Blog:

Rückblick 2018, Teil II

zusammengefasst von Eva Rohde (bevh)

Auch auf Seite der Judikative gab es einige Entscheidungen, die für Onlinehändler von großer Bedeutung sind. Hier werden in einer Kurzfassung die relevantesten acht Themen aus dem Jahr 2018 zusammengefasst, in denen beachtenswerte Urteile ergangen sind.

Informationspflicht im Onlineshop unmittelbar vor Bestellabgabe des Verbrauchers, LG München I, Urt. v. 04.04.2018, Az. 33 O 9318/17

Das LG München hat einen strengen Maßstab an die Angaben auf der Bestellabschlussseite im Onlineshop angelegt. Nach Ansicht der Robenträger kommt es auf die Angaben im Warenkorb oder auf der Produktseite nicht an. Vielmehr müssen die „wesentlichen Merkmale“ einer Ware auf der Bestellabschlussabseite angegeben werden. Was die „wesentlichen Merkmale“ sind, bedarf einer wertenden Betrachtung im Einzelfall - bei Bekleidung ist es das Material (da u.a. Indiz für Preis-Leistungsverhältnis und Reinigungsmöglichkeiten), bei Sonnenschirmen das Material des Bezugsstoffs, des Gestells und das Gewicht (da Indiz für UV-Beständigkeit, Haltbarkeit des Produkts, Transportmöglichkeit und Standfestigkeit). Insbesondere im Hinblick auf die Pflichtangaben bei Lebensmittel stellt dieses Urteil Onlinehändler vor große Herausforderungen.

Zulässigkeit von AdBlockern, BGH, Urt. v. 19. 04.2018, Az. I ZR 154/16

Im April entschied der BGH, dass das Modell „AdBlock Plus“ zulässig sei. Nach seiner Ansicht stelle es keine unlautere Handlung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar, da mit dem Werbeblocker die Funktionsfähigkeit der Internetseite selbst nicht beeinträchtigt werde. Die mittelbare Beeinträchtigung, die die Domaininhaber damit erleiden, sei zudem hinnehmbar. Schließlich hätten die Domaininhaber noch die Möglichkeiten ihre Inhalte gegen Entgelt anzubieten oder Domainbesuchern den Content nur dann anzubieten, wenn diese den Werbeblocker abschalten. Der Groll der Kunden wird sich dann aber nicht gegen den Werbeblocker richten, sondern gegen den Domaininhaber und den Werbenden.

Haftung für Facebook Fanpage, EuGH, Urt. v. 05.06.2018, Az. C-210/16

Am 05.06.2018 urteilte der EuGH, dass Betreiber von Facebook-Fanpages neben Facebook Mitverantwortliche im Sinne des Datenschutzrechtes seien. Folge des Urteils ist zunächst, dass Fanpage-Betreiber ab sofort dem Grunde nach für die als datenschutzwidrig unterstellte Praxis von Facebook verantwortlich gemacht werden können, einschließlich aller daraus folgenden Sanktionsmöglichkeiten der Behörden und Unterlassungsansprüche Dritter. Hintergrund ist die Funktion „Facebook Insights“, die nach den Ausführungen des EuGH als „nicht abdingbarer Teil“ des Fanpage-Vertrages auf jeder Fanpage per default durch Facebook implementiert wird. Facebook stellt mittlerweile ein Dokument zur Verfügung, bei dem es sich um die von Datenschutzbehörden geforderte Vereinbarung handeln. Das Dokument gilt nur für den Fall, dass ein Seitenbetreiber die Funktion „Seiten-Insights“, d.h. die Möglichkeit statistischer Auswertungen der Nutzung der Fanpage, nutzt.

Angabe bei reinen Textilien, EuGH, Urt. v. 05.07.2018, Az. C-339/17
Der EuGH hat in einem Vorabentscheidungsersuchen (Urt. v. 05.07.2018, Az. C‑339/17) geurteilt, dass bei reinen Textilien die Faserzusammensetzung nicht zwingend angegeben werden muss. Begründet wird dies mit dem Wortlaut von Art. 7 (1) der Textilkennzeichnungsverordnung, der ausdrücklich von „dürfen“, nicht „müssen“ spricht. Und da Art. 9 der TextilKVO die Gewichtsangabe nur für Multifaser-Textilerzeugnisse vorsieht, fallen unter diese Pflichtangabe eben nicht die reinen Textilerzeugnisse. Auch wenn die Auswirkungen des Urteils doch relativ gering sein dürften, ist es doch ziemlich überraschend, da entgegen der Tendenz hier die Informationspflicht für Händler erleichtert wird.

