geschrieben von Sybille Schäftner, Online-Redakteurin bei real2business
Der E-Commerce stellt für Kunden eine echte Alternative zum stationären Handel dar: Die Online-Bestellung ist binnen weniger Sekunden getätigt, die Produktpreise sind oft günstiger und die Auswahl an Artikeln weit größer. Doch wie sieht es mit den durch den Online-Handel entstehenden Belastungen für die Umwelt aus? Nicht von der Hand zu weisen sind vermehrte Verpackungen, eine relativ hohe Retourenquote sowie vermehrt Lieferfahrzeuge auf den Straßen. Allesamt Punkte, an denen zur Verbesserung der Gesamtsituation weiterhin angesetzt werden kann. Doch ist ein nachhaltiges Handeln im E-Commerce überhaupt möglich? Dieser Frage lohnt es sich nachzugehen und dabei auch zu beleuchten, weswegen Online-Händler den Aspekt Nachhaltigkeit weiterhin stärker berücksichtigen sollten. Bereits mit kleinen Veränderungen lässt sich eine große Wirkung erzielen.
Wieso lohnt es sich als Online-Händler, großen Wert auf Nachhaltigkeit zu legen?
Auch wenn einige Online-Händler dem skeptisch gegenüberstehen: Kunden sind stark am ökologischen Handeln eines Unternehmens interessiert und tendieren dementsprechend oftmals dazu, ein solches aktiv durch Käufe zu unterstützen. Insbesondere im Lebensmittelbereich geht der Trend auf Kundenseite verstärkt zu einer gesunden Ernährung, die mit der Einhaltung ökologischer Standards einhergeht. Nachhaltiges Handeln wirkt sich demnach nicht nur positiv auf das Image aus, sondern fördert auch gezielt den Umsatz.
Einziges Manko: Es ist oftmals mit höheren Kosten verbunden, die Kunden wiederum nicht immer bereit sind zu tragen. Dies scheint ein Widerspruch in sich zu sein, der sich von Unternehmen jedoch auf kreative Art und Weise lösen lässt. Mögliche Ansatzpunkte lassen sich im folgenden Absatz finden. Nachhaltigkeit muss außerdem nicht zwangsläufig mit höheren Preise verbunden sein.
Mögliche Ansatzpunkte: Kleine Schritte mit großer Wirkung
Es ist mit Sicherheit nicht für alle Produkte denkbar, aber durchaus eine Option: Einige Artikel müssen nicht neu hergestellt werden, sondern können durch die Wiederverwertung alter Produkte entstehen. Gegebenenfalls müssen zwar einzelne Komponenten ersetzt werden, um die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten, allerdings sind es in der Gesamtheit weit weniger neue Bestandteile als bei der Herstellung neuer Waren. Dadurch gelangt zum einen eine erheblich geringere Anzahl an Komponenten in Umlauf, die unter Umständen nicht mehr abbaubar sind, zum anderen entfallen lange Transportwege. Neben dem umweltschonenden Aspekt kann der Kunde von günstigeren Preisen profitieren, da die Produktion ebenfalls mit geringeren Kosten verbunden ist. Händler sollten hierbei selbst prüfen, ob sich der Verkauf der B-Ware lohnt und inwieweit sich die Haftung und Garantieleistung ändert.
Bei Warengruppen, für die eine solche Alternative nicht in Frage kommt, kann ein Unternehmen trotzdem Initiative ergreifen: So sind einige Online-Händler bereits dazu übergangen, eine sogenannte „Umweltoption“ anzubieten. Kunden können demnach per Klick festlegen, ob sie für ihre bestellte Ware einen neuen Versandkarton oder eine bereits benutzte Verpackung verwenden möchten.
Des Weiteren wäre ein noch intensiverer Austausch mit den entsprechenden Logistikdienstleistern ein möglicher Ansatzpunkt: Die Vorgaben hinsichtlich Versandmöglichkeiten von Waren für die Händler stehen beizeiten im Widerspruch zu nachhaltigem Handeln. Dies betrifft insbesondere Verpackungsrichtlinien, die eine zusätzliche Verpackung von Waren vorschreiben, ehe sie in den Karton gegeben werden.
Eine nachhaltige Lieferkette: Wie kann man mit der Fülle an Informationen umgehen?
Je mehr Lieferanten involviert sind, desto komplizierter wird es für Online-Händler, eine nachhaltige Lieferkette zu gewährleisten. Höchste Priorität hat die enge Zusammenarbeit mit den eigenen Lieferanten: Dadurch wird sichergestellt, dass jede Komponente der Supply Chain auf ein- und dasselbe Ziel hinarbeitet.
