SEAMLESS CUSTOMER EXPERIENCE
Es sind zwei komplett kontroverse Herausforderungen vor denen Unternehmen in Zeiten wie diesen, aber auch schon vor Corona stehen: wo erreiche ich meine (unbekannten) Kunden, wenn mir einer meiner wichtigsten Kanäle in Krisenzeiten wegbricht. Unabhängig von dieser Krise standen Unternehmen seit längerem vor der Fragestellung, wo sind meine derzeitigen und auch zukünftigen Zielgruppen unterwegs und wie spreche ich sie dort an; immer mit dem Hintergedanken, den traditionellen Vertrieb(-skanal) nicht zu kannibalisieren?
Die Antwort war bislang recht einfach: entweder hat man weitere Kommunikations- und Vertriebskanäle (im Folgenden Kanäle genannt) nur halbherzig in die Organisation integriert, um danach sagen zu können, dass diese meist ‘digitalen’ Maßnahmen eh keinen (massiven) Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben – man blieb beim altbewährten und eben nicht innovativ. Oder, man hat es erst gar nicht ernsthaft versucht, da die bereits beschriebene Antwort, die Maßnahmen hätten keinen Einfluss, einfach von den Wettbewerbern oder Artverwandten kopiert wurde; hierauf war man dann auch noch stolz, weil man damit angeblich weiser war. Und jetzt kommt eine Krise wie sie noch nicht da war, die Corona-Krise. Sie stellt alles dagewesene komplett auf den Kopf und die Unternehmen haben dabei nicht einmal Mitspracherecht. Die unterschiedlichsten Interest Journeys, wie die Customer Journey, Buyer‘s Interest Journey, User Journey und somit der Weg oder die Reise eines Kunden, Einkäufers, Anwenders vom Erstkontakt bis hin zum gewünschten Ziel wie beispielsweise dem Kauf einer Dienstleistung oder eines Produkts, verändern sich massiv von heute auf morgen. Dabei ändern sich die Bedürfnisse nur bedingt, sie streben einfach danach, weiterhin gestillt zu werden. Aber die Rahmenbedingungen haben sich geändert und traditionelle Kanäle wie der Bankschalter, oder das Treffen mit dem vertrauten Makler fallen aufgrund von „Social Distancing“, zeitweise komplett weg. Es darf aber auch nicht nur die Krise sein, die uns jetzt nachdenklich stimmt, wie wir unsere Kunden erreichen—vielmehr ist es unsere Verantwortung nachhaltig, im Sinne der langfristigen Daseinsberechtigung und Wettbewerbsfähigkeit, auch Nachhaltige Transformation genannt, zu denken und zu agieren. Heute verändern sich die Bedürfnisse nicht maßgeblich, die Herausforderung liegt darin sie zu stillen. Morgen hingegen ändern sich die Bedürfnisse und müssen anders gestillt werden. Egal, wie: es geht nur darum zu verstehen wo der (unbekannte) Kunde sich befindet, was er an dem jeweiligen Ort benötigt und wie man ihn begeistert am Ende zu kaufen oder einen Deal abzuschließen.
Auch diese Antwort war bislang recht einfach und ist nicht neu, jedoch aktueller denn je: SEAMLESS CUSTOMER EXPERIENCE, oder ganz einfach Omni-Kanal-Vertrieb!
