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Ein paar kurze Gedanken zum Brexit oder besser gegen den Brexit

verfasst von Christoph Wenk-Fischer

Es gibt keine Alternative zur europäischen Einigung. Das Rad zurückzudrehen und nationale Sonderwege einzuschlagen, wie es von nationalistischen Populisten gefordert wird, ist keine Lösung für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, finde ich. Aber die Briten haben – wenn auch knapp – anders entschieden.

Knapp, wie sie war, bringt diese Entscheidung meines Erachtens weder der Regierung im Mutterland der parlamentarischen Demokratie einen absoluten Handlungsauftrag, noch der EU eine wirklich klare Maxime für die Herausforderungen der weiteren europäischen Einigung und Integration.

Das Votum der Briten hat bereits jetzt Milliarden gekostet - v. a. über Wechselkursschwankungen und Wertverlust von Aktien. Ich befürchte, dass es die Investitionsbereitschaft auch unserer Branche in Großbritannien nachhaltig verringern und dort für die Verbraucher zu höheren Preisen führen kann. Es ist realistisch, dass es den grenzüberschreitenden Warenverkehr nach England, Schottland, Wales und Nordirland erschweren und auch die Tätigkeit britischer Online- und Versandhändler in der EU erheblich bremsen wird. Viele Arbeitsplätze können gefährdet werden. Das alles darf nicht passieren.

Damit dies nicht dauerhaft geschieht, muss zwar jetzt schnell Klarheit über das Wie der zukünftigen Situation Großbritanniens in Europa her, damit sich der internationale Online- und Versandhandel nebst seinen Dienstleistern, wie Logistik- und IT, nicht von Großbritannien abkoppelt. Es ist aber anders, als man es in Anbetracht mancher vorlauten Stimmen aus Brüssel oder Berlin nicht an der Zeit für Panikmache, unüberlegte Ratschläge oder vorschnelle apodiktische Urteile.

Vielmehr muss in Großbritannien und auf Seiten der EU und ihrer Mitgliedsstaaten ein vernünftiger Weg entwickelt werden, der nach wie vor das Ziel eines Verbleibs Großbritanniens in der EU haben muss. Das ist trotz oder gerade in Hinblick auf das weder die britische Regierung, noch die EU rechtlich bindende Votum von nur rund 52 % der Wähler aus rund 72 % der britischen Wahlberechtigten möglich.

Warum also die Briten jetzt drängen, den Austritt formal zu erklären? Ich wünsche mir, dass die kommenden Gespräche und Verhandlungen nicht voreilig und präjudiziert, sondern erst nach sorgfältiger Analyse der Situation auf beiden Seiten starten sollten. Sie dürfen nicht von Rache oder Emotionen wie „enttäuschter Liebe“ oder gar Bestrafungsfantasien geleitet sein. Die Tür zu Europa darf nicht zugeschlagen werden – übrigens nicht nur für die Briten.