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Omnichannel, omnipräsent, Omnilösung?

Ein Gastbeitrag von Christoph Langenberg, EHI Retail Institute

„Nicht schon wieder Multichannel“ – so lautete der Betreff einer Mail, die uns diese Woche morgens im Büro erreicht hat. Nicht schon wieder, mag vielleicht auch der ein oder andere denken, der den Titel dieses Blogbeitrags gesehen hat. Multichannel, Cross- und Omnichannel sind aktuell wirklich sehr präsent, für manchen vielleicht zu sehr. Und doch hat auch die zitierte Mail das Thema aufge-griffen. Denn die Mehrkanal-Verknüpfung ist für viele Unternehmen momentan ein brandaktuelles Thema, eines das wehtut und deshalb nerven kann. Aber das wichtig ist, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Den Mail-Betreff habe ich somit als augenzwinkernde Entschuldigung verstanden, den Finger in die Wunde zu legen. Denn es hilft nichts, zu beschönigen oder so zu tun, als wäre die Omnichannel-Transformation nicht mehr als eine Randnotiz oder bärge keine Problemstellungen mehr.
Ende letzten und Anfang dieses Jahres waren wir vom EHI Retail Institute in Deutschland und der Schweiz unterwegs und haben für eine Studie 25 Händler nach Problemen, Trends und Herausforderung bei der Umstellung auf Omnichannel persönlich interviewt. Interessant war für uns dabei zu sehen, wie unterschiedlich Händler mit Ursprüngen aus Versandhandel, stationärer Welt und E-Commerce mit der Mehrkanal-Strategie umgehen.

Zunächst aber noch einmal ganz auf Anfang: Multichannel? Omnichannel? Schon in der Einleitung dieses Beitrags kann durch die Verwendung der verschiedenen Begriffe Verwirrung entstehen. Ein kurzer theoretischer Diskurs ist daher nützlich.

Im EHI verstehen wir Multichannel als den Verkauf über mehrere unverbundene Kanäle, klassischerweise die stationäre Filialen und einen Onlineshop. Dem Kunden ist die Trennung dieser Kanäle bewusst und er wählt spezifisch, wo er seinen Einkauf tätigen will. Crosschannel markiert den nächsten Schritt in der Mehrkanal-Evolution. Anders als bei Multichannel wird bei Crosschannel nicht in separaten Kanälen verkauft, sondern eine Verbindung ermöglicht. Die Verknüpfung von stationärem Geschäft und Onlineshop erlaubt völlig neue Vertriebsvarianten wie Reservierungen oder Bestellungen im Onlineshop für den Filialbetrieb (Click & Collect). Aber auch andersherum können Käufe oder Bestellungen stationär vorgenommen (Instore-Order) und dem Kunden zugeschickt werden (Instore-Return). Nichtsdestotrotz sind dem Kunden die unterschiedlichen Kanäle noch bewusst. Omnichannel ist schließlich die höchste Evolutionsstufe: Eine nahtlose Einkaufserfahrung für Kunden über alle Kanäle hinweg, mit fließendem Wechsel und einheitlichem Markenerlebnis. Die Abgrenzung zu Crosschannel ist mitunter schwierig, da es keine harten Faktoren wie bei der Unterscheidung zwischen Multi- und Crosschannel gibt. Stattdessen entscheidet der Eindruck des Kunden in seiner Kauferfahrung – und damit ein weicher Faktor, der häufig auch von der Qualität der Umsetzung bestimmt ist.



In den Gesprächen hat sich gezeigt, dass diese Unterscheidung nicht trivial ist, da insbesondere bei den Schwellen von Multi- zu Crosschannel sowie von Cross- zu Omnichannel die Herausforderungen liegen. Einerseits müssen die Verknüpfung der Systeme und damit die Sicherung reibungsloser technischer Abläufe gelingen. Andererseits braucht es ein gutes Change Management, um nicht nur Kunden, sondern auch die eigenen Mitarbeiter von der Omnichannel-Idee zu begeistern. Denn die wittern noch allzu oft eine Konkurrenz im eigenen Hause durch die Etablierung alternativer Vertriebskanäle. Bei einigen Unternehmen hat deshalb schon ein Umdenken stattgefunden: Intern gibt es nicht nur eine Gleichwertigkeit der Verkaufskanäle, sondern eine flexible Touchpointbetrachtung, bei der sich der Fokus von den Verkaufszahlen einzelner Kanäle auf die Kunden und ihre individuellen Vorlieben verschiebt. Diese Ansicht könnte sich langfristig durchsetzen. Denn die Kundenerwartung an eine Omnichannel-Einkaufserfahrung festigt sich immer mehr. In den Gesprächen haben viele Unternehmen davon berichtet, dass ihre Kunden die neuen Services wie Click & Collect, eine Online-Verfügbarkeitsanzeige oder die Retournierungsmöglichkeit in der Filiale erwarten.

Ist Omnichannel also die Omnilösung? Nein, nicht für jeden. Omnichannel muss zum Geschäftsmodell passen und macht nicht für alle Händler Sinn. Außerdem muss es nicht nur technisch, sondern auch bis zum Kunden funktionieren – eine große Herausforderung. Nach dem Ausblick auf die nächsten Jahre gefragt, war bei unseren Interviews aber der Tenor, dass reine stationäre Händler langfristig aussterben werden; auch weil die Online-Pureplayer (so denn sie rentabel werden) ihnen weiterhin starke Paroli bieten. Deshalb sollte man sich die Frage stellen: Was könnte die Mehrkanal-Verknüpfung meinen Kunden bringen?

In den Gesprächen haben wir den Eindruck gewonnen, dass der Austausch mit Kollegen in der aktuellen Phase der Transformation essentiell ist. Um allen Interessierten eine Plattform des Austauschs zu bieten, veranstalten wir am 24./25. Juni in der HALLE Tor 2 in Köln unsere EHI Omnichannel Days ’15. bevh Mitglieder und Preferred Business Partner erhalten einen Rabatt von 200,00 Euro/Person. Bei Interesse können Sie sich unter www.omnichannel-days.com anmelden. Wir würden uns über weiteren Gedankenaustausch freuen!