Mal eben nachts noch eine Batterie ergattern, wenn das Babyphone den Geist aufgibt? Was tun, wenn man an einem sonnigen Sonntag endlich vor dem Brandenburger Tor steht – und dann feststellen muss, dass man die Kamera fürs Erinnerungsfoto vergessen hat? Auf Geschäftsreise in Berlin und das Ladekabel fürs Smartphone nicht im Gepäck? Situationen wie diese stellen für Touristen, Nachtschwärmer und Technikfans in Deutschlands Hauptstadt jetzt kein Problem mehr dar. Denn seit kurzem verrichtet dort Roboter „Alex“ rund um die Uhr seinen Dienst und verkauft gängige Elektronik-Artikel. Sein Beispiel kann veranschaulichen, welche Vorteile der Einsatz von humanoiden Kollegen bietet und wohin die Reise gehen wird.
Keine Frage, in den Medien kann man viel über Robotik und Künstliche Intelligenz (KI) sehen, hören und lesen, aber wann hat man schon mal die Chance, einem humanoiden Roboter Face-to-Face gegenüber zu stehen und ihn bei seiner Arbeit zu beobachten? Alex macht in Berlin genau das möglich, denn er verkauft in seinem von pi4_robotics entwickelten Workerbotkiosk jeden Tag rund um die Uhr häufig nachgefragte Elektronik-Produkte wie Powerbanks, Stromadapter, Batterien oder Einwegkameras – auch dann, wenn den Kunden weder Ladengeschäft noch Online-Versand zur Verfügung stehen. Und genau hier liegt das entscheidende, sowohl wirtschaftlich als auch serviceorientierte Argument für den Einsatz eines solchen Verkaufsroboters, der zur Gruppe der Workerbots gehört. Denn trotz aller Errungenschaften des eCommerce und aller Flexibilität des Online-Handels: In der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen bleiben schlicht und ergreifend Zeitfenster offen, in denen dem Kunden lediglich 24/7 Angebote weiterhelfen können.
Alles in Greifweite
Seinen festen Platz hat Alex in einer Art Kiosk, das für Kunden rund um die Uhr mit EC- oder Kreditkarte zugänglich ist. Im Gegensatz zu einem Service-Roboter fährt Alex also nicht in der Filiale herum, um Kunden beispielsweise den Weg zu weisen. Vielmehr können im Roboter-Kiosk insgesamt 36 Plätze mit verschiedenen Produkten befüllt werden, die Alex dann direkt an die Kundschaft verkauft. Und so funktioniert’s: Der Kunde steht vor dem To-Go-Terminal, wählt am Touchscreen sein Wunschprodukt, legt dieses in den Warenkorb und schließt den Zahlvorgang mit Kreditkarte, EC-Karte oder Barzahlung ab. Anschließend folgt Alex‘ großer Auftritt: Mit seinen Greifarmen schnappt sich der Roboter den gekauften Artikel und legt ihn auf dem Ausgabeband ab.
„Click & Collect“ in Sicht
Zugegeben, für den nahtlosen Einsatz im digital vernetzen Omnichannel-Handel mag ein Workerbot wie Alex mit seinen momentanen Fertigkeiten und Fähigkeiten noch etwas eingeschränkt daherkommen. Aber die Entwickler haben das im Blick und so ist das Ende der Digitalisierung im Robotik-Bereich noch längst nicht in Sicht. Als nächsten Schritt streben die Entwickler an, künftig auch „Click & Collect“-Einkäufe via Internet zu ermöglichen, bei denen die online bestellte Ware mithilfe des Roboters rund um die Uhr vor Ort am Kiosk abgeholt werden kann. Spätestens mit diesem Feature wird der humanoide Kollege dann zum digitalen Allround-Tool, das Bestellen und Einkaufen noch flexibler macht.
Nützen, nicht schaden
Und wie sieht es mit der Befürchtung aus, KI könnte Arbeitsplätze bedrohen? Hier gibt´s Entwarnung. Ziel ist es, Maschinen zu entwickeln, die Mensch und Umwelt nützen, nicht schaden. Außerdem könne man nicht alles den Robotern überlassen, ganz einfach deshalb, weil sie nicht alles können. Zu individuellen Anliegen beraten beispielsweise oder empathisch auf die individuellen Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden eingehen. Dementsprechend ist auch die Sorge unbegründet, dass der humanoide Kollege Arbeitsplätze von Filial-Verkäufern bedroht. Ganz im Gegenteil: Workerbots halten ihren menschlichen Kollegen den Rücken frei, so dass diese mehr Zeit und Freiraum haben, um sich voll und ganz auf die Beratung und Betreuung der Kunden zu fokussieren.
Einkaufen mit Erlebnisfaktor
Und nicht zu vergessen: der Sympathie- und Identifikations-Faktor. Humanoide Roboter, ob als rollende und wegweisende Servicekraft oder wie im Falle von Alex als Verkäufer eingesetzt, ziehen die Blicke auf sich und sorgen für Wow-Effekte bei den Kunden. Kein Wunder also, dass bei der Entwicklung der Spaß-Faktor nicht zu kurz kommt und viel Wert auf Menschlichkeit gelegt wird, um Einkaufen mit Erlebnisfaktor zu garantieren: Alex beispielsweis kann rund zwölf verschiedene Mimiken darstellen – von Herzblick über Zwinkern und sich schlafend stellen bis hin zu einem leicht verwirrten Gesichtsausdruck. Meistens aber strahlt Alex über seine beiden nicht vorhandenen Ohren – geduldig, freundlich und zuvorkommend.
Live bei der Arbeit zu erleben ist Alex übrigens in der Conrad Filiale in Berlin-Schöneberg oder hier im Video.