Am 21. März 2018 hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, Einnahmen aus bestimmten digitalen Geschäftsaktivitäten mit einer sogenannten Digitalen Dienstleistungs-steuer (DST) zu belegen. Umstrittene Begründung war, dass vor allem digitale Geschäftsmodelle bisher niedriger besteuert würden als die klassische Wirtschaft. Inzwischen erkennen zwar immer mehr Experten, dass die Einführung dieser Steuer wenig Erträge, aber dafür umso mehr ökonomische Probleme schaffen würde. Die Steuerpläne sind aber immer noch nicht vom Tisch. Daher hat der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) eine Studie bei Copenhagen Economics S/A, in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen einer solchen Steuer auf den deutschen E-Commerce Markt zu untersuchen.
Eine solche neue Steuer würde:
- große Folgeschäden vor allem bei deutschen Klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) verursachen,
- ungleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Online- und Offline-Vertriebswegen schaffen,
- die Kosten für Kundengewinnung und Kundenbindung für deutsche Online-Händler und Digitalunternehmen erheblich verteuern,
- deutsche Händler auf elektronischen Marktplätzen, vor allem KMU, gegenüber anderen Vertriebsformen diskriminieren,
- für deutsche Verkäufer, die auf Online-Marktplätze angewiesen sind, im Vergleich zu Nicht-EU-Wettbewerbern wie ein Ausfuhrzoll wirken,
- die Digitalisierung und Internationalisierung deutscher Handelskonzepte erschweren.
In der von der EU-Kommission bevorzugten Option soll eine ausgewählte Gruppe von digitalen Unternehmen mit der neuen Steuer belastet werden. Insbesondere Firmen mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro und einem digitalen Umsatz von über 50 Millionen Euro.
„Dies könnte den Eindruck erwecken, dass nur globale multinationale Unternehmen von der Steuer betroffen sind und die meisten deutschen Unternehmen davon unberührt bleiben. Das stimmt aber nicht. Die Belastung müssten vor allem Klein- und mittelständische Unternehmen kompensieren“, so Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des bevh.
Solche, typischerweise den modernen deutschen Mittelstand prägenden Unternehmen sind besonders auf die digitale Infrastruktur, die elektronische Marktplätze und Plattformen bieten, angewiesen. Auch Kundengewinnung und -bindung läuft für Dienstleistung und Handel heute zunehmend über elektronische Kanäle. Die DST zielt genau auf solche digitalen Dienste ab. Die Studie zeigt, dass diese neue Steuerlast – bezogen auf Dienstleistungen, die auf dem deutschen Markt erbracht werden – in erheblichem Umfang an deutsche Unternehmen und Verbraucher weitergegeben würde.
Wenk-Fischer: „Zumindest auf längere Sicht würden wir erwarten, dass sich die Einführung der digitalen Dienstleistungssteuer in einer entsprechenden Preiserhöhung widerspiegeln wird. Dies bedeutet, dass deutsche Unternehmen und Verbraucher, die digitalsteuerpflichtige Leistungen in Anspruch nehmen, die Steuerlast tragen müssen.“ Auch würde die weitere Digitalisierung traditioneller Unternehmen durch die DST massiv beeinträchtigt, durch den unbeabsichtigten Effekt, dass Aktivitäten neuer digitaler Geschäftsmodelle diskriminiert werden, die bestehende Modelle übertreffen könnten. Erhebliche Rückschläge für die digitale Agenda in Deutschland sind so laut der Studie zu befürchten. Die Chance auf mehr Wachstum und Beschäftigung als Folge von Digitalisierung und Innovation gerät somit für die deutsche Wirtschaft in Gefahr.
Der Vorschlag für die DST lässt außerdem erhebliche Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Frage, welche Unternehmen in den Anwendungsbereich der DST fallen, offen. Die Studienergebnisse weisen gleichzeitig jedoch keine Anzeichen dafür auf, dass die DST ein wirksames Werkzeug wäre, um die behauptete Unterbesteuerung von digitalen Unternehmen zu kompensieren.
Hintergrund:
Deutsche Verbraucher kaufen zunehmend online ein: Heute nutzen 87 Prozent der deutschen Bürger das Internet mindestens einmal pro Woche, 2009 waren es nur noch 71 Prozent. Der Anteil der deutschen Bürger, die online einkaufen, stieg im gleichen Zeitraum von 56 Prozent auf 75 Prozent. Darüber hinaus bestellen etwa 76 Prozent der Online-Käufer online mindestens einmal im Monat. Online-Marktplätze helfen Händlern, ihr Geschäft online zu starten und mit größeren Unternehmen zu konkurrieren: Deutsche Unternehmen, insbesondere KMU, nutzen Online-Marktplätze. 70 Prozent der deutschen Sportartikelhändler nutzen heute schon Online-Marktplätze, bevor sie ihre eigene Website erstellen. Auch Online-Marktplätze ermöglichen KMU, von technologischen Innovationen wie mobilen Apps zu profitieren.
Link zur Studie:
https://www.copenhageneconomics.com/publications/publication/the-impact-of-an-eu-digital-service-tax-on-german-businesses