Zielgruppen - Welche Beeinträchtigungen sind gemeint?

Auch wenn man bei der Gestaltung eines barrierefreien Onlineshops zuerst an Hilfen für Menschen mit Sehproblemen denkt, sind die Barrieren im Internet doch vielseitiger als viele zunächst annehmen. Man unterscheidet vier große Gruppen:

a) Sehbeeinträchtigung
b) Hörschädigung und Gehörlosigkeit
c) manuell-motorische Einschränkungen
d) Kognitive Einschränkungen oder Konzentrationsschwäche

Speziell für Menschen mit kognitiven Einschränkungen wurde die sogenannte „Leichte Sprache“ entwickelt. Sie folgt festen Regeln zum Schreiben von Texten. So sind z.B. nur kurze Sätze in der aktiven Form zu verwenden. „Leichte Sprache“ ist zu unterscheiden von „einfacher Sprache“. „Leichte Sprache“ wurde von Menschen mit kognitiver Behinderung überprüft, wohingegen „einfache Sprache“ die Bemühung ist, einfach zu schreiben. Ein Beispiel für Texte in leichter Sprache findet sich bei www.nachrichtenleicht.de vom Deutschlandfunk.
 

Im Internet surfen ohne zu sehen? Mit einem Refreshable Braille Display lassen sich Sehbehinderte Webseiten-Text in Blindenschrift anzeigen, navigieren durch Menüs oder öffnen Apps.
 

Wer bestimmt, was "barrierefrei" ist? Was heißt „wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust“?

Die UN-Behindertenrechtskonvention hat einen weltweit anerkannten Standard entwickelt, der vorgibt, welche Kriterien ein barrierefreier Onlineshop erfüllen soll, die sog. „Web Content Accessibility Guidelines“ (WCAG 2.1). Die Version WCAG 2.2. befindet sich aktuell im Entwurfsstatus. Diese Leitlinien wurden vom „World Wide Web Consortium“ (W3C) entwickelt und können hier aufgerufen werden: https://www.aktion-mensch.de/inklusion/barrierefreiheit/web-content-accessibility-
guidelines

Die vier Grundprinzipien für Accessibility lauten:

1. Wahrnehmbarkeit, d. h., die Informationen und Komponenten der Webseite müssen den Nutzern in einer Weise dargestellt werden, dass sie sie wahrnehmen können (bspw. durch Untertitel, Alt-Texte);

2. Bedienbarkeit, d. h., der Nutzer muss die Komponenten und die Navigation handhaben können (also Steuerung auch über Tastatur);

3. Verständlichkeit, d. h., die Informationen und die Handhabung der Webseite müssen verständlich sein (Logischer Aufbau, klare Fehlermeldungen);

4. Robustheit, d. h., die Inhalte müssen robust genug sein, damit sie zuverlässig von einer Vielfalt von Benutzern, einschließlich assistiver Technologien, interpretiert werden können (gültige HTML-Codes).

Der Grad der Barrierefreiheit wird in 3 Stufen eingeteilt (A, AA und AAA), wobei AA als Standard angesehen wird.

Aufgrund von § 12a ff. Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) in Verbindung mit der ergänzenden Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) sind bereits jetzt schon Internetauftritte von öffentlichen Stellen barrierefrei. Maßgeblich für Behörden EU-weit ist dabei die harmonisierte, europäische Norm DIN EN 301 549 mit dem Titel “Accessibility requirements for ICT products and services”. Dabei wurden die Kriterien der WCAG übernommen, wobei jedoch die EN 301 549 etwas weiter geht als die WCAG – die WCAG sind dort erst in Kapitel 9 erwähnt. Behörden wenden die Standards also bereits an. Einen Verweis auf diese konkreten technischen Standards sieht weder das BFSG noch das BFSGV vor, jedoch beinhaltet § 4 BFSG einen Vermutungsregelung, die sich auf die WCAG und die DIN EN 301 549 bezieht.
 

Was bedeutet "Accessibility" und "Usability"?

Barrierefreier Zugang heißt gute Programmierung. So sollten Onlineshops kompatibel sein mit gängigen Screenreadern. Denn viele sehbeeinträchtigte Verbraucher verwenden Screenreader, um sich im Internet zurecht zu finden und durch den Internetauftritt zu navigieren. Screenreader sind beispielsweise schon in vielen Browsern eingebunden, werden aber auch als eigenständige Software angeboten. Onlinehändler müssen sicherstellen, dass ihre Webseite von solchen Screenreadern gelesen werden können. Als grober Leitfaden hilft das „2 Sinne-Prinzip“ – alle Inhalte auf der Webseite sollten über zwei Sinne erreichbar sein. Das heißt zum Beispiel, dass eine Webseite sowohl per Maus als auch per Tastatur bedienbar sein muss oder dass ein Bild einen alternativen Text für Blinde hat oder das ein Video mit Untertitel für Gehörlose ausgestattet wird. Mit diesem Prinzip werden circa 80 % der Barrierefreiheitsprobleme bereits gelöst. Gute Usability wird geleitet durch eine gute Seiten- und Navigationsstruktur und verfolgt den Ansatz, Komplexität durch gute Struktur in Anwendungen zu reduzieren. Beim inklusiven Design wird besonders die Zugänglichkeit für Menschen mit Seh-, Hörschwäche, kognitiven und motorischen Einschränkungen berücksichtigt. Letztendlich geht es immer darum, dem Kunden – auch unabhängig von seinen Einschränkungen - erkennbare und sinnvolle Wege anzubieten. Klar gestaltete Seiten, gut lesbare Schriftarten und eine ausreichend große Basisschrift verbessert die Usability nicht nur für Menschen mit Behinderung.Beispiel: Blinde und hochgradig sehbehinderten Menschen können sich mit Hilfe einer Sprachausgabe eine Internetseite vorlesen lassen. Um sich dabei aber gut orientieren zu können und die Seite „überfliegen“ zu können, springen sie von Überschrift zu Überschrift. Damit die Sprachausgabe die Inhalte der Überschrift aber wiedergeben kann, müssen diese mit einem entsprechenden HTML-Code versehen sein und dürfen nicht nur als Bild-Datei angegeben sein.