Wie die Einhaltung ökologischer Aspekte bei der Lieferkette gelingen kann, zeigen die folgenden Ansätze:
- Benchmarking betreiben: Um an kritischen Punkten ansetzen zu können, ist es wichtig, dass Online-Händler stets wissen, an welcher Stelle sie stehen und was verbessert werden kann. Hier lohnt es sich, sich mit anderen Firmen aus derselben Branche zu vergleichen und sich gegebenenfalls an Best Practice Beispielen zu orientieren.
- Genau definierte Ziele festlegen: Um eine nachhaltige Lieferkette zu gewährleisten, sollte oberstes Ziel sein, Ressourcen pflichtbewusst zu nutzen und so wenig Müll wie möglich zu produzieren. Hierauf muss bereits bei der Herstellung der Waren, aber unter anderem auch bei der Verpackung, dem Produktdesign, der Auswahl der Lieferanten und der Logistik geachtet werden. Mitarbeiter und Partner sollten jederzeit ins Bild gesetzt und nach Input gefragt werden: Das Personal kann wertvolle Tipps und Ideen einbringen, wie sich die konkrete Situation verbessern lässt. Zudem lohnt es sich, einen genauen Blick auf die Arbeitsbedingungen für das Personal entlang der Lieferkette zu werfen, um eine ethische Vertretbarkeit sicherzustellen.
- Gewonnene Daten effektiv nutzen: Inwieweit Händler ökologisch handeln, lässt sich anhand einschlägiger Daten feststellen. Hierfür kann entweder vom Unternehmer ausführlich Buch über relevante Informationen geführt werden oder man lässt sich von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) zertifizieren. So erhalten Online-Händler von der ISO konkrete Informationen, welche Daten sie sammeln und bereitstellen müssen, um die Richtlinien einhalten zu können, nach denen Sie bestimmte Zertifizierungen für Energie- oder Ressourceneffizienz erhalten.
Wichtig neben dem Zusammentragen von Daten ist, diese auch effektiv auszuwerten, damit sie als Grundlage für weitere Verbesserungen dienen können.
- Audit- beziehungsweise Compliance-Programm für Lieferanten anfertigen: Ein solches Programm soll dazu dienen, dass vom Online-Händler festgelegte Standards vonseiten der Lieferanten eingehalten werden. Diese sollten jedoch realistisch ausgelegt sein und den Lieferanten offen – beispielsweise in Schulungen – kommuniziert werden.
Wie sieht es mit Nachhaltigkeit im E-Food Bereich aus?
Der ökologische Fußabdruck beim Versand von Lebensmitteln gilt als umstritten: Das Ausliefern der Ware mittels Transportwagen ist zwar durchaus mit einer Belastung für die Umwelt verbunden, allerdings stellt die Autofahrt der Kunden zum naheliegenden Supermarkt hinsichtlich Nachhaltigkeit keine Alternative dar. Für E-Food-Händler gilt es vor allem, Transportwege sinnvoll festzulegen, sodass möglichst keine unnötigen Fahrten entstehen. Aufgrund der Kundenwünsche, beispielsweise der Nachfrage nach Same Day Delivery oder nach Zustellung innerhalb eines festgelegten Zeitraums, stellt dies kein leichtes Unterfangen dar. Besonders umweltfreundlich wäre das sogenannte Crowd Delivery, im Zuge dessen Kunden für andere Personen, beispielsweise Nachbarn oder Freunde, Lebensmittel mitbringen. Hierauf sind die Handelsstrukturen in Deutschland jedoch noch nicht ausgelegt. Nachhaltiger wäre es außerdem, auf Elektrofahrzeuge zu setzen, die optimierte Routen zu bestimmten Zeiten fahren anstatt Kunden einzeln zu den gewünschten Zeiten zu beliefern.
Das große Interesse an Nachhaltigkeit vonseiten der Kunden erfordert zudem eine hohe Transparenz hinsichtlich des Anbaus und der Herkunft der Produkte: Ein Informationsfluss, an dem der E-Food Bereich weiterhin arbeiten muss, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen.
Online-Händler sollten unbedingt die Errungenschaften in puncto Nachhaltigkeit mit ihren Kunden teilen, die strikt eingehalten werden, und weiterhin die festgelegten Ziele verfolgen, um nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Gerade die ehrliche Kommunikation nach außen ist bei dieser Thematik der entscheidende Aspekt beim Umgang mit potenziellen Käufern. Wenn vor allem die selbstbezogene Nachhaltigkeit (Nachhaltigkeit, die mit einem unmittelbaren Vorteil für den Kunden verbunden ist, beispielsweise der Verkauf langlebiger Produkte) berücksichtigt wird, haben Online-Händler die Chance, eine Vorreiterrolle im Vergleich zur Konkurrenz einzunehmen.