Zulässigkeit von Kundenzufriedenheitsumfragen, BGH, Urt. v. 10.07.2018, Az. VI ZR 225/17

Dieses Jahr gelangte ein Fall zur Frage der Zulässigkeit von Kundenzufriedenheitsumfragen zum BGH. Dieser bestätigte die bisher hierzu ergangen Urteile und bejahte den Werbecharakter von Aufforderungen zur Abgabe einer Kundenbewertung. Folglich sind solche Anfragen grds. nur nach vorheriger Einwilligung des Kunden zulässig. Allerdings dürfen die Vorgaben des § 7 UWG nicht unterlaufen werden, sodass die Bitte um Bewertung des Produkts im Rahmen der Bestandskundenwerbung zulässig sein dürfte.

Inhaltsstoffe von Kosmetika sind Pflichtangabe laut OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.09.2018 - Az.: 6 U 84/17

Die Richter des OLG Karlsruhe (Az. 6 U 84/17) sind der Meinung, dass auch im Onlineshop die Inhaltsstoffe von (Natur-)Kosmetika anzugeben sind.Diese Pflicht ergibt sich zwar nicht aus der EU-KosmetikVO, aber – nach Ansicht des Gerichts - aus § 5a Abs.2 und 4 UWG: Dem Verbraucher müssen zum Zeitpunkt seiner Kaufentscheidung alle für ihn relevanten Informationen zur Verfügung stehen. Hierzu zählt nach Auffassung des Gerichts auch die Angabe der Inhaltsstoffe, da sich der Verbraucher über mögliche allergene Stoffe oder Unverträglichkeiten informieren können muss. Das Gericht räumt Onlinehändlern die Möglichkeit ein, den Anforderungen über einen Link auf die entsprechende Informationsseite des Kosmetikherstellers zu entsprechen.

Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen die DS-GVO, LG Würzburg, Beschl. v. 13.09.2018, Az. 11 O 1741, LG Bochum, Urt. v. 07.08.2018, Az. I-12 O 85/18, OLG Hamburg Urt. v. 25.10.2018 - Az. 3 U 66/17

Zu der Frage, ob Verstöße gegen die DS-GVO wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden können, sind bei deutschen Gerichten bisher alle Meinungen vertreten: von einem klaren „Nein“ über ein „es-kommt-darauf-an“ zu einem überzeugten „Ja“ findet man alle Ansichten in den bisherigen Rechtsprechungen. Kern des Problems die Frage, ob die Ansprüche im 8. Kapitel der DS-GVO abschließend sind oder nicht und ob es sich bei Verstößen gegen die DS-GVO um ein wettbewerbsrechtliches Marktverhalten handelt. Es bleibt abzuwarten, wann diese Frage höchstrichterlich entschieden wird.

Energieeffizienz bei Staubsaugern, EuG, Urt. v. 08.11.2018, Az. T-544/13

Am 08.11.2018 erklärte der EuG (Az. T-544/13) die aktuelle EU-Verordnung über die Energieverbrauchskennzeichnung von Staubsaugern für rechtswidrig. Als Grund wurde angeführt, dass das in der Verordnung vorgeschriebene Testverfahren nicht die realistischen Gebrauchsbedingungen widerspiegele – die Verordnung sah vor, dass die Energieeffizienz eines Staubsaugers mit einem leeren Staubsaugerbeutel zu testen sei. Da aber nur die wenigsten Haushalte immer mit einem leeren Staubsaugerbeutel saugen, würde das Testverfahren nicht die Energieeffizienz beim tatsächlichen Gebrauch wiedergeben.

Über die meisten Urteile und Einschätzungen der Richter lässt sich vorzüglich streiten, zumal die praktische Umsetzung der Entscheidungen die Onlinehändler oftmals vor ein Rätsel stellen und mit nicht unerheblichem Aufwand verbunden sind. Auch die widersprüchlichen Entscheidungen (bspw. bzgl der Abmahnfähigkeit von Verstößen der DS-GVO) machen Händlern zu schaffen. Bleibt zu hoffen, dass im neuen Jahr Unklarheiten beseitigt werden und auch die Umsetzungsmöglichkeiten im Verhältnis zum Nutzen von Richtern mehr in den Fokus gestellt werden.