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Die eingebaute Conversion-Optimierung: Storytelling im E-Commerce

Gastbeitrag von Udo Butschinek, Zimmer19

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Produkt, das 1,00 EUR wert ist. Und Sie haben ein Mittel, mit dem Sie dieses Produkt für 19,50 EUR verkaufen können. Also 2000% mehr dafür bekommen? Fänden Sie das interessant?

Wenn Sie jetzt glauben, dass das komplett daneben ist, dann haben Sie gewiss noch nie etwas vom "Significant Objects Project" gehört. Die beiden Initiatoren des Projekts - Rob Walker und Joshua Glenn - wollten prüfen, welchen Einfluss eine Produktstory auf den Verkauf von billigen Ramschartikeln hat. Sie stellten eine Reihe dieser Artikel zusammen, beauftragten Bestsellerautoren damit, ein Narrativ zu jedem Produkt zu entwickeln und stellten diese Produkte anschließend bei Ebay ein. Das Ergebnis waren solche Zahlen, wie oben erwähnt. Die Stories des Projekts kann man in einem Buch nachlesen, das bei Amazon erhältlich ist.

Bevor Ihnen ob solcher Zahlen jetzt gleich schwindelig wird, muss man die Ergebnisse relativieren. Das Projekt lief nicht unter wissenschaftlich sauberen Bedingungen ab. So wurden bspw. auch Markenartikel angeboten, die für sich schon eine hohe emotionale Aufladung hatten. Auch wurden keine A/B-Tests durchgeführt, also das gleiche Produkt einmal mit und einmal ohne Story, um zu testen, ob sich das Story-Produkt signifikant besser verkauft.

Dies hat Rainer Neuwirth von der MyProdukt OG MyProdukt OG in Österreich im Rahmen seiner Magisterarbeit genauer untersucht. Und zwar auf Ebay Österreich. Zum Einen konnte er bei den Versuchspersonen eine höhere Emotionalisierung feststellen. Noch interessanter aber sind die Unterschiede in der Conversion:

Betrachtet man zusätzlich die Veränderung der Conversion Rate (als Conversion wird hierbei die Abgabe eines Gebots und damit die verbindliche Teilnahme an der Auktion mit einem möglichen Kauf gesehen) so wird deutlich, dass sich diese im Vergleich zu den Produkten ohne den Einsatz von Storytelling beinahe verdoppelt hat.

Eine Verdoppelung der Conversion Rate. Wenn wir von einer Conversion Rate von - im Idealfall - 3% beim durchschnittlichen deutschen Onlinehshop ausgehen und diese durch das Verwenden von Storytelling auf 6% steigern können, dann zeigt sich, dass hier doch einiges Potenzial verborgen liegt.

Storytelling ist eine Methode mit deren Hilfe Wissen, Informationen oder auch Werte vermittelt werden. Geschichten wurden sich schon in grauer Vorzeit mündlich am Lagerfeuer erzählt. Allein dieses archaische Erbe würde erklären, warum auch im E-Commerce Storytelling so gut funktioniert. Wenn Sie sich für verschiedene Strukturen von Geschichten interessieren und dadurch bspw. Präsentationen aufpeppen möchte, habe ich einen wunderbaren Literaturtipp für Sie: Show and Tell: How Everybody Can Make Extraordinary Presentations (die Kindle-Version gibt es gerade kostenfrei).

Doch wie kann Storytelling im E-Commerce konkret aussehen?

Gerne werden Produktstories erzählt, die davon handeln, wie ein bestimmtes Produkt hergestellt wird. Wer das meisterlich beherrscht ist bspw. manufactum.de

Der Golden Delicious zeichnet sich durch sein knackiges, saftiges Fruchtfleisch aus, das gehaltreich süß ist und edel gewürzt schmeckt. Dank seines hohen natürlichen Fruchtzuckergehalts ist ein Nachzuckern des Apfelmuses mit Kristallzucker nur in geringem Maße nötig (hier 3%). Die Renette ist eher säurebetont. Sie wird sonst hauptsächlich für den Sidra, den spanischen Apfelwein, verwendet und gibt diesem Apfelmus seine Spritzigkeit.

Quelle: Manufactum.de - Leider nicht mehr online. Der ganze Text ist auf content-driven-ecommerce.de nachzulesen.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, ein Problem darzulegen (der Klassiker) und eine Lösung zu präsentieren, so wie es Belroy macht. Sie kennen das sicher: Ihre Brieftasche quillt über - nicht unbedingt vor Geld, sondern allerlei möglicher anderer Zettel. Irgendwann passt die Brieftasche in keine Hose oder Jacke mehr. Belroy erzählt auf seiner Webseite diese Problem-Lösungs-Story in linearer Art und Weise, so dass man am Ende gleich das Teil kaufen will.

Die Möglichkeiten Stories einzusetzen sind so vielfältig wie die Anzahl der möglichen Stories selbst: unendlich. Selbst mit anscheinend langweiligen B2B-Produkten kann man spannende Stories erzählen. Fragen Sie mal Siemens.

Stories sind eine Methode im E-Commerce relevanten, d.h. zielgruppengerechten Content zu erzeugen. Wenn Sie das hinbekommen, haben Sie praktisch eine eingebaute Conversion-Optimierung.

Wenn Sie sich für das Thema "Content und E-Commerce" interessieren, empfehle ich Ihnen dringend den Besuch des 1. Barcamps zum Thema am 17.10. und 18.10.2014. Ich verspreche Ihnen, dass Sie das eine oder andere Aha-Erlebnis haben werden.

www.content-commerce-camp.de

Über den Autor:
Udo "Butsch" Butschinek studierte Kommunikationswissenschaft, Anglistik und Psychologie und ist seit 15 Jahren Webprofi. Als Mitinhaber von ZIMMER 19 hat er sich auf die Themen Content Strategy und E-Commerce spezialisiert. Er ist Gastdozent an der Leipzig School of Media und bloggt unter www.content-driven-ecommerce.de über E-Commerce und Content.