Gastbeitrag 2 (von 5) von Dr. Martin Schirmbacher, HÄRTING Rechtsanwälte PartGmbB
Hersteller und Großhändler dürfen Resellern, die die Waren erwerben und weiterverkaufen, nicht ohne Weiteres bestimmte Online-Marketing-Maßnahmen verbieten. Auf der anderen Seite steht dem Hersteller von Waren nur das Instrumentarium des Markenrechts zur Verfügung, um unliebsame Werbung von Wiederverkäufern anzugehen. Diese Mittel sind allerdings beschränkt.
Etwas anders sieht es im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems aus. Als Händler müssen Sie sich Beschränkungen nicht gefallen lassen. Es ist inzwischen ein vertrautes Szenario: Man hört es schon länger im Markt munkeln und irgendwann kommt ein Schreiben eines wichtigen Lieferanten, in dem die Einführung eines Selektivvertriebssystems angekündigt und eine neue „Selektive Vertriebsvereinbarung“ übersandt wird. In der begleitenden Kommunikation heißt es mehr oder weniger deutlich, dass nur, wer unterzeichnet, weiter beliefert wird. Eine Anlage enthält zusätzliche Bedingungen für den Vertrieb im E-Commerce.
Solche E-Commerce-Regeln enthalten oftmals auch sehr detailliert Regelungen, welche Online-Marketing-Maßnahmen unter welchen Voraussetzungen zulässig sein sollen.
Verbot bestimmter Online-Marketing Maßnahmen
Vorgaben des Herstellers zum Online-Marketing an Wiederverkäufer sind nur sehr eingeschränkt zulässig. Als Lieferant sollten Sie sorgfältig prüfen, welche Beschränkungen überhaupt mit dem Kartellrecht vereinbar sind. Wenn Sie als Händler von neuen Vorgaben für den E-Commerce betroffen sind, müssen Sie diese nicht klaglos hinnehmen. Stellt der Hersteller die Belieferung im Anschluss unter Berufung auf die Vertragsfreiheit ein, bleibt dem Händler nur der Klageweg. Der Weg zum Gericht kann dabei durchaus von Erfolg gekrönt sein und in einem Wiederbelieferungsanspruch zu den alten Konditionen münden.
Ob solche Beschränkungen zulässig sind, hängt vom Vertriebssystem ab und ist fast immer eine Einzelfallentscheidung.
Alleinvertriebssystem:
Ist ein Alleinvertriebssystem vereinbart, sind alle begleitenden Vorgaben zulässig, die der Durchsetzung des Verbots eines aktiven Verkaufs in fremde Gebiete oder an fremde Kundengruppen dienen. Mit Qualitätsgesichtspunkten lässt sich ein Verbot dagegen nicht begründen.
Entscheidend ist also, ob es sich bei der Marketingmaßnahme um eine aktive oder passive Bemühung handelt, Umsatz zu generieren. Aktive Werbemaßnahmen in fremde Gebiete darf der Hersteller untersagen. Als passiv einzustufende Marketingmaßnahmen muss der Händler vornehmen dürfen.
Damit lässt sich beispielsweise das E-Mail-Marketing nicht verbieten, solange eine Einwilligung des Nutzers vorliegt, die dieser aus freien Stücken erteilt hat. Dagegen darf Suchmaschinenmarketing oder Displaywerbung außerhalb des zugewiesenen Gebietes grundsätzlich untersagt werden. Der Hersteller kann sogar verlangen, dass rechtlich zulässige Methoden des Targeting vom Händler eingesetzt werden, mit dem Ziel, die Ansprache gebietsfremder Kunden zu verhindern.
Selektivvertriebssystem:
Bei selektiven Vertriebssystemen kommt es auf die Unterscheidung zwischen aktiven oder passiven Werbeformen nicht an. Alleinentscheidend ist, ob die Marketingmaßnahme mit den berechtigten Qualitätsansprüchen des Herstellers vereinbar ist.
Damit lassen sich zum Beispiel Vorgaben an die Websites, auf denen Werbung des Shop-Betreibers ausgeliefert wird, rechtfertigen. Auch das Keyword-Advertising kann reguliert werden. Der Hersteller kann etwa verlangen, dass Keywords wie „billig“ oder „extrem günstig” ausgeschlossen werden.
Ein Verbot von Preissuchmaschinen lässt sich dagegen nicht rechtfertigen. Ein Verbot von idealo & Co ist zur Aufrechterhaltung des Markenimages nicht erforderlich, da diese Suchmaschinen in den Augen der Verbraucher nicht dem unmittelbaren Verkauf dienten, sondern lediglich dem Auffinden von Händlern, die das gesuchte Produkt anbieten. Die stellt auch das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung vom 22.12.2015, Az. 11 U 84/14 klar. Demnach können Hersteller ihren Händlern im Rahmen eines Selektivvertriebssystems zwar unter Umständen den Verkauf über Internetplattformen, nicht aber die Nutzung von Preissuchmaschinen für das Bewerben ihrer Ware verbieten. Allenfalls bei wirklichen Luxusgütern kann eine Preissuchmaschine dem Markenimage womöglich schaden.
Das neue Buch Online-Marketing- und Social-Media-Recht von Dr. Martin Schirmbacher von unserem Preferred Business Partner HÄRTING Rechtsanwälte ist vor kurzem in 2. Auflage erschienen. Im Buch geht es um rechtliche Belange für Online-Shops und alle gängigen Online-Marketing-Methoden. Das Buch enthält viele Checklisten und Mustertexte im Anhang. Alle angesprochenen Urteile sind im Anhang noch einmal kurz zusammengefasst.