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Barrierefreies Einkaufen im Web - Teil 1

erklärt von Heike Clauss, Projektleitung BIK für Alle

Immer mehr ältere Menschen kaufen im Internet ein. Für viele Kunden mit Behinderung ist das Shoppen im Web schon längst eine hervorragende Option, denn auch sie sind häufig nicht so mobil.

Damit zukünftig keine Barrieren die Nutzung des Webs erschweren, hat die Europäische Kommission im Dezember 2015 einen Richtlinienvorschlag, den sogenannten European Acessibility Act vorgelegt. Nach diesem Entwurf sollen in Deutschland erstmals auch verschiedene Branchen der Privatwirtschaft, explizit genannt ist der Bereich E-Commerce, zu barrierefreien Webangeboten verpflichtet werden. Zurzeit wird der Entwurf abschließend diskutiert und soll noch im Jahr 2018 verabschiedet werden.

Was kommt auf Online- Händler zu, wenn die Richtlinie verabschiedet wird? Was bedeutet Barrierefreiheit im Web eigentlich und wer profitiert davon? Wie lässt sich ein gut zugänglicher Webauftritt umsetzen und welche Kosten entstehen?

Um Fragen wie diese zu beantworten, kooperiert der bevh mit dem Projekt BIK für Alle (BIK steht für barrierefrei informieren und kommunizieren). BIK für Alle wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert, um über Vorteile und Umsetzungsmöglichkeiten eines barrierefreien Internets aufzuklären. Denn barrierefreies Webdesign ist mehr ist als ein lästiges Muss – Barrierefreiheit nutzt vielen Menschen, nicht zuletzt den Webanbietern selbst. Sie erweitern ihre Kundengruppe und verbessern das Suchmaschinenranking.

Barrierefreiheit im Web – wer profitiert davon?

Ein barrierefreier Internetauftritt kann von allen Menschen einfach und gut genutzt werden, egal, ob mit oder ohne Behinderung. Ein weltweiter Standard, die Web Accessibility Guidelinies (WCAG), gibt die Anforderungen an Barrierefreiheit vor. Ob diese Kriterien berücksichtigt wurden, sieht man einer Website von „außen“ nicht an. Barrierefreie Websites sehen nicht langweiliger aus oder müssen nicht auf aktuelle Features verzichten.

Was macht Barrierefreiheit dann aus? Und welche Nutzergruppen benötigen barrierefreies Design? Einige Beispiele:

Blinde und hochgradig sehbehinderte Menschensind besonders internetaffin. Eine Sprachausgabe liest ihnen den Internetauftritt vor, die blinden Nutzer schreiben und navigieren mit der Tastatur. Um eine Seite zu „überfliegen“, können sie zum Beispiel von Überschrift zu Überschrift springen. Damit die Sprachausgabe sämtliche Inhalte und Elemente einer Website wiedergeben kann, müssen diese jedoch korrekt ausgezeichnet sein. Überschriften müssen etwa mit dem entsprechenden Html-Code versehen werden. Die spezielle Software blinder und sehbehinderter Menschen kann die Auszeichnungen dann erfassen – übrigens genauso wie die ebenfalls „blinden“ Suchmaschinencrawler.

Viele Personen mit Seheinschränkung benötigen keine speziellen Hilfsmittel. Für sie ist es wichtig, dass sich Internetseiten gut vergrößern lassen oder Schriftkontraste gut sind. Menschen mit eingeschränkter Handmobilität, z.B. Rheuma, Gicht oder Arthritis, können unter Umständen die Computermaus nicht nutzen. Stattdessen arbeiten sie mit der Tastatur oder besonderen Eingabegeräten. Für sie ist es wichtig, dass der Auftritt tastaturbenutzbar ist. Auch hierauf sollte bereits bei der Entwicklung geachtet werden.

Ein weiteres Beispiel: Der Einsatz von Videos wird immer beliebter. Für gehörlose oder schwerhörige Zuschauerist die Untertitelung der Videos ganz wesentlich. Und schließlich bieten barrierefreie Webangebote auch für ältere Menschen viele Vorteile, eine gute Orientierung und einfache Navigationsmechanismen gehören dazu.

Vorteile für Webanbieter - Aber nicht nur für Menschen mit Einschränkungen bietet Barrierefreiheit eine Chance, auch Shop-Besitzer sollten die Vorteile erwägen:

  • Zielgruppe erweitern: Für Menschen mit Behinderung ist das Einkaufen vor Ort häufig mit Schwierigkeiten verbunden. Sie nutzen barrierefreie Webangebote sehr gerne zum Shoppen.
  • Suchmaschinenoptimierung: Durch einen semantischen Code, klarer Strukturierungen und Alternativtexte sind barrierefreie Webangebote in hohem Maße suchmaschinenfreundlich. 
  • Hohe technische Standards: Barrierefreie Internetseiten erfüllen höchste technische Standards. Webseiten werden browser- und plattformunabhängig gut dargestellt, haben schnelle Ladezeiten und sind leicht zu pflegen und zu warten.
  • Zukunftsorientierung: Barrierefreiheit und Inklusion liegen im Trend. Wer Barrierefreiheit umsetzt, zeigt soziale Verantwortung und tut gleichzeitig etwas Positives für sein Image.

Barrierefreiheit umsetzen

Barrierefreies Einkaufen im Web ist heute noch nicht die Regel. Dies zeigt etwa eine Studie (https://www.t-systems-mms.com/expertise/downloads/studie-barrierefreie-it-onlineshops.html) von T-Systems, in der die 15 umsatzstärksten Web-Shops in Deutschland auf Barrierefreiheit getestet wurden. Das Ergebnis: Nur ein Shop erreichte die Bewertung „gut zugänglich“. 10 Shops wiesen so große Mängel auf, dass Sie von Menschen mit Behinderung nicht selbständig genutzt werden können.

Wie sehen die Anforderungen an barrierefreies Webdesign aus?

Welche Anforderungen es gibt und wie diese genau aussehen, ist in den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) definiert. Diese Empfehlungen wurden vom World Wide Web Consortiums (W3C) entwickelt und sind international anerkannt. So hat Deutschland die Anforderungen der WCAG fast deckungsgleich übernommen und im Jahr 2002 die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) verabschiedet, die alle Bundesverwaltungen zu barrierefreiem Internet verpflichtet. Außerdem ist die WCAG Bestandteil der europäischen Norm EN 301 549 (PDF 1,56 MB).

Inhaltlich gibt der Standard detaillierte Kriterien wie zum Beispiel die Tastaturbedienbarkeit und gute Vergrößerbarkeit eines Webauftritts, kontrastreiche Schriften, Textalternativen für grafische Inhalte, konstistente Navigation etc. vor.