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Neue umsatzsteuerliche Regelungen von Gutscheinen ab dem 01.01.2019

geschrieben von Robert Hammerl (TLI Group) und Eva Rohde (bevh)

Durch das Jahressteuergesetz 2018 treten am 01.01.2019 neue Änderungen in Kraft, die auch (bzw. gerade) für Onlinehändler relevant sind und beachtet werden müssen. 

Eine Änderung, die nicht unbeachtet bleiben sollte, ist die neue Definition und Regelung von Gutscheinen. 

Nach bisherigem Verständnis wurden Gutscheine in drei Kategorien unterschieden: Preisnachlass- oder Rabattgutscheine, Warengutscheine und Wertgutscheine. Nunmehr werden Gutscheine unterteilt in Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheine. Da die alten und neuen Definitionen nicht deckungsgleich sind, können Unternehmer ihr Gutscheinportfolio somit nicht mehr nach den bislang geltenden Grundsätzen unterscheiden. Vielmehr sind alle Gutscheine anhand der neuen Merkmale neu zu qualifizieren. 

Neue Definitionen 

§ 3 Abs. 13 UStG-n definiert zukünftig, was als „Gutschein“ anzusehen ist. Der Gutschein ist durch drei Charakteristika definiert: 

  • Es handelt sich nicht um ein Instrument, das lediglich zu einem Preisnachlass berechtigt. 
  • Für den Unternehmer, der den Gutschein einlöst, besteht die Verpflichtung, dass er diesen vollständig oder teilweise als Gegenleistung für seine Leistung annehmen muss. 
  • Auf dem Gutschein selbst oder den zugehörigen Nutzungsbedingungen sind entweder die konkrete Leistung angegeben, für die der Gutschein als Gegenleistung eingelöst werden kann, oder es ist die Identität des leistenden Unternehmers angegeben. 

Ist eine der drei Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt kein Gutschein vor. Dabei ist es unbeachtlich, ob der Gutschein in physischer oder elektronischer Form ausgestellt ist. 

Keine Gutscheine sind folglich Rabattgutscheine. Ferner umfasst der Begriff des Gutscheins weder Fahrscheine, Eintrittskarten oder Briefmarken noch bloße Zahlungsinstrumente wie Bitcoins oder andere Kryptowährungen. Für diese ergeben sich somit keine Änderungen in Bezug auf ihre umsatzsteuerrechtliche Beurteilung. 

Einzweckgutschein, Mehrzweckgutschein und Abgrenzungsfragen 

Ein Einzweck-Gutschein ist in § 3 Abs. 14 UStG-n definiert als ein Gutschein, bei dem sowohl der Ort der Leistung als auch die für die Leistung geschuldete Steuer im Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen. Ein Einzweck-Gutschein ist folglich dadurch charakterisiert, dass bereits im Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins sämtliche Informationen vorliegen, die für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der hinter dem Gutschein stehenden Leistung erforderlich sind. 

Der Mehrzweck-Gutschein ist demgegenüber in § 3 Abs. 15 UStG-n als bloße Negativabgrenzung zum Einzweck-Gutschein definiert. Ein Mehrzweck-Gutschein ist dem- nach ein Gutschein, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt. 

Hinsichtlich des Merkmals „Leistungsort“ kommt es entscheidend darauf an, dass der Ort eindeutig einen bestimmten Mitgliedstaat als Leistungsort bestimmt. Nur in diesem Fall kann ein Einzweck-Gutschein angenommen werden. Vor diesem Hintergrund sind insbesondere Gutscheine über elektronische Dienstleistungen regelmäßig als Mehrzweck-Gutscheine anzusehen, da der Leistungsort beim Leistungsempfänger in verschiedenen Ländern liegen kann. 

In der Praxis müssen sich Unternehmer bereits bei Ausgabe eines Gutscheins fragen, ob sowohl der Leistungsort als auch die geschuldete Umsatzsteuer eindeutig bekannt sind. 

Dies ist jedoch dann nicht eindeutig, wenn der Onlinehändler auch ins Ausland liefert, denn dann wird nicht eindeutig ein Mitgliedsstaat als Ort der Leistung bestimmt. In solchen Fällen ist stets von einem Mehrzweck-Gutschein auszugehen.

Besteuerungszeitpunkt 

Die Unterscheidung, ob ein Einzweck- oder Mehrzweckgutschein vorliegt, spielt eine entscheidende Rolle für den Zeitpunkt der Besteuerung: 

Nach § 3 Abs. 14 S. 2 UStG-n gilt die Übertragung eines Einzweck-Gutscheins im eigenen Namen stets als die Lieferung oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Die tatsächliche Leistungserbringung im Zeitpunkt der Einlösung gilt demgegenüber nicht als unabhängiger Umsatz, § 3 Abs. 14 S. 4 UStG-n, sodass diese nicht mehr gesondert der Umsatzsteuer unterliegt. Bei Einzweck-Gutscheinen erfolgt die Besteuerung somit bereits im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins (wie mit dann versteuerten Einzweck-Gutscheinen, die aber nie eingelöst werden, umzugehen ist, ist noch offen). Bemessungsgrundlage ist dabei alles, was der Unternehmer für den Gutschein vereinnahmt. 

Diese Grundsätze gelten auch in Vertriebsketten, bei denen jeder Unternehmer die Gutscheine im eigenen Namen weiterverkauft. Hier ist jeder Unternehmer so zu behandeln, als habe er die Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, im Zeitpunkt des Verkaufs des Gutscheins selbst erbracht. Bemessungsgrundlage ist auf jeder Stufe das vereinnahmte Entgelt. 

Anders als bei Einzweck-Gutscheinen, stehen bei Mehrzweck-Gutscheinen im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins noch nicht alle für die Besteuerung relevanten Parameter fest. Aus diesem Grund erfolgt die Besteuerung bei diesen Gutscheinen erst im Zeitpunkt der Einlösung der Gutscheine, § 3 Abs. 15 S. 2 UStG-n. Jede Übertragung (inkl. der Ausgabe) eines Gutscheins unterliegt somit nicht der Umsatzsteuer, § 3 Abs. 15 S. 2 UStG-n.

Für Mehrzweck-Gutscheine besteht mit § 10 Abs. 1 S. 6 UStG-n eine eigenständige Regelung zur Bemessungsgrundlage. So bemisst sich der Umsatz bei Einlösung des Gutscheins grundsätzlich nach der Gegenleistung, d.h., dem vom Kunden gezahlte Entgelt. Ist die gezahlte Gegenleistung nicht bekannt, ist alternativ der auf dem Gutschein angedruckte Nennwert als Bruttobetrag anzusetzen.