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Was tun bei ID-Grabbing?

Gastbeitrag 3 (von 5) von Dr. Martin Schirmbacher, HÄRTING Rechtsanwälte PartGmbB

Der ID-Klau ist aus rechtlicher Sicht kein neues Phänomen. In den 90er-Jahren mussten viele Unternehmen bei der Registrierung von Domains feststellen, dass der gewünschte Domain-Name bereits an jemand anderes vergeben war. Dieses Phänomen gibt es auch in den sozialen Netzwerken.

Wenn Sie beim Erstellen der Facebook-Seite feststellen, dass Ihr gewünschter Name bereits vergeben ist, wird Ihr Unternehmen versuchen müssen, die gewünschte Seite zu erwerben. Einen Anspruch auf Unterlassen oder gar Übertragung besteht nur, wenn die Nutzung des Namens klar rechtswidrig ist.

ID-Grabbing nach Eintragung einer Domain

Ähnlich wie im Domainrecht gilt grundsätzlich das Prioritätsprinzip. Wer zuerst eine Domain oder einen Account-Namen registriert hat, steht dieser auch zu. Allerdings ist nicht rechtlos, wer feststellen muss, dass der Slogan des Unternehmens, der Name der Firma oder die wesentliche Unternehmensmarke in einem sozialen Netzwerk bereits als Account besetzt ist. Hierbei wird häufig ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Namens oder der Marke in den sozialen Netzwerken bestehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn erkennbar ist, dass die ID nur registriert wurde, um sie anschließend an den Berechtigten zu verkaufen. Nachweisen lassen wird sich dies aber nur in eindeutigen Fällen oder wenn die ID tatsächlich zum Kauf angeboten wird, was aber eher selten der Fall ist.

Insbesondere, wenn der Inhaber des umstrittenen Accounts selbst solide Argumente dafür vorbringen kann, warum er die ID registriert hat, ist ein Übertragungsanspruch schwierig. Das ist – genau wie im Domainrecht – häufig dann der Fall, wenn die Marke oder Unternehmensbezeichnung zugleich ein Gattungsbegriff ist.

Insbesondere Markeninhaber haben aber vergleichsweise gute Karten, ohne eine Zahlung an den ID-Grabber an den Account zu gelangen. Allerdings setzt ein markenrechtlicher Anspruch stets ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus. Nutzt der Werber die Marke des Unternehmens in dem Netzwerk ausschließlich zu privaten Zwecken, ist es mit einem markenrechtlichen Anspruch schwierig.

In diesen Fällen hilft häufig das Namensrecht. Insbesondere, wenn der Unternehmensname selbst betroffen ist, kann der ID-Grabber auf Unterlassung der Namensnutzung in Anspruch genommen werden. Hat der Inhaber des Accounts keine eigenen Rechte an dem Namen, sind Unterlassungsansprüche in aller Regel gegeben. Schwierig ist es wiederum, wenn der Gegner den gleichen Namen trägt. Dann kann allenfalls eine überragende Bekanntheit des Konzerns, der den Account holen möchte, helfen.

Bei ID-Grabbing Netzwerke direkt kontaktieren

Ist der Inhaber eines rechtswidrig belegten Accounts nicht ermittelbar, sollte das Netzwerk direkt kontaktiert werden. Die Betreiber dürfen Rechtsverletzungen in ihren Plattformen nicht dulden und müssen gegebenenfalls einschreiten.

Problematisch wird allerdings häufig sein, dass sich aus der Plattform nicht ohne weiteres ermitteln lässt, wer Betreiber des jeweiligen Accounts ist. Es gibt auch kein öffentlich zugängliches Verzeichnis, aus dem sich die Inhaberschaft an einem Account ergeben würde.

Die Erfahrung zeigt aber, dass jedenfalls Facebook, Twitter und Instagram auf offensichtliche Markenverletzungen vergleichsweise zügig reagieren. Insbesondere wenn man den Netzwerken ein PDF der Markenurkunde beilegt, wird in der Regel schnell gehandelt. Insbesondere Facebook sieht umfangreiche Informationen für Markenverletzungen vor: https://www.facebook.com/help/440684869305015/.

Hintergrund für die Kooperation der Plattformbetreiber ist, dass sowohl nach deutschem als auch amerikanischem Recht die Betreiber der Social-Media-Netzwerke ab Kenntnis eine gewisse Mitverantwortung für etwaige Markenverletzungen durch ID-Grabber haben und insofern zum Handeln veranlasst sind.

Registrieren statt ärgern

Jedes Unternehmen sollte die verschiedenen Netzwerke beobachten und gegebenenfalls rechtzeitig einen Account bei neuen sozialen Netzwerken anlegen. Insofern empfiehlt sich ein dauerhaftes Monitoring. Aus Unternehmenssicht ist ratsam, die dafür zuständigen Mitarbeiter ohne Weiteres und ohne größeres Aufheben zu der Registrierung neuer Accounts zu ermächtigen. Zeitverzögerungen können dazu führen, dass bei der späteren Registrierung festgestellt werden muss, dass der Wunschname bereits belegt ist. Sollte dies aus Compliance-Gründen für notwendig gehalten werden, kann die Nutzung des Accounts in einem neuen Netzwerk von der Zustimmung der zuständigen Gremien im Unternehmen abhängig gemacht werden. Die Registrierung sollte allerdings ohne eine solche Zustimmung möglich sein.

Es existieren verschiedene Tools für einen unproblematischen Check der verfügbaren Account-Namen in den unzähligen, immer wieder neu aus dem Boden schießenden Netzwerken. Spezialisierte Dienstleister bieten gegen vergleichsweise überschaubares Entgelt auch die automatische Registrierung in allen relevanten Plattformen an.

Somit ist es empfehlenswert, die für das Unternehmen wichtigen Zeichenfolgen schnell bei allen relevanten (neuen) Netzwerken registrieren zu lassen. Dies ist häufig günstiger, als sich geklaute IDs später holen zu müssen.

Das neue Buch Online-Marketing- und Social-Media-Recht von Dr. Martin Schirmbacher von unserem Preferred Business Partner HÄRTING Rechtsanwälte ist vor kurzem in 2. Auflage erschienen. Im Buch geht es um rechtliche Belange für Online-Shops und alle gängigen Online-Marketing-Methoden. Das Buch enthält viele Checklisten und Mustertexte im Anhang. Alle angesprochenen Urteile sind im Anhang noch einmal kurz zusammengefasst.