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Tipps für den Umgang mit internationalen Retouren

Ein Beitrag von Nadine Devisch, bpost International

Der grenzüberschreitende E-Commerce wird bis zum Jahr 2020 voraussichtlich um 75 % gewachsen sein (entsprechend einer Prognose der International Post Corporation). Deshalb mag Sie die Tatsache überraschen, dass derzeit nur jeder vierte EU-ansässige E-Tailer auch über seine Grenzen hinweg Handel treibt. Jedenfalls berichtet dies die Europäische Kommission in ihrem jüngsten Bericht über die Einstellungen der Einzelhändler zum grenzüberschreitendem Handel und Verbraucherschutz (EC’s Retailers’ attitudes to cross-border trade and consumer protection report). Während bislang die Handhabung von internationalen Retouren für einige Händler eine zu große oder gar abschreckende Herausforderung bedeutete, ist es beruhigend zu wissen, dass die Abläufe in Zukunft einfacher werden, denn sowohl Regierungen (insbesondere Regierungsbehörden wie die Europäische Kommission) als auch Postbetreiber arbeiten intensiv daran, Liefer- und Retourenabwicklung für den grenzüberschreitenden E-Commerce zu optimieren.

‚Easy Returns’-Lösungskonzept

Die International Post Corporation (IPC), ein weltweiter Verbund von 24 Postbetreibern, hat ein Konzept erarbeitet, das grenzüberschreitende Retouren so einfach und kostengünstig wie inländische machen soll. Eingeführt in 2010, gestattet das ‚Easy Returns’-Konzept den Kunden, bequem und portofrei Priority-Rücksendungen aufzugeben (wodurch dem Käufer eine risikofreie Kaufabwicklung zugesichert wird, die somit zu höheren Verkaufszahlen führt ), dank der Zuverlässigkeit der E-Parcel Group (EPG) , – einem integrierten Liefernetz, dem 31 Postbetreiber angehören. Versandhändler erstellen einen Doppelbarcode– einen für Postversand und –annahme, den anderen zur Autorisierung, bereits empfangene Postzustellungen zu retournieren – mit Hilfe dessen der Kunde dann seine Warenartikel von bestimmten Stellen aus, wie z.B. von Postämtern, zurückschicken kann. Ein Sendungsverfolgungsservice (Track and Trace-System) wirkt gleichermaßen beruhigend auf Kunden wie auf E-Tailer, die dadurch retournierte Artikel besser kontrollieren und managen sowie Kostenrückerstattungen einfacher abwickeln können. Oder auch darauf achten können, dass ein Artikel baldmöglichst als Retoure erfasst und somit wieder Teil des Lagerbestands werden kann. 

EU-Fernabsatzverordnungen

Versandhandelsbestimmungen können von Land zu Land recht unterschiedlich sein – auch wenn es sich dabei um eines von 28 EU-Mitgliedstaaten handelt. In Deutschland beispielsweise müssen Versandhändler bei Waren ab einem Preis von € 40 die gesamten Retourenkosten übernehmen, die Widerrufsfristen hingegen können oft variieren: von sieben Tagen im Vereinigten Königreich und in Spanien bis zu 14 Tagen in Deutschland oder Belgien.Die EU-Richtlinie zu Verbraucherrechten schreibt jedoch vor, dass von Juni 2014 an, in allen EU-Mitgliedstaaten eine 14-tägige Widerspruchsfrist zu gelten hat.

EU-Zollgebühren

Es ist wichtig, dass Sie Ihre Pflichten in jedem der verschiedenen Rechtssysteme genau kennen und stets über etwaige Veränderungen der Zollbestimmungen informiert sind. EU-weit werden beispielsweise bei allen Verbrauchern für retournierte Waren Zollgebühren erhoben, deren Wert € 22 übersteigt und die in ein nicht-europäisches Warenherkunftsland wiedereingeführt werden. Beachten Sie, dass Zollbehörden eventuell auch Zollgebühren für beschädigte Waren nach deren Restwert bestimmen. Helfen Sie dem Verbraucher, derartige Zollgebühren zu vermeiden, indem Sie einen Nachweis ausstellen, dass es sich bei der Ware um eine Rücksendung handelt. In den meisten Fällen wird auch mehr als nur ein einziger Retourennachweis benötigt. Dazu gehören die originale Zollbescheinigung, Originalverpackung und -etikettierung.

