verfasst von Martin Gross-Albenhausen
Zu den zahlreichen lieblosen und halbgaren Projekten, bei denen Google mal eben den Stecker zieht, gehören seit vergangener Woche auch die „Helpouts“. Das war ein von mir mit viel Hoffnung beobachtetes Projekt, bei dem die von Google als Skype-Wettbewerb lancierte VOIP-Lösung Hangouts ein Geschäftsmodell generieren sollte. Experten konnten dort kostenlos oder gegen Bezahlung (sogar im Peepshow-Modell auf Minutenbasis) Hilfe leisten. Gedacht war an Beratung zu so disparaten Themen wir Ernährung, Computer, Kochen, Kunst, Einrichtung, Schönheit oder Gesundheit.
Zu den Nutzern zählte übrigens der britische Onlinefashion-Primus ASOS, die über Helpouts Modeberatung angeboten haben. Sie wurde nicht häufig genutzt, brachte aber hervorragende Bewertungen. Ich unterstelle deshalb, dass Google einfach nicht genügend Nutzer für Helpouts gefunden hat. Da ist es konsequent, von einem Pferd abzusteigen, das nicht weiter trägt.
Aber es ist auch symptomatisch dafür, dass Google inzwischen mehr und mehr die Magie des digitalen Visionärs verliert. Geniale Detail-Ideen, aber jenseits der immer weiter abgemolkenen Suchmaschine fehlt die Begeisterung für die eigenen Projekte. Oder die Fähigkeit, diese wie ein Startup zu entwickeln. Das Unternehmen brennt eigentlich nur für den lukrativen Suchalgorithmus.
Das zeigt sich schon daran, dass Googles Vertriebsmanager hierzulande zuweilen selbst von den Anwendern auf Produkte aufmerksam gemacht werden müssen, die sie gar nicht auf dem Radar haben. Zeitgeist war gestern.
Google steigt also vom Pferd. Wieder einmal. Dabei sind Tutorials ein Milliardengeschäft, auch und gerade für Google. Via Youtube. Ich habe mit Hilfe eines Videos den Flusensumpf an meinem Trockner reinigen können. Hat mir den 300 Euro teuren Besuch eines Service-Technikers gespart. Und kostet den irgendwann seinen Job.
Einfach deshalb, weil die Industrie noch nicht verstanden hat, dass Kundenservice sich heute hervorragend digital erbringen lässt. Das wiederum wäre ein Geschäftsmodell für Google gewesen – aber dafür braucht es auch Service-Fanatiker. Und das, nun ja, das sind die Kollegen in Mountain View nun wirklich nicht.
Nun gut – keine Helpouts mehr. Aber wenn ich sehe, dass mein Sohn mit gerade mal 13 Jahren bei jeglichem Problem heute zuerst in Youtube schaut und dann via Skype in Bild und Ton mit Freunden die Lösung bastelt, dann halte ich die Wette: Da geht noch was.
Also, liebe Händler: Natürlich rettet Service eure Läden nicht. Aber wenn Ihr die Experten seid, dann rettet die Digitalisierung vielleicht auf Umwegen Euer Einkommen. Wenn Ihr Euch auf neue Geschäftsmodelle einlasst, die mit Klicks starten und über Visits an der – virtuellen oder realen – Kasse enden.
Oder ihr bezahlt weiter die steigenden Klickpreise. Bei Google.
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