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RTB - Wie bietet der Hersteller ohne Händler?

verfasst von Martin Groß-Albenhausen

Am Rande unseres B2B-Tages vergangene Woche habe ich mit Stephan Sigloch von Netformic und einigen Versender-Kollegen über den Margendruck durch Bietsysteme im Real Time-Advertising gesprochen. In einigen Kategorien, etwa Elektronik, wird nur noch auf die Mindestmarge geboten.

Mit anderen Worten: Die Spirale geht so weit nach unten, dass jeder, der nicht seine Prozesse auf absoluteste Effizienz getrimmt hat, entweder an Sichtbarkeit verliert oder Werbung zu teuer einkauft. Wer sich die Geschäftsentwicklung der Elektronik-Shops ansieht – sowohl umsatz- als auch und gerade ergebnisseitig – erkennt auch hier die bevorstehende Konsolidierung.

Eine spannende Frage zum Wochenstart schließt sich hier an. Wenn die Befürchtung zutrifft, dass Händler aufgrund dieses Margendrucks aus dem System gedrängt werden und nur noch Hersteller direkt verkaufen – greift dann das Bietsystem auch unbarmherzig ihre Prozesse an?

Für den Händler ist Real Time Bidding noch verhältnismäßig einfach. Und zwar deshalb, weil er die Fertigung nicht mitkontrollieren muss. Er hat den Wareneinstand als fixe Größe und dann sämtliche weiteren Kostenpositionen. Klar, den Wert des Klicks muss er kundenbezogen genau taxieren können - das ist aber durchaus eine starke Seite des Handels. Sowohl das Gebot als auch der VK lassen sich rechnen. Seine Wertschöpfungskette ist deutlich kürzer als bei durchhandelnden Herstellern.

Die „Marge“ des Herstellers setzt sich anders zusammen und entsprechend komplexer wird für ihn die Ermittlung eines belastbaren Maximal-Gebots. Oder wie ein Kollege vergangene Woche fragte:

  • Welcher Marketing-Verantwortliche bei einem Hersteller kennt schon wirklich seine ganzen Kosten?
  • Auf wie viele Keywords bieten die Hersteller selbst heute schon (außer Brand-Keywords)?
  • Wie hart könnte und würde er bei non-brand Keywords an Grenzkosten gehen?

Für einen Hersteller hat die bestehende Handelsstruktur mit Vertrieb über unabhängige Händler durchaus Sinn. Die Multiplikation über viele Anbieter, die die eigene Ware beim Kunden vorstellen, lohnt sich für alle diejenigen, die nicht die nötige Vertriebsmacht haben, um genügend Marken-Attraktion zu erzielen. Konzepte wie farfetch.com setzen hier an, und genau aus diesem Grund nutzen viele kleinere Brands bis heute Anbieter wie Yoox.

Wenn man über das Google-Ökosystem nachdenkt, haben es Marktplätze und – große – Händler mit breitem bzw. tiefem Sortiment und gutem Content einfacher, eine hohe Zahl von Inbound-Links zu generieren. Das zielt natürlich zunächst auf die SEO. Wenn es um die Universal Search geht oder um SEA/PLA, sind dies aber natürlich relevante Faktoren. Wenn es um DDD – Data Driven Display – geht, haben die Händler wegen der hohen Zahl an Transaktionen und dem tiefen Sortiment gleichfalls Stärken. Häufig führt nicht der erste Klick und der erste Brand-Kontakt nach einem Display gleich zum Kauf, sondern ein alternatives Produkt.

Der Brand ist also keineswegs der stärkste Datenpunkt. Das alles spricht dafür, dass weiterhin Platz bleibt für Intermediäre – zumindest im Online-Handel. Wobei weiterhin gilt, dass diese nicht unbedingt Händler sein müssen, sondern als Affiliates agieren können.

Ähnlich kann es eine Logik geben, durch die der stationäre Handel aus Sicht der Marken Bedeutung erhält – damit aber nicht nur „Größe“ zählt, muss gerade der kleine Handel hier kreative neue Ansätze entwickeln. Und hier gilt weiter: Ohne oder gegen das Internet ist das nicht machbar, Herr Nachbar.

SEO, SEA und DDD sind starke Themen der bvh 2.014. Wer sich in Workshops hier weiterbilden will, findet am 2.+3. April in Hamburg jede Menge "E-Commerce. Best in Class"!