Der EuGH hat mit seiner Entscheidung und seiner Auslegung der SEPA-Verordnung das von den Nutzern hierzulande besonders gern eingesetzte Zahlverfahren stärken wollen. Wie so häufig hat er dabei nicht berücksichtigt, dass im grenzüberschreitenden Handel zwar einheitliche Regeln erlassen werden können, die Umsetzung aber von Prozessen und Rahmenbedingungen abhängig ist, die von Land zu Land sehr unterschiedlich sind. Deutsche Händler bieten die Online-Lastschrift an, obwohl es für sie ein risikobehaftetes Zahlverfahren ist. Sie können das, weil es hierzulande Maßnahmen der Betrugsprävention gibt, die einerseits das Risiko auf ein vertretbares Maß eingrenzen, andererseits keine zu hohen Kosten für die Prüfung der Bonität nach sich ziehen.
Für den Händler besteht diese Möglichkeit bei EU-Ausländern nicht. In jedem Fall wird der Händler gezwungen, deutlich höhere Kosten für die Lastschrift an EU-Ausländer zu kalkulieren. Bisher herrschte die Annahme, dass in Fällen, in denen die Durchführung einer Risikoprüfung zu konkreten Anhaltspunkten geführt hat, die einer Zahlung im Wege der SEPA-Lastschrift im Einzelfall entgegenstehen, ein Ausschluss (ausländischer) IBAN-Konten jedoch zulässig sein soll. Dies erforderte jedoch einen hohen Dokumentations- und Auswertungsaufwand, der insbesondere für kleine Händler eine große Hürde darstellt und damit den Service - viele verschiedene Zahlarten anbieten zu wollen, um wettbewerbsfähig zu bleiben - extrem erschwerte. Nun führte der EuGH aus, dass Händler nicht daran gehindert seien, das Missbrauchs‑ oder Zahlungsausfallsrisiko zu verringern, indem sie z. B. die Fahrkarten erst liefern bzw. deren Ausdruck ermöglichen, nachdem sie die Bestätigung über den tatsächlichen Einzug der Zahlung erhalten haben.
Wir haben unsere Daten aus unserer jährlichen Verbraucherbefragung „Interaktiver Handel in Deutschland“ gezogen. Im Wochenrhythmus werden jeweils von Januar bis Dezember insgesamt 40.000 Privatpersonen aus Deutschland im Alter von über 14 Jahren telefonisch und per Onlinefragebogen zu ihrem Ausgabeverhalten im Online-und Versandhandel und zu ihrem Konsum von digitalen Dienstleistungen (zum Beispiel im Bereich Downloads oder Ticketing) befragt.
- Das Zahlverfahren ist im vergangenen Jahr das am zweithäufigsten genutzte Zahlverfahren gewesen. (basierend auf einer Befragung von 9786 Nutzern nach ihrem Kauf innerhalb der letzten 7 Tage)
- Diese Relevanz erstreckt sich über alle Warengruppen-Cluster mit Ausnahme der Bekleidung, wo die Online-Lastschrift eine untergeordnete Rolle spielt.
- Die Nutzer der Zahlart Online-Lastschrift sind die zufriedensten Kunden des Onlinehandels.
- Insbesondere Unterhaltungsprodukte werden besonders oft per Online-Lastschrift gekauft.
- Je jünger die Zielgruppe, desto häufiger wird das Lastschrift-Verfahren genutzt.
- Sogar gut jeder dritte Nutzer von Online-Marktplätzen gibt an, das Online-Lastschriftverfahren genutzt zu haben.
- 6 von 10 Nutzern von Online-Lastschriftverfahren geben an, künftig genau so viel oder mehr im Onlinehandel auszugeben.
Der EuGH hat mit dem Urteil also keinerlei Verbesserung für den Crossborder-Onlinehandel erreicht, sondern lediglich die Prozesse im Onlinehandel unnötig erschwert. Online-Zahlungen mit der Kreditkarte werden schon bald durch die erforderliche Zwei-Faktor-Authentifizierung für Kunden und Händler aufwändiger. Zusätzlich wird es nun unmöglich, auf die beliebte Online-Lastschrift auszuweichen. Das ist ein Bärendienst für den Onlinehandel.
Das Urteil finden Sie hier.