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Letzte Meile: Clever kombiniert mit Mikrodepot und Lastenrad

Ein Gastbeitrag von Johannes Reichel, Ressortleitung Test + Technik LOGISTRA

Jetzt also auch Paris: Logistikdienstleister UPS weitet sein „Last-Mile-Delivery“-Modell mit Lastenrädern in Kombination mit Mikrodepots auf die französische Hauptstadt Paris aus. Das berichtet die auf Lastenfahrräder spezialisierte Onlineplattform cargobike.jetzt mit Berufung auf das französische Trendmagazin vox.log. Der Modellversuch in Paris steht im Kontext der verstärkten Klimaschutz- und Luftqualitätsbemühungen der aktuellen Stadtspitze um Bürgermeisterin Anne Hidalgo und findet speziell im Rahmen des Programms „Nachhaltige Stadtlogistik“ statt. Der UPS-Vorschlag wurde ausgewählt unter 22 bei einem Wettbewerb eingereichten Logistik-Innovationen. Wie beim UPS-Pilotprojekt in Hamburg, das wir vom Fachmagazin LOGISTRA im Rahmen unserer 2015 gestarteten Praxisserie zur nachhaltigen urbanen Logistik, dem „LOGISTRA City Check“ porträtieren konnten, kombiniert der Dienstleister auch in Paris die Aufstellung von Mikrodepots in Form eines Wechselcontainers im Innenstadtbereich mit der Auslieferung per Lastenrad. Der Behälter wird morgens mit Paketen aus dem UPS-Depot angeliefert und abends wieder eingesammelt. UPS Frankreich verweist laut vox.log auf die „sehr positiven Erfahrungen“, die man damit in Hamburg gemacht habe.

Der Start des Versuchs ist für das erste Halbjahr 2016 angesetzt und soll über sechs Monate laufen. Sollten die Erfahrungen wie erwartet und wie in Deutschland positiv ausfallen, könnte der Versuch auf weitere Gebiete in Paris oder weitere Metropolen in Frankreich ausgedehnt werden. „Wenn wir auf dem Weg der Reduzierung unserer CO2-Bilanz vorankommen wollen, müssen wir uns jetzt verstärkt auf die Letze Meile konzentrieren“, erklärte Mike Harell, Generaldirektor UPS Frankreich. Zugleich unterstrich er laut vox.log, nachhaltige Entwicklung sei ein wichtiges Anliegen für sein Unternehmen. 

Wenn man diesen letzten Satz zwischen den Zeilen liest, heißt das nichts anderes als, dass im Fernverkehr und Umlandverkehr schon vieles ausgereizt ist: Euro-6-Technik, Leerfahrtenoptimierung, Telematik etc. Hier führt auf absehbare Zeit wohl auch kein Weg am Diesel vorbei, es sei denn, man zieht die leider sehr stiefkindlich behandelte LNG-Technik für den Fuhrpark in Betracht (verflüssigtes Erdgas, dadurch hohe Reichweite). Doch die wahren Innovationspotenziale schlummern im City-Einsatz. Hier gilt es die härtesten Nüsse zu knacken, gerade weil die Luftreinhaltung dringlich ist, der Onlinehandel für mehr Lieferverkehr sorgt und zugleich der Zuzug in die Ballungsräume weiter anhält.

Viel Potenzial sehen Logistik-Fachleute (und nicht mehr nur Bike-Freaks) eben auch in der Elektrifizierung des Fahrrads, wodurch ganz andere Last-Perspektiven entstehen: Bis 300 kg per Lastenrad wegzukarren, hinten drauf eine Drei-Kubikmeter-Box, ist technisch kein Problem mehr. Gut möglich, dass sich mit den rasant weiterentwickelten Pedelecs die Elektrifizierung des Innenstadtverkehrs aus dieser Richtung vollzieht – und nicht über den herkömmlichen Weg des Automobils. Nicht zuletzt darüber wollen wir diskutieren, am 9. März ab 10.00 Uhr auf der TradeWorld in Stuttgart, beim Fachforum „Urbane Logistik“. Die Handelsplattform TradeWorld findet im Rahmen der Fachmesse LogiMAT vom 8.-10. März statt. Auch ein Vertreter von UPS wird dabei sein, mit seinem schnittigen „Cargo Cruiser“-Lastendreirad, versteht sich.