Die gestern verabschiedete Verhandlungsposition des Europäischen Parlaments zur Verpackungsverordnung sieht Mehrwegquoten für Versandpakete vor, um dem hohen Verpackungsverbrauch beizukommen: Zehn Prozent aller Sendungen sollen demnach bis 2030 in einem geschlossenen System verschickt werden. Die Quote könnte in Zukunft weiter angehoben werden. Millionen Sendungen wären davon betroffen. Obwohl der Ansatz einer kreislauffähigen Verpackung grundsätzlich zu begrüßen ist, hat die EU leider vergessen, die dafür europaweit einheitlichen Logistikstandards festzulegen.
Keine Akzeptanz ohne einheitliche Regeln
Der Onlinehandel experimentiert seit längerem mit eigenen Verpackungslösungen aus recycelten Materialien, die für dutzende Versandkreisläufe geeignet sind. Das allein wird für die Akzeptanz des Mehrwegversands aber nicht reichen. Auch deshalb nicht, weil Kundinnen und Kunden für die Rückführung noch sehr viel selbst tun müssen und sich die Systeme je nach Händler unterscheiden. Es fehlen standardisierte Logistikprozesse, die es den Mehrweg Nutzenden so einfach wie möglich machen.
Weit genug ist die Logistikbranche damit leider noch nicht gekommen. In der Regel sind Kundinnen und Kunden dazu angehalten, die Mehrwegversandtaschen bei einer Annahmestelle abzugeben, also zusätzliche Wege in Kauf zu nehmen. Das kann beim nächsten Briefkasten sein (wenn er dadurch nicht überquillt), oder bei der nächsten Postfiliale (wenn es denn eine gibt). So oder so wird ein erneuter, zusätzlicher Postversand ausgelöst.
„Damit sich ein Kreislauf schließt, müsste mehr dafür getan werden, dass Pakete nahtlos wieder zum Händler gelangen. Die „letzte“ Meile müsste also ohne große Reibungsverluste wieder zur „ersten“ werden – unabhängig davon, bei wem bestellt wurde“, erklärt Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer beim bevh.
Nahtlos wäre der Rückversand u.a., wenn dem Zusteller oder Zustellerin an der Haustür leere Pakete gleich wieder mitgegeben werden könnten. Auch Packstationen könnten für die Annahme dienen. Anders als Briefkästen quellen sie nicht nach wenigen Einwürfen über und die Abholung von Bestellungen kann mit der Rückgabe von leeren Verpackungen verbunden werden. Auch anbieterunabhängige Rücknahmeautomaten, wie man sie für Pfandflaschen kennt, wären denkbar. „All diese Lösungen setzen voraus, dass in der Logistikkette neue Strukturen und Prozesse geschaffen werden. Ein ganzes Mehrweg-System müsste neu aufgebaut werden, das übergreifende Standards bräuchte – nicht nur in Deutschland, sondern EU-weit“, ergänzt Wenk-Fischer.
Leere Verpackungen reisen durch Europa
Solange keine EU-weit einheitlichen Mehrweglösungen existieren, sieht der bevh die Rücksendung von Mehrwegverpackungen insbesondere im grenzüberschreitenden E-Commerce problematisch. Bestellt ein spanischer Kunde in einem deutschen Onlineshop und behält die gesamte Bestellung, müsste anschließend eine Mehrwegtasche mit 0 Prozent Inhalt von Spanien nach Deutschland transportiert werden. „Wenn nicht gewährleistet ist, dass Mehrwegverpackungen innerhalb der EU dienstleisterübergreifend akzeptiert werden, halten wir es im grenzüberschreitenden Handel nicht für tragbar, permanent leere Versandverpackungen quer durch Europa zu schicken. Es werden Rücksendungen verursacht, auch wenn der Kunde den Artikel behält“, so Wenk-Fischer.