungen
- Vorteile und höherer Nutzen für Verbraucher
- Digitale Dienstleistungen
- Die wirtschaftlichen Effekte auf Deutschland
- Ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Wirtschaft
- Ein zunehmend wichtiger Wirtschaftsfaktor
- Zukünftige Entwicklungen im E-Commerce
- Der digitale Wandel
- Wichtige Entwicklungen in den kommenden fünf Jahren
Quellen
Anhang A
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