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Beratungsklau durch GPT – das Aufregerthema mal andersrum

Im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hat die Marktforschungsagentur YouGov das Omnichannel-Informationsverhalten der deutschen Verbraucher erfragt. Jeder Dritte, so die plakative Aussage, hat schon Produkte im stationären Handel getestet und dann online bei einem anderen Händler gekauft. Nicht einmal halb so viele befürworten dieses Verhalten allerdings. Fast als machte man sich durch rationales Verhalten moralisch schuldig.

Genau so gilt allerdings, dass sich die Deutschen – so zumindest Umfragen, die wir durchgeführt haben – durch das Internet regelmäßig besser informiert und beraten fühlen als im stationären Handel. Das sagt fast jeder Zweite, und nur 12 Prozent würden der Aussage widersprechen. Mehr als jeder Dritte erwähnt, dass er im stationären Handel öfter Dinge kauft, die er nicht eingeplant hat, als online, wo er oder sie gezielt suchen kann.

„Beratungsklau“ ist also weitaus komplexer als gedacht. Vollends kompliziert wird es aber, wenn man die Informations(ab)flüsse im Internet betrachtet. Denn der klassische Weg des Content-Marketings setzt genau darauf: Online viele Informationen und Expertise bereitstellen, dadurch Vertrauen aufbauen und dem durchaus elastischen Kunden ein ausreichend faires Angebot machen. Online ist der „Beratungsklau“ ja noch viel einfacher als offline.

Doch wie ist es, wenn ein neuer Intermediär namens GPT sich einschaltet und die User Journey „disruptiert“? Über die richtige Antwort auf KI-Agenten, ja über die existentielle Frage, ob es überhaupt noch Onlineshops braucht, sind sich kaum zwei Händler einig. Viel Content im Shop: Füttert das nur die KI oder gelingt dadurch der Sprung in die GPT-Buybox?

Klar ist: Künstliche Intelligenzen (wie GPT-basierte Suchassistenten) beantworten Nutzerfragen zunehmend direkt, ohne auf die eigentliche Ursprungsquelle zu verlinken. Dadurch sinkt der direkte Traffic über klassische Suchmaschinenlinks - ob nur kurzfristig oder dauerhaft, ist noch nicht sicher (s.u.). Dennoch bleibt der Content auf der eigenen Website ein essenzielles Asset für die digitale Sichtbarkeit, Expertenstatus und Kundenbindung. Auch weil, wie wir in der „Zahl der Woche“ gerade zeigen, das Vertrauen in die Empfehlungen noch nicht sehr ausgeprägt ist.

Eine Content-Reduktion würde:

  • Die Sichtbarkeit in Suchmaschinen langfristig schwächen.
  • Die Wahrnehmung als Fachexperte und Marke verschlechtern.
  • Künftige Chancen auf KI-Integration und Partnerschaften verringern.
  • Potenzielle Neukunden verlieren, die doch auf Links klicken oder tiefer recherchieren.

Gute SEO ist gar nicht weit entfernt von guter GEO: Seit Jahren hat Google mantraartig wiederholt, dass man Nutzerfragen beantworten soll, statt nur Keywords zu optimieren. Wer also FAQs in seinem Shop pflegt oder Produktvergleiche ermöglicht, schafft die richtige Struktur für GEO, ohne die SEO zu vernachlässigen. Zugrunde liegt, auch das eigentlich ein alter Hut, das Schema.org-Markup, das auch für Rich Snippets wichtig ist.

Natürlich gibt es auch GEO-Maßnahmen technischer Art, wie z.B. die Verlinkung von thematisch zusammenhängenden Texten auf der Website, um Wissensnetze abzubilden. Oder Offpage-Optimierungen wie der Einsatz von Platformen wie Reddit, Quora oder Listicle.

Dennoch ist die Frage berechtigt, ob das im Unternehmenswert versteckte spezifische Fachwissen sämtlich im öffentlichen Raum abgebildet werden soll. Knappe und präzise, auf die mögliche Frage zugeschnittene Reddit- oder Listicle-Posts mit einem eindeutigen Link nach der relevanten Information funktionieren derzeit offenbar besonders gut für GEO. Ebenfalls kann man dort hauptsächlich für die KI auch einen Verweis auf exklusive, umfangreiche, umfassende Inhalte auf der Website platzieren.

So lapidar, wie die GPTs selbst es nahelegen („In der aktuellen Situation ist es klar sinnvoller, das eigene Fachwissen online weiter auszubauen und strategisch zu verbessern (...) Reduktion wäre hingegen ein gefährlicher Rückschritt.“) ist es aber nicht. Etwas mehr sollte man dem Abfluss an Wissen und Expertise schon entgegensetzen, um Kunden zu binden.

Die beste Strategie kombiniert öffentliche GEO-Maßnahmen (Reddit, Listicles, Content) mit privaten RAG-Systemen (Retrieval-Augmented Generation), die exklusives Firmenwissen schützen. Durch eine hybride Architektur können Unternehmen ihre öffentliche Sichtbarkeit bei GPT & Co. maximieren, während sensible Daten sicher in eigenen Systemen bleiben und trotzdem optimal mit KI-Tools zusammenarbeiten.