Herausforderungen in Nicht-EU-Mitgliedsländern

Außerhalb der EU existieren keine international anerkannten Versandhandelsverordnungen für Retouren (interessanterweise gibt es in Australien überhaupt keine Widerspruchsfrist). Auch sind die Versandkosten sichtlich höher. Kunden außerhalb der EU erscheint es oftmals zu kompliziert, Zollgebühren/Steuern wiedererstattet zu bekommen – oder aufgrund von Verwaltungsgebühren auch zu teuer – sodass es die meisten erst gar nicht versuchen. Glücklicherweise gibt es aber auch viele Länder, wie zum Beispiel Kanada, die gerade dabei sind, die Verfahren zur Rückerstattung von Zollgebühren und Steuern zu systematisieren und zu vereinfachen.

Kulturell unterschiedliche Erwartungen

Werden Retouren in Ihrem Zielland von Ihrer E-Tailing-Konkurrenz im Allgemeinen in Rechnung gestellt? Möglicherweise haben dortige Verbraucher in Bezug auf kostenlose Retouren kulturbedingt nicht dieselben Erwartungshaltungen wie Verbraucher in Amerika, Großbritannien und in vielen anderen Ländern. Ziehen Sie auch in Betracht, alternativ zur Rücksendemöglichkeit, Preisnachlässe für fehlerhafte Waren zu gewähren; mancher Kunde wird gerne einen Preisnachlass akzeptieren, wenn sich die mangelhafte Ware dennoch verwenden lässt (Zusammenfassender Bericht der EU-Kommission, Dezember 2009).

Klare Hinweise und Anweisungen für den Verbraucher

Da grenzüberschreitende Retouren mehr Zeit in Anspruch nehmen und unterschiedlichen Zollbestimmungen unterliegen, sollten Sie eine Reihe von Allgemeinen Geschäftsbedingungen speziell für Kunden in Übersee entwerfen(z.B. wie ASOS). 68 Prozent aller Käufer wissen gar nicht, wo sie sich überhaupt Ratschläge für grenzüberschreitendes Einkaufen holen können (siehe Bericht über die Einstellungen der Einzelhändler zum grenzüberschreitendem Handel und Verbraucherschutz der Europäischen Kommission). Bieten Sie deshalb auf Ihrer Webseite ein paar hilfreiche Links an, um ihre Kunden zu unterstützen – und damit Ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Um noch einmal das Beispiel Kanada anzuführen, so sollten Sie schon während des Kaufvorgangs auf Ihrer kanadischen Domain deutlich darauf hinweisen, dass bei Ihnen Retouren kostenlos und unkompliziert sind und alle Zollgebühren und Steuern erstattet werden. Geben Sie klare Anweisungen, wie und in welcher Verpackung die Waren retourniert werden sollen und helfen Sie dem Käufer dabei, den Status der Rücksendung beim Zoll nachzuweisen, indem Sie ihm per E-Mail eine Gutschrift senden. 

Angesichts der Tatsache, dass die rechtlichen und finanziellen Hindernisse immer niedriger werden – und innerhalb der 28 EU-Mitgliedsstaaten sind die Zollbestimmungen schon relativ einfach – sollten Sie eigentlich nicht mehr zu den 75 % der E-Tailer gehören (entsprechend einem Bericht der EU-Kommission), die sich gegenwärtig die vielfältigen Möglichkeiten entgehen lassen, die ihnen ein grenzüberschreitender E-Commerce bietet. Um nur drei zu nennen: 26 % aller Verbraucher in der EU gehen davon aus, dass sie in den nächsten 12 Monaten einen Einkauf jenseits ihrer Landesgrenzen tätigen werden (laut zuvor erwähntem Bericht der EU-Kommission); die Chance, in einer der größten E-Commerce-Regionen der Welt, in Nordamerika, Geschäfte zu machen; und Geschäftsmöglichkeiten in den schnell wachsenden Märkten der Schwellenländer, allen voran im asiatischen und pazifischen Raum, der voraussichtlich 2014 Nordamerika als weltgrößte E-Commerce-Region ablösen wird (Laut e-Marketer).

Über Nadine Devisch:

Nadine Devisch kam 2001 zur bpost-Gruppe, wo die Diplom-Biochemikerin und Inhaberin eines Masters in Betriebswirtschaft zunächst in den Abteilungen Logistik und Kundendienst von Taxipost beschäftigt war. Anschlieβend gehörte Nadine den Teams von bpost International an, für die sie, während sechs Jahren, die internationalen Beziehungen beim Paketversand und anderen grenzüberschreitenden Postdienstleistungen mit Nachverfolgung wahrgenommen hat. Ihre internationale Business-Expertise stellt Nadine gegenwärtig in den Dienst der Abteilung Marketing und Produktentwicklung, die sie seit September 2013 leitet.