Ein Gastbeitrag von Johannes W. Klinger, Websale AG
Anfang der 1990’er Jahre wird das kommerzielle Internet geboren. 1993 folgt der erste grafikfähige Webbrowser und legt den Grundstein für die schnell zunehmende Popularität des Internets inklusive der ersten Ansätze für den Verkauf darüber. Mitte 1995 verkaufte Amazon sein erstes Buch, kurz danach startete eBay. Seitdem ist der Onlinehandel mit immer stärkerer Dynamik auf dem Vormarsch und heute elementarer Bestandteil des Handels. Als Basis des eCommerce gewann dabei kaum etwas so sehr an Bedeutung wie die Shopsoftware. Sie ist maßgeblich am Erfolg eines Onlineshops beteiligt. Ein Entwicklungsüberblick.
In den letzten 20 Jahren entwickelte und veränderte sich der eCommerce von einer Randerscheinung zum fest etablierten Geschäftsmodell. Viele technische Lösungsansätze wurden dabei gelobt oder belächelt. Kaum jemand nahm zum Beispiel 1996 die in Webseiten eingebettete Funktionssprache Javascript ernst. Heute ist sie aber eine der wichtigsten Bestandteile von modernen Shops. Anders lief es mit dem 1999 für Mobiltelefone entwickelten WAP, das geradezu als Revolution des eCommerce hochgejubelt wurde, aber heute völlig bedeutungslos ist. Der Wunsch der Anwender nach Mobile Commerce war zwar zunächst gering, setzte sich aber mit der Verfügbarkeit von Smartphones mit größeren Bildschirmen mit Vehemenz durch. Solche technologischen und anwenderorientierten Aspekte verändern laufend die Ansprüche, die Onlineshops respektive Versandhändler an ihre Shopsoftware stellen. Da eine gute Lösung einen spürbaren Nutzen und steigende Umsätze bewirkt, ist die Software über die Jahre sogar zum Wachstumsmotor geworden.
Früher war nicht alles besser
Anfangs herrschte die Meinung vor, dass mit dem Internet kein relevantes Geschäft möglich sei. Insbesondere für mittelständische Unternehmen schien das World Wide Web eine temporäre Modeerscheinung. Jedoch erkannten einige große deutsche Unternehmen wie zum Beispiel Quelle, dass zumindest eine Internetpräsenz nicht schädlich ist. Sie wurde neben der Eigenpräsentation hauptsächlich dafür verwendet, um auf das Sortiment beziehungsweise auf die Ware aufmerksam zu machen und sie vorzustellen. Zwar konnte in den ersten Onlineshops tatsächlich eingekauft werden, die Umsätze waren allerdings marginal. Die Anforderungen an die Shopsoftware waren entsprechend überschaubar: Sie musste lediglich die Produkte zeigen und eine Bestellung grundsätzlich ermöglichen. Entscheidender war anfangs der Hinweis auf das nächste stationäre Geschäft.
1997 drang dank IBM mit seiner breit aufgestellten Kampagne „Solutions for a small planet“ eCommerce immer mehr in das Bewusstsein der Unternehmen und Konsumenten. Es wurde zunehmend als wichtiger erkannt, Produkte und Dienstleistungen über das Internet anzubieten und aktiv zu verkaufen. Die Bedeutung und damit der Stellenwert der Shopsoftware wuchs. Aber noch immer standen nicht Einkaufserlebnis, Geschwindigkeit, Sicherheit oder Konversion im Fokus. So konnten selbst technologisch zentrierte Oberflächen mit sogenannten Java-Beans kurzzeitig Fuß fassen. Da aber die Ansprüche an Design, an die Unterstützung laufend neuer Zahlungsarten und auch die Usability stiegen, setzte sich HTML als besserer Standard durch. 2000 platzte dann zwar mit der Internetblase zunächst der Traum, durch Aktien im Internet tätiger Unternehmen vermögend zu werden, aber der eCommerce profitierte. Die Technologie war da, sie entwickelte sich weiter und schuf immer neue Vorzüge des Onlinehandels. Allerdings waren viele Onlineshops noch jahrelang technisch anfällig und vor allem die Datensicherheit vieler Shopsoftware ließ bis weit in die 2000er Jahre hinein sehr zu wünschen übrig. Die neuen Möglichkeiten des HTML befeuerte jedoch die Ansprüche an das optische und damit ansprechende Design von Onlineshops. Diejenigen, die durch gute Shopsoftware Produkte attraktiver präsentieren konnten und durch gute Benutzerführung die Käufer erfreuten, hatten einen deutlichen Vorteil.