Am Anfang steht dabei die Content-Auditierung und -Optimierung, dazu ein System-Setup (das interne Wissen auf privaten Servern muss „vektorisiert“ werden, um mit einem GPT genutzt zu werden) und schließlich die Integration mit den KI-Tools.

Phase

Öffentlich (GEO)

Privat (RAG)

Integration

Content-Audit

Identifiziere teilbare Expertise

Klassifiziere sensible Daten

Definiere Überschneidungen

System-Setup

Reddit/Quora-Accounts, SEO-Tools

Private Vector DB, Secure APIs

Hybrid Authentifizierung

Content-Produktion

Marketing-orientierte Fachinhalte

Vollständige interne Dokumentation

Verlinkungs-Strategien

KI-Integration

Öffentliche GPT-Optimierung

Sichere RAG-Pipelines

Unified Search Interface

Die Customer Journey sollte so modelliert werden, dass alle Touchpoints sowohl mit öffentlich sichtbarem Content (für GEO/KI-Suchmaschinen und Social-Discovery) als auch mit exklusiven, nutzer- oder mitarbeiterorientierten Inhalten im RAG-System abgedeckt sind. So wird sichergestellt, dass Interessenten, Kunden und Mitarbeiter genau an den richtigen Stellen die passenden Informationen verfügbar haben – über GPT und andere KI-Assistenten.

Im ersten Schritt geht es um die Definition der Customer Journey, je nach Framework, das im Unternehmen genutzt wird. Hier eines der klassischen als Beispiel:

Phase

Ziel

Typische Inhalte

Content-Typ (öffentlich / RAG)

Awareness

Aufmerksamkeit wecken

Blogartikel, Social Posts, Forenbeiträge, Listicles, Produktübersichten

öffentlich

Consideration

Interesse & Bedarf prä§zisieren

Expertenrat, Tutorials, Q&A, Produktvergleiche, Erfahrungsberichte

öffentlich (mit Deep-Links zum Shop), teils im RAG für tiefe Vergleiche

Conversion

Kauf, Anfrage oder Kontakt

Preislisten, spezifische Produktdetails, Angebotsformulare, technische Daten

öffentlich & RAG (kundenindividuelle Angebote)

Retention

Bindung und Nachkauf fördern

FAQ, Nutzer- und Supportbereich, exklusive Tipps, Handlungsempfehlungen

RAG (Log-in Bereich, Kundenservice), Teile öffentlich (FAQ)

Advocacy

Empfehlungs-Marketing

Erfahrungsberichte, Community-Foren, Referenzkunden, Tutorials

öffentlich & RAG (Community-Bereich kombiniert)

Der zu jeder Phase gehörende Content kann nun auf den öffentlichen oder teilöffentlichen bzw. privaten Bereich gemappt werden:

  • Öffentlicher Bereich (GEO):
    • Antworten auf typische Einstiegsfragen, Vorteile, Best Practices, Vergleiche (z.B. „Welches Produkt eignet sich für…?“)
    • Reddit-Posts, Listicles, Fachblogs: als Einstieg und zur Markenpräsenz, immer mit Linkangebot zum eigenen Shop/Kanal
    • Produktseiten, How-To-Guides, FAQ als SEO-optimierte Landingpages
  • RAG (privat/exklusiv):
    • Detailtiefe Expertenwissen, vertrauliche oder spezifische Kundenlösungen
    • Support-Wissen, interne Prozessabläufe, personalisierte Angebote und Kundenhistorie
    • Erweiterte Tutorials, exklusive Nachkauf-Tipps, Betriebsanleitungen
    • Wissenbasis für Chatbots, Customer Success & Mitarbeitertraining

Eine optimal modellierte Customer Journey im GPT-Zeitalter verbindet die Touchpoints mit gezielter Content-Distribution: Öffentliche Inhalte bringen Traffic und Reichweite, exklusive Inhalte im RAG-System sorgen für tiefgehende Bindung, Mehrwert und Datenschutz. So profitieren Unternehmen maximal von KI-gestütztem Wissensmanagement und digitalem Vertrieb.

Schützt das vor Beratungsklau durch GPTs im Internet? Nein. Das zeigt eine aktuelle Studie des Pew Research Ceenters mit Daten von 900 US-Bürgern. Wem kein KI-generiertes Antwort-Snippet von Google ausgespielt wurde, der klickte doppelt so häufig auf einen stattdessen dargebotenen Link.

Zur GEO gehört fundamental dazu, die Fragen der Kunden entlang des Conversion Funnels zu verstehen, sie zu zerlegen, die Antworten optimiert auszuspielen und dann zu messen, ob vielleicht weniger, dafür aber qualitativ bessere User auf die Seite kommen. Das bedeutet auch, dass man kein Keyword-Stakkato mehr optimiert, sondern Fragen von Kunden sammelt. Der rettende Arm für den Händler ist der, den eigentlich niemand besser als er selbst um die Schulter des Kunden legen kann. Um so mehr, wenn er einen gut funktionierenden Kundenservice hat (statt Selfservice-Suiten). 

Oder einen Laden, wo Kunden Fragen stellen und dann vielleicht auch mal online kaufen.