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Gibt es ein Leben nach Amazon?

verfasst von Martin Groß-Albenhausen am 28.06.2013

Was für viele Einzelhändler „das Internet“, ist für viele Shopbetreiber Amazon. Umsätze gravitieren in Richtung des weltgrößten Onlinehändlers, der scheinbar alles richtig macht. Jede Innovation, ob Marktplatz oder Services, steigert die Anziehungskraft. Und die Grafik oben zeigt genau diesen Effekt, der schon viel früher eingesetzt hat, als er von vielen wahrgenommen wurde: Ich habe aus unseren Umfragen hier nachgezeichnet, wie oft Amazon und andere Top10 Onlinehändler als Kaufort genannt wurden, über alle Warengruppen hinweg. (Zalando ist zu jung, um hier aufzutauchen, deshalb habe ich sie um der Kontinuität willen nicht ab 2010 hinzugefügt.)

Wohlgemerkt, wir erheben keine Stichtagszahlen, sondern befragen kontinuierlich das ganze Jahr über. Und wir können damit auch zeigen, wie Amazon seit 2006 Kategorie um Kategorie nicht ein, sondern DER Universalversender in Deutschland geworden ist. Die zweite Grafik zeigt, wie fast in jeder Kategorie nach anfänglich linearem Wachstum eine exponentielle Steigerung erfolgt.

Das gilt übrigens auch für Mode, wo Amazon noch ganz am Anfang steht. Der Konzern ist denkbar pragmatisch – wenn es für die Skalierung des Modeangebots andere Werbeformate braucht, dann ist es eben so. Kein Wunder, dass inzwischen regelmäßig Mode-Flyer gedruckt werden.

Diese Zahlen sind in der aktuellen Debatte um selektiven Vertrieb einerseits, Bestpreis-Verpflichtungen andererseits von großer Bedeutung. Unsere Quartalszahlen zeigen, dass von allen reinen Online-Umsätzen ein wesentlicher Teil auf „Plattformen“ entfällt und eben nicht auf einzelne Pureplayer Onlineshops. Damit unterstreichen unsere Befragungen den Effekt, den Alexander Graf auf kassenzone.de <link http: www.kassenzone.de e-commerce-ist-doof-bloed>immer wieder <link http: www.kassenzone.de marktplatze-2-0>beschrieben hat: die „Marktplatzisierung“ des Onlinehandels, die mit Shopware einerseits und dem angeschlossenen Dropshipping-Konzept Bepado andererseits eine systemische Lösung gefunden hat. Relevanz durch Sortimentstiefe und auch größtmögliche Breite in der Nische.

So weit so gut oder schlecht. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass es bald kein Leben mehr außerhalb von Amazon geben kann.

Aber dann ist mir die letzte Zeile unserer Befragungen aufgefallen. Wir lassen uns im Rahmen der Umfrage auch immer die Namen der Shops nennen, in denen der letzte Kauf stattgefunden hat. Dadurch können wir schöne und ausgesprochen detaillierte Hitlisten von Marktdurchdringungen einzelner Anbieter bis auf die Kategorie-Ebene abbilden.

Es gibt eine einzige Nennung, die NOCH STEILER anwächst als Amazon:

„Sonstige“

Die Sonstigen sind diejenigen Händler, die per se zu selten genannt werden, um noch auf der Liste aufzutauchen. In Summe aber ist heute das Vertrauen der Konsumenten so weit, dass auch kleinere Shops für mehr als jeden dritten Onlineeinkauf genannt werden. Das sind dann übrigens häufig Shops, bei denen unsere Prüfungen zeigen, dass sie auf Plattformen wie <link http: www.rakuten.de shops>Rakuten laufen, aber tatsächlich als eigenständige Händler wahrgenommen werden. Happy Commerce in der Praxis, um mit Hiroshi Mikitani zu sprechen.

Die Grafik ist, genau genommen, nicht mehr als eine Wasserstandsmeldung aus dem Mahlstrom, der gerade den Einzelhandel umwälzt. Wer früher mal Top-Anbieter war, ist in der Bedeutung am Markt bald nur noch ein relativ kleines Licht – verglichen mit Amazon überhaupt, aber auch mit anderen Newcomern und Online-Categorykillern in anderen Kategorien. Der Mittelstand existiert zwar noch, aber die ehemals mittelgroßen Unternehmen werden auf der einen Seite von den Amazon und Zalando, Zooplus, Reuter, auf der anderen Seite von vielen kleinen Händlern in die Zange genommen.

Die Folgerung lautet aber auch, dass die stationären Händler auf die Kraft ihrer „Marke“, die im Straßenbild bekannt ist, nicht allzu viel geben dürfen. Dem Kunden ist die Marke im Web egal – das Angebot muss stimmen. Die <link http: www.d-group.com de>dgroup macht völlig zurecht den Unterschied zwischen „Best Effort“ und „Best in Class“. Die lauwarmen Multichannel-Versuche der Vergangenheit, weil man sich nicht an die Prozesse herantraut, sind ersteres. Geldverschwendung. Oder sagen wir mal: Mitlaufen, aber eben auf niedrigstem Niveau, während die Kernumsätze erodieren.

Um den Sprung aus den „Sonstigen“ in die Relevanz zu schaffen, sind entschiedene Investitionen nötig. Sonst droht tatsächlich die Konsolidierung auf allen Kanälen, weil die stationären Umsätze nicht mehr hinreichen, die Onlineumsätze noch nicht und auf Sicht auch die Rückgänge nicht kompensieren können.

Darum geht es auf unserem „<link http: www.etailment-summit.de>etailment Summit 2.013“ um die Prozesse, die aufgrund und mithilfe des Internet umgestaltet werden müssen. Seien Sie vom 5.-7. November in Berlin dabei!