Leben im Jetzt
Heute ist eCommerce fest im Alltag angekommen. Zahlreiche Händler betreiben ihren Handel ausschließlich Online. Andere bringen über Multichannel mehrere Verkaufskanäle in Einklang. Neben Online-Kanälen spielen derzeit auch wieder verstärkt Offline-Kanäle, insbesondere der Verkauf über Filialen eine wichtige Rolle. Das Shopsystem ist dabei heute der elementare Kern eines erfolgreichen Onlineshops. Entscheidend sind nicht mehr nur ein oder zwei Hauptfaktoren, sondern eine Fülle unterschiedlichster Faktoren. Der Shop muss das einheitliche Look and Feel aller Kanäle ermöglichen. Er muss gute Suchmaschinenunterstützung bieten, mit Oberflächen und Eingriffsmöglichkeiten für SEO-Spezialisten. Spätestens jetzt, da die neue EU-Datenschutzverordnung vor der Einführung steht, ist die nachvollziehbare und sichere Speicherung der Kundendaten eine Basisanforderung. Natürlich müssen effiziente und stabile Datenflüsse zu verschiedensten Stellen, Warenwirtschaft, ERP, Logistik, Payment, Suchdiensten, Trackingdienstleistern und vielen mehr vorhanden sein.
Eine weitere Anforderung ist die bestangepasste Darstellung und Bedienung auf jedem Endgerät, wie zum Beispiel Desktop, Tablet oder Smartphone, und zwar sowohl mit den vom Desktop gewohnten Funktionalitäten als auch begeisterndem Design. Neben dieser optimalen Darstellung ist dabei ein weiterer Faktor maßgebend: Geschwindigkeit. Denn sie ist direkt mit verantwortlich für die Kundenzufriedenheit und damit für die Konversionsrate. Studien zeigen, dass langsamer aufbauende Shopseiten nicht nur mit schlechteren Positionen in Suchmaschinen bestraft werden, sondern auch von den Käufern durch eine höhere Absprungrate. Denn bei langen Ladezeiten entsteht bei den Käufern Einkaufsfrust statt Einkaufslust.
Käufer erwarten vom heutigen Onlinehandel eben jenen Komfort, der durch den bequemen Klick versprochen wird. Der Service-Gedanke bleibt dabei enorm ausgeprägt. Eine Beratungsfunktion oder der persönliche Ansprechpartner muss erfolgreich in den eCommerce implementiert werden. Daraus ergeben sich Anforderungen an die Shopsoftware: Gut formulierte, beratende und erklärende Inhalte sollten ergänzt werden durch multimediale Inhalte, zum Beispiel Video-Tutorials oder 360-Grad-Bildansichten, nach Möglichkeit durch einen Live-Chat unterstützt. Analoges gilt für Rezensionsmöglichkeiten für Käufer oder Empfehlungen anderer Artikel. Wenn der Händler dann mit einem Shopsoftware-Anbieter zusammenarbeitet, der neue Leistungen und Anforderungen schnell in den Shop integrieren kann, entsteht eine Win-Win-Situation: Der Händler kann sich auf sein Kerngeschäft, den Verkauf, konzentrieren und das Einkaufserlebnis für den Kunden steigt.
Es bleibt spannend
Die Zukunft bringt eine gesteigerte Erwartungshaltung der Käufer. Mit kommenden, technischen Möglichkeiten nehmen ihre Anforderungen an eine ausgereiftere Bedienbarkeit der Onlineshops zu. So sind beispielsweise die Veranschaulichung von Möbeln im eigenen Wohnzimmer oder von Kleidung auf dem Käufer als on-screen 3D-Darstellungen oder zielgruppenorientierte Beratungsfunktionen denkbare Optionen, auf die sich die Shopsoftware einstellen sollte. Das bietet besonders mittelständischen Händlern die Möglichkeit, sich zum Beispiel mit Zielgruppenshops zu differenzieren und erfolgreich stabile Nischen zu bedienen.
Dies kann auch maßgeblich durch begleitende, informative Inhalte beeinflusst werden. Denn: Aussagekräftige Texte gewinnen immer mehr an Bedeutung. Produkte werden künftig nicht nur durch ihre Merkmale beschrieben, sondern durch die Lösung der Probleme, die sie potenziellen Käufern durch Ihre Eigenschaften bieten. Bereits heute profitieren Onlineshops, die Käufern durch gute Produkt- und Lösungsbeschreibungen Hilfestellung offerieren.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor liegt zudem in der nahtlosen und effizienten Verzahnung des Shopsystems mit anderen Systemen. Dies betrifft beispielsweise die Kommunikation zwischen Shopsoftware und Warenwirtschaft. In Zukunft werden sich weitere, derzeit noch nicht ausgereifte oder noch nicht verfügbare Versandhandelslösungen anschließen. Beispielsweise ist denkbar, dass der Shopbetreiber künftig die Dienstleistung eines Stunden-Lieferdienstes nutzen möchte. Dazu müsste die Shopsoftware dann in der Lage sein, vollautomatisch sowohl die Bestellung an die Warenwirtschaft oder Lagersoftware zu übergeben als auch zeitgleich deren Abholung und Zustellung per Drohne zu beauftragen.
Über den Autor:
Johannes W. Klinger ist Vorstandsvorsitzender der Websale AG. Das Unternehmen entwickelt und betreibt seit 1996 die gleichnamige Shop-Plattform „Websale“ für Online-Händler und gilt als First-Mover für SaaS-Shopsysteme in Deutschland. Es hat beinahe jede Station in der Entwicklung des eCommerce durchlaufen und passte die Shopsoftware immer wieder den neuen Anforderungen an. Aktuell wird es unter dem Namen „V8“ in der achten Version betrieben.