In wenigen Worte zusammengefasst bedeutet Inklusion wohl: Jeder Mensch gehört dazu, ganz selbstverständlich. In der Arbeitswelt bedeutet dies, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit und ohne Behinderung auf Augenhöhe und bei gleicher Wertschätzung miteinander arbeiten. Dass Menschen mit Behinderung dieselben Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt bekommen, wie alle.
Doch gerade beim gesellschaftlich so wichtigen Thema Inklusion scheinen viele Menschen auf den ersten Blick nur das halbleere Glas zu sehen. Eine defizit-orientierte und manchmal angstbesetzte Wahrnehmung, die Arbeitgeber zurückhaltend werden lässt, wenn es um das Einstellen von behinderten Menschen geht. Dabei haben Unternehmen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Behinderung einstellen, die Möglichkeit, verborgenes Potential und ungenutzte Ressourcen angstfrei zu entdecken und zu nutzen.
Als inklusiver Versandhandel für Kreativmaterial besteht der Irseer Kreis Versand seit nunmehr weit über 30 Jahren auf dem Markt. In dieser Zeit haben wir vor allem eines gelernt: Das Entwicklungspotential eines Menschen und seine Ressourcen werden erst sichtbar, wenn man ihn im Arbeitsalltag erlebt und zulässt, dass er individuelle Stärken frei entfaltet. Das heißt übrigens nicht, dass Menschen mit Behinderung überfürsorglich behandelt werden sollen. Es ist vielmehr eine gesunde Mischung aus Fördern und Fordern, aus Empathie und Respekt, die diese Menschen aufblühen lässt.
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Inklusion im Versandhandel
Ein erster Schritt in Richtung eines inklusiven Arbeitsumfelds kann es dabei bereits sein, wenn Vorgesetzte Werte wie Akzeptanz, Fairness und Hilfsbereitschaft vorleben. Ein weiterer Schritt ist die Bereitschaft, Arbeitsprozesse und -umfeld individuell zu optimieren. Gerade im Versandhandel bieten sich viele Möglichkeiten, Menschen anhand ihrer individuellen Stärken und Fähigkeiten zielgerichtet einzubinden – etwa bei der Auftragsannahme, der Kundenbetreuung oder der Kommissionierung von Bestellungen. In jedem Bereich sind Menschen mit Behinderung nicht nur einsetzbar, sondern wertvoll, wenn man bereit ist, auf Standard-Lösungen zu verzichten und Arbeitsplätze mit Stärken und Fähigkeiten einer Person in Einklang zu bringen.
Den Unternehmen, die Menschen mit Behinderung einstellen möchten, stehen dafür auch vielfältige Beratungen und Förderungen zu Verfügung. So gibt es etwa finanzielle Unterstützungen durch das Budget für Arbeit, Eingliederungshilfen und Förderungen durch das Inklusionsamt, die Arbeitgeber in Anspruch nehmen können. Anlaufstellen für Informationen, Beratung und Weiterbildungsangebote zum Thema Inklusion sind zum Beispiel das zuständige Inklusionsamt, die Agentur für Arbeit/Jobcenter, die bag if (Bundesarbeitsgemeinschaft Inklusionsfirmen) oder die FAF (Fachberatung für Arbeits- und Firmenprojekte gGmbH).
Von der Rehabilitation zum Inklusions-Helden
Der Irseer Kreis Versand im Allgäu schafft Arbeitsplätze für Menschen mit vorwiegend psychischer Beeinträchtigung - und in den vielen Jahren haben wir bereits so einige echte Heldenreisen erlebt. Ein ehemaliger Mitarbeiter etwa, der ursprünglich als Praktikant zur Rehabilitation in die Firma kam, hat mittlerweile seinen Meistertitel gemacht. Eine andere Mitarbeiterin, der Behörden keine Chance mehr auf eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt eingeräumt haben, steht inzwischen wieder voll im Arbeitsleben. Während ihrer Zeit in unserem Unternehmen gewann sie durch die Arbeit nach und nach wieder an Selbstwertgefühl und übernahm mehr und mehr Verantwortung. Und mittlerweile? Inzwischen arbeitet sie in einer leitenden und somit hochverantwortlichen Position außerhalb unserer Firma.
Das sind nur einige Beispiele dafür, dass Menschen, denen erst wenig Zutrauen geschenkt wird, enormes Potential besitzen können, ein Unternehmen zu bereichern. Innerbetrieblich wird außerdem mit Blick auf das Arbeitsklima profitiert. Nachhaltig gelebte Inklusion stärkt die sozialen und fachlichen Kompetenzen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Zusammenhalt wird gefestigt durch das Wissen, dass jeder Mensch mit seinen individuellen Stärken und Fähigkeiten einen Mehrwert für das Unternehmen schafft.
Zu den wirtschaftlichen und strukturellen Vorteilen, die durch Inklusion in der Arbeitswelt entstehen, gehört etwa, dass Menschen dadurch in die Sozialsysteme einzahlen, von denen sie vor ihrer Beschäftigung profitiert haben. Eine Wertschöpfung für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, die durch das inklusive Unternehmen transportiert wird. Nicht zuletzt ist gelebte Inklusion in einem Unternehmen ein Thema das - unserer Erfahrung nach - auch von Kundinnen und Kunden in hohem Maße geschätzt wird.
Arbeitgebern kann ich daher nur zu Mut, Empathie und Offenheit raten. Trauen Sie sich, offen auf Menschen zuzugehen – unabhängig von deren körperlichen oder geistigen Fähigkeiten.
Bertram Sellner, Geschäftsführer Irseer Kreis Versand gGmbH und Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Inklusionsfirmen e.V. (bag if)