Steuerrecht:

Einkommensteuer auf Onlinemarketing

Mit Blick auf die Anwendung von §§ 49 und 50a EStG lässt sich seit einigen Monaten bei einzelnen Landesfinanzverwaltungen, so etwa in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, eine veränderte Vollzugspraxis beobachten.

Konkret werden neuerdings Maßnahmen der Onlinewerbung unter Einschaltung von Steuerausländern als „Nutzungsüberlassung von Rechten und ähnlichen Erfahrungen“ im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG deklariert, mit der Folge, dass Einkünfte hieraus der beschränkten Steuerpflicht und dem Steuerabzugs-verfahren im Sinne von § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG unterlägen. Diese neuartige und sachfremde Einordnung von Aufwendungen für Onlinewerbung hat zu einer massiven Verunsicherung innerhalb der deutschen E-Commerce-Wirtschaft geführt. Betroffene Unternehmen sehen sich bereits jetzt erheblichen Nachforderungen ausgesetzt.

Mit Schreiben vom 27.10.2017 hatte das BMF bereits Stellung zu ausgewählten Rechtsfragen der Besteuerung von im Ausland ansässigen Anbietern von Softwarelösungen genommen. Zwar beschränkt sich der Anwendungsbereich des Schreibens seinem Wortlaut nach allein auf Einkünfte im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) und Nr. 6 EStG. Nach seinem Telos aber sollen im Fall der Überlassung von Software inländische Einkünfte dann nicht vorliegen, wenn lediglich der bestimmungsgemäße Gebrauch von Software ermöglicht wird und eine wirtschaftliche Weiterverwertung der Software, etwa im Wege der Veränderung oder Weiterveräußerung, ausgeschlossen ist. Nichts anderes ist aber im Falle der zeitweisen Überlassung von cloudbasierten Softwarelösungen zum Zwecke des Platzierens von Onlinewerbung der Fall. Für die Annahme, solche Dienstleistungen könnten als inländische Einkünfte im Sinne von § 49 Abs. 1 EStG deklariert werden, besteht bei ernsthafter Inbezugnahme des o.g. BMF-Schreibens kein Raum.

Der bevh steht mit den Bundesministerium der Finanzen In Kontakt und drängt darauf, über eine Ergänzung des BMF-Schreibens vom 27. Oktober 2017 eine Klarstellung vorzunehmen, dass die hier beschriebene aufkommende Verwaltungspraxis nicht mit der Rechtsauffassung des BMF in Einklang steht. 

Bereits in einem mittelständischen Unternehmen beläuft sich die für bis zu drei Jahre zurückwirkende Nachforderung auf einen mittleren sechsstelligen Betrag. Infolge existierender 0%-Doppelbesteuerungsabkommen scheidet die Möglichkeit zum Regress beim Leistungsschuldner in den relevanten Fällen aus. Wird diese Praxis fortgeführt, sind viele Unternehmen akut in Ihrer Existenz bedroht. Dem aktiven Bemühen der Bundesregierung zugunsten einer weiteren Digitalisierung der Wirtschaft würde ein Bärendienst erwiesen.