Dieses SEAMLESS CUSTOMER EXPERIENCE klingt ungefähr so wie das letzte Buzzword, nur einen Tick länger. Aber auch wie in all den anderen Buzzwords steckt ein tiefgreifender Ansatz zum Unternehmenserfolg dahinter: die nahtlose oder auch kanalübergreifende Begeisterung des (unbekannten) Kunden. An dieser Stelle kann man den (unbekannten) Kunden nun auch einmal definieren. Der (unbekannte) ist der potenzielle Kunde, auch Lead genannt; abzugrenzen von dem Kunden/Bestandskunden. Beide haben für ein Unternehmen das Potenzial Umsatz zu erwirtschaften. SEAMLESS CUSTOMER EXPERIENCE ist damit das oberste Resultat, welches ein Unternehmen erzielen sollte, nämlich die Begeisterung dieser (unbekannten) Kunden, da sie dann auch kaufen werden. Der Ansatz dahinter ist der Omni-Kanal-Vertrieb. Ja klar denkt sich jeder Leser jetzt, das ist doch eine alte Kamelle. Aber nein, ist es eben nicht, da die meisten Unternehmen die Grundvoraussetzungen des Omni-Kanal-Vertriebs entweder noch nicht verstanden haben, oder es schlichtweg auf Grund ihrer starren Strukturen nicht umgesetzt bekommen - das ist jedoch fatal. In den meisten Fällen fehlt auch immer noch die notwendige Definition oder das fehlende Verständnis darüber.
Ein Unternehmen hat nicht nur ein Omni-Kanal-Vertrieb wenn es über mehrere Kanäle, wie den Außendienst, den Schalter, das Instagram-Profil, die Plattform oder die App, hinweg kommuniziert. Nein, es gilt alle diese Kanäle miteinander zu verknüpfen, so dass dem (unbekannten) Kunden zum einen mehrere Kanäle zur Information zur Verfügung stehen und er zum anderen spezielle Kanäle geboten bekommt den Abschluss zu finden. Diese zwei Aspekte und Fragestellungen sind essentielle im Omni-Kanal-Vertrieb:
- Welche Kanäle sind für meine derzeitige und zukünftige Zielgruppe relevant?
- Welche Aufgabe haben diese gewählten Kanäle und bei welchen findet der (unbekannte) Kunden eine Abschlussmöglichkeit.
Es ist daher nicht notwendig und strategisch auch nicht sinnvoll alle vermeintlich wichtigen Kanäle anzubieten. Hier gilt die Regel: lieber weniger Kanäle, aber richtig aufgesetzt und mit dem richtigen Content versehen. Auch dürfen sich die Kanäle nicht kannibalisieren. Ganz im Gegenteil, da sich die Kanäle gegenseitig beflügeln sollen. Das bedeutet aber auch, dass die Kanal-Strategie in der Organisation übergreifend erfolgen muss. Es dürfen keine Silos dazwischen entstehen, weil sonst das Prinzip des Omni-Kanal-Vertriebs nicht funktioniert.
Es gilt daher umso mehr eine klare, übergreifende Strategie zu definieren, welcher Kanal welche Aufgabe erfüllt und wie ein Unternehmen sie intelligent verknüpft, um einen traditionellen Kanal digital zu unterstützen. Als Beispiel kann man hier erwähnen, dass der Instagram-Kanal meist die Aufgabe der Leadgenerierung einer zukünftigen Zielgruppe erfüllt, die Konvertierung des Leads jedoch traditionell über den Makler stattfinden kann. Es gilt lediglich zu definieren, wie der Lead, also der (unbekannte) Kunde vom Instagram-Kanal zum Makler kommt; via Markenbekanntheit, Direct-Link zum Makler, Chatbot und noch weitere Möglichkeiten. Mit dieser Vorgehensweise kannibalisiert man auch den traditionellen Vertriebskanal nicht, sondern schützt diesen.
Wie folgt die wichtigsten Punkte eines Omni-Kanal-Vertriebs zusammengefasst:
- Der (unbekannte) Kunde und seine Bedürfnisse werden in den absoluten Mittelpunkt gestellt
- Omni-Kanal-Vertrieb ist in der oberste Organisationsebene eines Unternehmens zu verankern
- Die Grundlage eines Omni-Kanal-Vertriebs ist eine klar definierte Strategie inkl. eines Customer Journey Mappings
- Jeder definierte Kommunikationskanal muss eine abgestimmte Zielsetzung im kanal-übergreifenden Kontext besitzen
- Es darf keine Kannibalisierung zwischen den Kanälen herrschen
- “Digital” ist eine essentielle Stütze des traditionellen Vertriebs