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Macht die EU-Datenschutz-Grundverordnung einen Unterschied zwischen B2C und B2B?

verfasst von Sebastian Schulz

Am 25. Mai 2018 wird es ernst. Die ab diesem Stichtag wirksame EU-Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) wird infolge ihrer vollharmonisierenden Wirkung das jeweilige nationale Datenschutzrecht der Mitgliedstaaten vollständig ersetzen. Ausnahmen sind nur dort zu erwarten, wo der nationale Gesetzgeber von sog. Öffnungsklauseln innerhalb der DS-GVO Gebrauch macht.

Eine Unterscheidung zwischen B2C- und B2B-Sachverhalten ist im verfügenden Teil der DS-GVO nicht vorgesehen. Die DS-GVO findet gemäß Art. 2 Abs. 1 Anwendung, sowie personenbezogene Daten natürlicher Personen betroffen sind. Erwägungsgrund 14 DS-GVO erklärt einschränkend die Verordnung auf Unternehmen sowie auf „personenbezogene Daten juristischer Personen“ als nicht anwendbar. Die Vorgaben der DS-GVO sollen also nicht auf Informationen über juristische Personen Anwendung finden und dienen nicht dem Schutz eines „Jedermann-Grundrechts“ (so jedoch die noch geltende Rechtslage in bspw. Dänemark und Österreich, wo bislang auch juristische Personen datenschutzrechtlichen Schutz genießen). Zentraler Anknüpfungspunkt für die Anwendung der DS-GVO ist der Schutz natürlicher Personen. Der Versand eines postalischen Werbemittels an die Adresse einer juristischen Person ohne weitere personenbezogene Konkretisierung fällt damit grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der DS-GVO. Vorgaben des Wettbewerbsrechts sind freilich weiterhin zu beachten.

Wie die Aussage, dass die DS-GVO nicht auf „personenbezogene Daten juristischer Personen“ Anwendung findet, zu verstehen ist, ist hingegen unklar und muss durch Auslegung ermittelt werden. Gemeint sein könnte, dass auch Informationen, die direkt oder indirekt auf die natürliche Person hinter der juristischen Person schließen lassen, bspw. wenn die Firmierung der juristischen Person zugleich der Name des Inhabers oder Gesellschafters ist, nicht vom Anwendungsbereich der DS-GVO erfasst sein sollen. Eine solche Sichtweise käme einer Abkehr von der geltenden Rechtspraxis gleich. Denn bislang wurde bei einer engen wirtschaftlichen Verflechtung von juristischer Person und der dahinterstehenden natürlichen Person überwiegend eine Anwendbarkeit des Datenschutzrechts angenommen, vgl. exemplarisch VG Wiesbaden, Urt. v. 7.12.2007, 6 E 928/07. Gegen eine solche Auslegung spricht zudem ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2010 (EuGH, Urt. v. 9.11.2010, C-92/09, C-93/09), wonach sich auch juristische Personen auf den durch die Art. 7 und 8 der EU-Grundrechtecharta (GrCh) verliehenen Schutz berufen können, „wenn der Name der juristischen Person eine oder mehrere natürliche Personen bestimmt.“ Die genaue Bedeutung von Teil zwei der Einschränkung wird durch die Aufsichtsbehörden sowie Gerichte erst noch herauszuarbeiten sein.

Mit Blick auf die Praxis der werblichen Datenverarbeitung von B2B-Adressen ist festzuhalten, dass eine Versendung von Werbemitteln in der überwiegenden Anzahl der Fälle direkt an Funktionsträger der juristischen Person, d.h. personenbezogen erfolgt. In diesen Fällen findet die DS-GVO Anwendung, die Beurteilung der Zulässigkeit der Datenverarbeitung ist anhand der nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO erforderlichen Interessenabwägung zu beurteilen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der gesamte Reformprozess der DS-GVO praktisch ausschließlich auf eine Stärkung des Verbraucherdatenschutzes angelegt war. Von einer Stärkung der Rechte gewerblicher Betroffenen war zu keinem Zeitpunkt die Rede. Hiervon ausgehend und unter Berücksichtigung der überaus hohen Relevanz der werblichen Datenverarbeitung im B2B-Umfeld wird man davon ausgehen können, dass die nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO erforderliche Abwägungsentscheidung regelmäßig nicht gegen ein Recht auf eine entsprechende Datenverarbeitung sprechen wird, jedenfalls dann, wenn die Werbung auf die berufliche bzw. geschäftliche Tätigkeit das Adressaten bezogen ist. Wenn schon Werbung an private Adressen durch die DS-GVO als sozialadäquat angesehen wird, muss dies infolge des noch einmal deutlich geringeren Belästigungspotenzials erst recht im B2B-Verhältnis gelten.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass eine Datenverarbeitung zum Zwecke der Werbung an B2B-Adressen dann nicht dem Anwendungsbereich der DS-GVO unterfällt, wenn allein die juristische Person unter ihrer Firmierung angeschrieben wird und die Firmierung keine Rückschlüsse auf die hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen zulässt. Ist dies jedoch der Fall oder werden direkt Funktionsträger der juristischen Person (in ihrer beruflichen Funktion) adressiert, findet die DS-GVO Anwendung mit der Maßgabe, dass die Interessenabwägung praktisch nur dann nicht zugunsten des Werbenden ausfällt, wenn der Betroffene Widerspruch gegen die werbliche Datenverarbeitung eingelegt hat.