Der bevh begrüßt einheitliche europäische Nachhaltigkeitsregeln für Onlinehändler im Rahmen des europäischen Green Deals. Damit wird nationalen Lösungen zuvorgekommen, die kleinen und mittelgroßen Unternehmen die Umsetzung erschweren. Soll der Green Deal erfolgreich sein, muss er aber praktikabel bleiben und die Unternehmen als Teil der Lösung sehen.
Regeln müssen umsetzbar bleiben
Die Gesetzesvorhaben der EU geben den Händlern klare Pflichten auf und ermächtigen die Verbraucher stärker als jemals zuvor, ihre Rolle als nachhaltige und verantwortungsvolle Konsumenten wahrzunehmen. Bei aller Transparenz muss aber gewährleistet bleiben, dass die Regeln für alle Seiten auch alltagstauglich sind und die Kunden bei der Produktwahl nicht in einer Informationsflut „untergehen“.
„Die Regeln müssen umsetzbar sein, außerdem muss der bürokratische Aufwand in einem sinnvollen Verhältnis zum ökologischen Nutzen stehen. Niemand braucht Regeln und Informationspflichten, die der Kunde nicht versteht, oder die er nicht einordnen und verwerten kann“, so Alien Mulyk, Referentin Public Affairs beim bevh.
Einheitliche europäische Spielregeln sorgen für mehr Fairness bei der Umsetzung ökologischer Standards. Gerade der Onlinehandel unternimmt sehr viel, um sich nachhaltig aufzustellen und ist für Kunden das bevorzugte Mittel, um nach nachhaltigen Produkten zu suchen. Das zeigt eine Befragung des bevh von Mitte Dezember 2021. Wie erfolgreich die Suche nach nachhaltigeren Produkten ist, hängt demnach stark vom Verkaufskanal ab. Auf die Frage „Wo finden Sie am ehesten nachhaltige Produkte (z. B. Kleidung aus Bio-Baumwolle, fair hergestellte Produkte, klimaneutrale Produkte)?“ antwortete mehr als ein Drittel (34,0 Prozent) „im Onlinehandel“, nur 19,2 Prozent der Kunden fühlt sich im stationären Handel gut aufgehoben. Die restlichen 46,8 Prozent der Befragten zeigten keine Präferenzen. Einheitliche Informationspflichten und ein Verbot unlauterer Werbung mit nichtvorhandenen Nachhaltigkeitsvorteilen würden einen fairen Wettbewerb auf dem Markt sichern.
Bezeichnend für den Onlinehandel ist der Einsatz digitaler Technologien. Deshalb begrüßen wir es auch, dass die EU-Kommission auf einen digitalen Produktpass setzt. Natürlich muss auch hier sichergestellt werden, dass der bürokratische Aufwand nicht zu hoch wird, dass die geforderten Informationen verfügbar und einfach eingespielt werden können, und der Kunde nicht überfrachtet wird.
Einheitliche Regeln muss es auch bei der erweiterten Herstellerverantwortung geben. Das ist besonders wichtig, wenn diese (wie geplant) auf Textilien ausgeweitet werden sollen. Aufgrund der unterschiedlichen nationalen Regelungen in dem Bereich ist es derzeit sehr kostenintensiv und bürokratisch aufwändig ins europäische Ausland zu verkaufen.
„Es ist wichtig, dass es ein einheitliches System für die Herstellerverantwortung in Bezug auf Registrierung, Berichterstattung und Gebühren gibt. Was wir brauchen, ist eine Art One Stop Shop wie im Bereich der Umsatzsteuer sowie die Vermeidung beziehungsweise Rücknahme nationaler Alleingänge, damit kleinere und mittelgroße Unternehmen leichter am grenzüberschreitenden Handel teilnehmen können“, so Mulyk.
Vorhaben nicht zu Ende gedacht
Ökologische Verantwortung und unternehmerischer Erfolg sind keine Gegensätze. (Online)Händler mit neuen Pflichten zu belegen, ist daher das eine. Sie konstruktiv bei ihren Nachhaltigkeitsanstrengungen zu unterstützen etwas ganz anderes, wie Alien Mulyk ergänzt: „Was den Gesetzesvorhaben bisher fehlt, sind konstruktive Hilfestellungen für all jene Unternehmen, die bereits sehr viel Verantwortung übernehmen und gerne noch nachhaltiger werden möchten.“
Ein gutes Beispiel hierfür ist der Umgang mit unverkaufter Ware, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette anfällt. Der Onlinehandel würde solche Ware lieber als Sachspenden gemeinnützigen Zwecken zuführen, statt sie als allerletztes Mittel entsorgen zu müssen. Aufgrund der geltenden Umsatzsteuerregeln in Deutschland führt das jedoch zu finanziellen Einbußen. Statt den Onlinehändlern neue Berichtspflichten aufzuerlegen, wäre es ratsamer, die EU würde ihre Mehrwertsteuersystemrichtlinie so anpassen, dass den Mitgliedstaaten und Unternehmen die Umsatzsteuerbefreiung von Sachspenden explizit erlaubt ist.