Einkaufen in Zukunft: Ein Gastbeitrag von Antje von Broock, Leiterin Klimateam, BUND e.V. Bundesverband
Der E-Commerce steht regelmäßig im Zentrum gesellschaftlicher Debatten. Das ist ein gutes Zeichen, denn es zeigt: Die Branche bewegt. Deshalb hat der bevh Wissenschaftler, Politiker und Verbände gefragt, wie sie den E-Commerce sehen. Dabei lassen wir selbstverständlich auch diejenigen zu Wort kommen, die nicht unserer Meinung sind und laden alle Leser dazu ein, die Beiträge kritisch zu kommentieren. Der bevh wird zudem auf Grundlage der Beiträge ein Thesenpapier erarbeiten, das nach Abschluss der Reihe die Beiträge aufnimmt. Bis dahin können Sie im September und Oktober jede Woche Dienstag im Rahmen unserer Beitragsreihe „Einkaufen in Zukunft“ lesen, was andere über den E-Commerce denken.
Heute mit Antje von Broock, Leiterin Klimateam, BUND e.V. Bundesverband
"Einfach jederzeit von überall Waren jeder Art bestellen. Das macht das Leben einfacher und bequemer. Keine Öffnungszeiten oder beschränkte Warenangebote, keine lästigen Anfahrtswege und kein Schlange stehen an der Kasse. Man könnte also meinen, der Onlinehandel hat für die Kunden nur Vorteile. Das liegt unter anderem daran, dass viele negative Begleiterscheinungen des Onlinehandels nicht direkt auf diesen zurückgeführt werden.
Wer denkt schon daran, dass der Paketdienst auch ein Päckchen für einen selbst dabei hat, wenn man sich darüber ärgert, dass er aus Zeitdruck mal wieder die Radspur oder den Gehweg zuparkt.
Oder wer macht sich schon Gedanken über die unzählige Lkw Deutschlands Straßen, die nur fahren um die Päckchen zum Kunden oder zurück zu befördern. Immer schneller muss es gehen, heute bestellt, morgen geliefert. Am besten vor 9 Uhr mit dem Overnight-Express. Das führt dann zu noch mehr Verkehr, weil die Lieferungen außerhalb der herkömmlichen Touren vorgenommen werden. Also noch ein Lieferwagen mehr, der durch die Wohnstraße fährt und Lärm und Dreck verursacht. Aber soweit denkt der Verbraucher oft nicht.
Und durch die bei den großen Anbietern meist kostenlos angebotenen Retoursendungen ist es auch unerheblich, ob die Ware gefällt. Im Zweifel wird sie halt wieder eingepackt und gehen zurück an den Versender. Zurück in den kleinen Lieferwagen und vom nächsten Paketzentrum dann mit einem Lkw zurück zum Anbieter, kostet ja nichts.
„Durch das Geschäftsmodell der großen Anbieter entstehen Unmengen an Rücksendungen“
Dass es natürlich doch etwas kostet, muss eigentlich klar sein. Ressourcenverbrauch durch den verfahrenen Treibstoff, zusätzlich anfallende Arbeitsstunden bei Transporteuren und Anbietern, das summiert sich laut Untersuchungen der Uni Regensburg auf rund 15 Euro pro zurückgehender Sendung. Und dabei sind die von der Allgemeinheit zu tragenden Belastungen, wie die erhöhte Abnutzung der Straßen, gestiegene Gesundheitskosten durch mehr Lärm und Abgase und die Klimafolgen durch den erhöhten CO2-Ausstoß nicht einmal eingerechnet.
Durch das Geschäftsmodell der großen Anbieter entstehen Unmengen an Rücksendungen; Rücksendequoten von 50-60% scheinen vor allem bei Schuhen und Kleidung normal zu sein. Das führt deutschlandweit zu einem geschätzten Volumen von 800.000 Paketen, täglich! Denn laut der Uni Regensburg planen 4 von 10 Kunden bereits beim Kauf die Rücksendung der Ware fest mit ein, weil sie z.B. ein und dasselbe Produkt in verschiedenen Größen bestellen und es dann zuhause anprobieren.
„Die Warensendung muss die Kostenwahrheit widerspiegeln“
Nach Meinung des BUND müssen Warensendungen die Kostenwahrheit widerspiegeln. Expresslieferungen müssen im ein Vielfaches teurer sein als normal Lieferungen, da sie auch deutlich mehr Kosten verursachen. Auch dürfen Retoursendungen den Kunden nicht kostenlos angeboten werden, da auch sie immer zusätzliche Kosten für die Allgemeinheit verursachen. Die Politik darf nicht Unmengen an Subventionen verteilen und gleichzeitig zusehen, wie die Unternehmen unnötige Verkehre generieren und für ihre Hallen riesige Flächen versiegeln.
Zusätzlich zum erhöhten Verkehrsaufkommen liegt ein weiteres Problem im vermehrten Verbrauch von Verpackungsmaterialien. Oft wundert man sich, warum soviel Füllmaterial verwendet wird, aber das liegt in der Regel daran, dass die bestellte Ware keiner der standardisierten Verpackungsgrößen entspricht. Es wird also in vielen Fällen einfach ‘Luft‘ durch die Gegend gefahren.
Eine andere Folge des vermehrten Internethandels, unter dem viele Menschen gerade in kleineren Orten leiden, ist das Ladensterben. Sicher ist dieses Phänomen nicht allein auf den Onlinehandel zurückzuführen, aber er verstärkt diese Entwicklung - die ihren Anfang in der „Flucht auf die grüne Wiese“ nahm - zusehends. Die Folge: Innenstädte veröden, weniger mobile Menschen haben keine Einkaufsmöglichkeiten mehr vor Ort, der Verkehr und damit die Belastung durch Lärm und Dreck wächst, auch durch dann immer mehr Onlinebestellungen und zusätzliche Lieferfahrten.
Sicher kann der Internethandel eine sinnvolle Ergänzung zur Nahversorgung sein. Dafür müssen aber die wahren Kosten besser eingepreist werden und die Nutzer müssen ihr Verhalten anpassen, indem sie z.B. Bestellungen bündeln."
Summary
In a guest article the author (Head of Climate Team of the German Enviroment Protection Association „BUND") pleads against cost free returns. Returns cause consumption of natural resources and infrastructure which has to be avoided and at least to be considered with regard to price of shipping and returns.