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Dark Patterns & Co: Welche Auswirkungen könnte der Digital Fairness Act auf die Conversion Rate Optimierung in Onlineshops haben?

Der Digital Fairness Act (DFA) wird erhebliche Auswirkungen auf die Conversion Rate Optimierung (CRO) in Onlineshops haben. CRO-Strategien, die bisher auf psychologischen Wirkmustern, als manipulativ interpretierbaren “Behavioural Design” Elementen, oder intransparenten Entscheidungswegen basierten, werden durch den DFA eingeschränkt oder verboten. Dazu könnten nicht wenige der unter “Psyconversion” subsumierten Patterns fallen, denn der DFA will die Grenze zwischen erlaubter “Persuasion” und verbotener “Manipulation” klar ziehen. 

Die wichtigsten Auswirkungen im Überblick:

  • Verbot als manipulativ betrachteter Designpraktiken: Taktiken wie künstliche Verknappung (Countdowns, “Nur noch 2 Stück verfügbar!”), versteckte Zusatzleistungen, schwer auffindbare Opt-out- oder Kündigungsoptionen, sowie verwirrende Button-Gestaltung ("Roach Motel") sind nach dem DFA untersagt. CRO-Maßnahmen dürfen keine Nutzer mehr zu “unbeabsichtigten” Käufen oder Abos verleiten, sondern müssen auf Klarheit und Fairness setzen. So ist beispielsweise darzulegen und ggf. nachzuweisen, dass ein Angebot nach Ablauf des Countdowns für eine ausreichende Zeit nicht mehr erhältlich ist.

  • Neue Standards für Transparenz und Nutzerführung: Der DFA verlangt, dass alle Preisinformationen, Personalisierungen, Rabatte und Zusatzleistungen offen kommuniziert werden. Die Kauf- und Kündigungsprozesse müssen intuitiv und nachvollziehbar gestaltet sein. Conversion Funnels, die auf “Nudging” und subtiler Beeinflussung basieren, müssen überarbeitet werden.

  • Auswirkungen auf A/B-Testing und UX-Optimierung: Testszenarien, die auf minimalen, versteckten Änderungen basieren, etwa das Hervorheben der Zustimmungsoption bei Cookie-Bannern oder das Erschweren der Ablehnung, sind künftig nicht mehr erlaubt. CRO-Teams müssen sich auf Verbesserungen konzentrieren, die echten Mehrwert und Transparenz für die Nutzer bieten.

  • Veränderte Einsatzmöglichkeiten für soziale Nachweise, Scarcity und Dringlichkeit: CRO-Mechaniken wie Social Proof ("x Leute kaufen dieses Produkt gerade!"), künstliche Dringlichkeit oder FOMO (Fear of Missing Out) unterliegen strengen Vorgaben: Sie dürfen keine Falschangaben oder übertriebene Dringlichkeitsmechanismen enthalten. Nur reale, nachweisbare Informationen dürfen genutzt werden (s.o. Fake Countdowns).

  • Striktere Regeln im Influencer- und Affiliate-Marketing: Alle Marketingmaßnahmen, die Nutzer unklar über die Werbeabsicht oder Herkunft der Produkte lassen (z.B. getarnte Empfehlungen), fallen künftig unter strengere Transparenzvorschriften. Unternehmen sind für Regelverstöße ihrer Affiliate- oder Influencer-Partner mitverantwortlich.

  • Nachhaltige CRO-Philosophie: Vertrauensbasierte Optimierung und die Erhöhung des Warenkorbwerts müssen mit Transparenz und echtem Nutzerinteresse einhergehen. CRO wird sich künftig stärker auf Vertrauen, langanhaltende Kundenbeziehungen und echten Mehrwert statt kurzfristig Absatz-treibende Taktiken konzentrieren.

Wenn man die kurzfristige Wirkung verschiedener Conversion-steigernder Elemente gewichtet, würde man die folgende Tabelle von “Dark Patterns” finden, mit denen der Digital Fairness Act eine mögliche strengere Regulierung begründet:

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Element mit CRO-Potential

Zuordnung zu Dark Pattern Begriffen (DFA/Fitness Check)

1

(Fake-)Countdown-Timer / Künstliche Verknappung

Fake Scarcity / Fake Urgency

2

Groß dimensionierte CTA-Buttons (vs. kleine Opt-Out-Links)

Nagging / Obstruction / Misdirection

3

Vorbelegte Zusatzleistungen im Checkout

Preselection / Sneak into Basket

4

Schwer auffindbare oder hinderliche Kündigungsoption (ggf. ausdehnbar auf Widerrufs- und Rückgabeoptionen)

Roach Motel / Obstruction

5

Irreführende Button-Beschriftung (sofern nicht bereits gesetzlich geregelt)

Misdirection / Confirmshaming

6

Social Proof Popups („Anna aus München…“)

Social Proof / Activity Notifications / Urgency

7

Visuelles „Nudging“ bei Cookie-Bannern

Trick Questions / Misdirection

8

Dringlichkeits-Popups (Exit Intent, Blitzangebote)

Fake Urgency / Forced Action / Bait & Switch

9

Verwirrende Navigation/versteckte Menüs

Obstruction / Hidden Information / Disguised Ads

10

Bewertungen/Testimonials ohne Möglichkeit der Verifizierung

Fake Social Proof / Impersonation

Viele klassische CRO-Techniken stehen auf dem Prüfstand: Was bisher als “Conversion-Hebel” galt, kann künftig als unlautere Praktik sanktioniert werden. Marken, die schon jetzt solche Hebel fair und transparent einsetzen, können profitieren, sofern die Techniken nicht pauschal verboten, sondern nur der faire Einsatz geregelt würde. Verhaltenspsychologische Marketingtechniken bleiben zwar grundsätzlich möglich, müssen aber ethische Standards erfüllen und dürfen nicht in manipulativer Form eingesetzt werden. Der DFA zielt darauf ab, die Grenze zwischen legitimer Überzeugung und schädlicher Manipulation klar zu ziehen.

Entscheidend sind:

  • Transparenz: Nutzer müssen verstehen, wie und warum sie bestimmte Inhalte sehen

  • Autonomie: Echte Wahlmöglichkeiten und einfache Opt-out-Optionen

  • Fairness: Keine Ausnutzung von Schwächen oder irreführende Techniken

  • Verhältnismäßigkeit: Angemessene Balance zwischen Geschäftsinteressen und Verbraucherschutz

Unternehmen, die Behavioural Marketing oder Psyconversion einsetzen, müssen ihre Techniken überprüfen und anpassen: Dazu zählt eine Dokumentation der “Fairness” ihrer Methoden, also eine Abwägung, warum die Technik nicht als “manipulativ” betrachtet werden darf. Dies lässt sich, wie schon dargestellt, im Hinblick auf die engeren Verbote bei “vulnerablen” Gruppen argumentieren. Allerdings ist noch offen, wie die kontextbezogene bzw. situative Vulnerabilität vom Digital Fairness Act definiert wird. Zu prüfen wird dann auch sein, ob ein Unternehmen ausschließen muss, dass vulnerable Gruppen auf der Website solchen Mechaniken ausgesetzt werden.

Ebenso muss klar über die Personalisierung informiert werden. Wie und an welcher Stelle ist noch unklar. Wenn die Zustimmung eingeholt werden muss, würden wiederum die Regeln bzgl. Dark Patterns gelten, etwa eine vollständig gleichwertige Darstellung von Opt in und Opt out.