Es wird kalt in Deutschland. Die hohen Energiekosten haben einige bevh-Mitglieder dazu bewogen, ihre Mitarbeitenden im administrativen Bereich wieder ins Mobile Office zu schicken, um die Heizkosten in den Büros zu reduzieren. Aber nicht in allen Tätigkeiten des Distanzhandels ist das möglich – ähnlich wie im Einzelhandel, wo die Läden geöffnet bleiben müssen.
Wir haben deshalb im September unsere Mitglieder nach der Entwicklung ihrer Energiekosten und den Folgen gefragt. Die Stichprobe spiegelt die mittelständisch geprägte Branche wider:
Im Mittel haben sich diese Kosten gegenüber 2021 um 75 Prozent erhöht, allerdings mit deutlichen Ausreißern bei solchen Betrieben, die selbst fertigen. Der Median – der am häufigsten genannte Wert – liegt bei 50 Prozent Mehrkosten in diesem Jahr. Für das nächste Jahr sieht es allerdings deutlich schwieriger aus, auch wenn es zuletzt Entspannung am Gasmarkt gab. Hier liegt der Mittelwert bei 135 Prozent Steigerung gegenüber 2021, der Median bei 85 Prozent.
Am stärksten wirken sich die Energiekosten im Betrieb der Immobilien und Arbeitsflächen aus – dies gaben 40 Prozent der teilnehmenden Unternehmen als wichtigsten Kostentreiber an. An zweiter Stelle liegen die Inbound-Frachtkosten (34 Prozent Nennung als am stärksten von Energiekostensteigerungen betroffen), wohingegen die Zustellung nur von knapp 7 Prozent der Befragten als Haupttreiber wahrgenommen wird. Lagerung und Versandvorbereitung stellen nur bei gut 9 Prozent der Befragten den am stärksten von steigenden Energiekosten betroffenen Bereich dar. Der Betrieb der internen IT (4,6 Prozent) und Energiekostensteigerungen, die von externen Software- und IT-Partnern weitergereicht werden (2,3 Prozent) sind nur kleine Kostentreiber. Allerdings, so die Kommentare der Befragten, ist der „Cocktail“ an Kostensteigerungen in allen Bereichen das Hauptproblem.
Und so versuchen die Onlinehändler, den Kostensteigerungen zu begegnen:
Faktisch werden die Energiepreissteigerungen schon in diesem Jahr direkte Auswirkungen auf die Betriebe haben. Fast 9 von 10 der Befragten (86,7 Prozent) gehen von einem deutlich schlechteren Betriebsergebnis aus, 20 Prozent sogar von einem erheblichen Verlust. Allerdings geht fast jeder vierte Befragte davon aus, die Mehrkosten an anderen Stellen ausgleichen zu können.
Immerhin: Nur fast 16 Prozent der Stichprobenteilnehmer befürchten, noch in diesem Jahr Stellen abbauen zu müssen, in der Regel durch natürliche Fluktuation. Für 2023 gehen rund 30 Prozent der befragten Betriebe von solchen Maßnahmen aus, und jedes vierte Unternehmen geht für 2023 von einem Betriebsverlust aus. Knapp jedes dritte befragte Unternehmen wird geplante Investitionen in Standorte und Mitarbeiter wieder zurücknehmen und dadurch sowie durch Maßnahmen an anderen Budgetpositionen die Kostensteigerungen auszugleichen versuchen. Fast jeder fünfte Betrieb (19 Prozent) rechnet damit, Geschäftsbereiche aufzugeben.
Aus dem Einzelhandel wurden frühzeitig Forderungen nach besonderer staatlicher Unterstützung angesichts dieser Krise laut. Solche direkten Förderungen stehen für die Onlinehändler an letzter Stelle in der Liste an für sinnvoll erachteten Maßnahmen. Deren Rangfolge lautet:
- Deckelung der Energiepreise (71 %)
- Senkung oder Abschaffung der Energieumlage (60 %)
- Senkung oder Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Energieträger (43 %)
- Entlastung der Personalkosten (38 %)
- Staatliche Konsumanreize für Verbraucher (26 %)
- Zuschüsse oder Darlehen zur Überbrückung der aktuellen Situation (24 %)
Eine Entlastung der Personalkosten könnte etwa durch eine „brutto = netto“-Auszahlung des Weihnachtsgeldes etwa durch Einbindung in die (an sich freiwilligen) 3000 Euro-Sonderzahlungen erfolgen.
Der Ruf nach der öffentlichen Hand liegt den Online- und Versandhändlern seit je fern. Denn jeder gut meinende Eingriff des Gesetzgebers trägt das Risiko, mit der Hilfe auch zusätzlichen administrativen Aufwand zu schaffen. Und den empfinden die Unternehmer unserer Branche deutlicher stärker als strukturelles Hindernis für den Unternehmenserfolg. Mit den Worten eines bevh-Mitglieds auf die Frage, wie der Online- und Versandhandel am besten unterstützt werden könnte:
„Verzicht auf zusätzliche Bürokratie würde schon völlig reichen. Bitte einfach keine Gesetze mehr machen oder ändern, auch in der EU, das wäre schon sehr viel. Die Krise könnten wir überwinden, den Staat aber noch obendrauf nicht mehr.
Wir können nicht mehr!“