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E-Commerce in China: Vier Trends, die Sie 2018 im Blick haben sollten

Ein Gastbeitrag von Elena Gatti, Managing Director der Azoya Group in der DACH Region

China hat einige sehr spannende Entwicklungen durchlebt: Besonders im E-Commerce hat der Markt in den vergangenen vier Jahren einen rasanten Wandel durchlebt. Auslöser dieses Wandels sind zum einen die technischen Innovationen – gefühlt werden fast wöchentlich Neuheiten im Reich der Mitte gelauncht – vor allem aber die chinesischen Konsumenten treiben den gesellschaftlichen Wandel voran. China hat bereits seit 2015 die weltweit größte Mittelschicht mit rund 290 Milionen Menschen (Quelle:iResearch) und soll weiter wachsen. Diese neue Mittelschicht hat ein wachsendes verfügbares Einkommen, reist verstärkt ins Ausland und interessiert sich immer mehr für internationale Premium-Produkte.

China bietet – allen Zweifeln zum Trotz – weiterhin sehr großes Potential. Aber es wird in der Tat schwieriger, im größten E-Commerce Markt Fuß zu fassen, wenn man es nicht richtig plant. Denn der Markt ist zwar groß, aber ebenso groß ist der Wettbewerb. Wir schauen uns daher vier Trends an, die in 2018 in China auf uns zukommen werden.

1. New Retail – Aus einem Konzept wird Realität

Die chinesischen Tech-Retail-Giganten BAT, also Baidu, Alibaba und Tencent, gehen schon seit geraumer Zeit in die Richtung eines „New Retail“, wie Alibaba die Zukunft des Handels sehr prägnant nennt: Bezahlen mit dem Handy – zum Teil auch per Gesichtserkennung – oder einkaufen im vollautomatisierten Supermarkt oder interaktive Einkaufserlebnisse im O2O-Supermarkt. Das sind nur ein paar der Innovationen, die sich die großen chinesischen Konzerne haben einfallen lassen. Und während dies 2016 noch eher Theorien waren, sind einige dieser Konzepte heute bereits umgesetzt oder zumindest in der Testphase.

Alibaba zum Beispiel verbindet Online- mit Offline-Diensten (kurz O2O genannt, also offline to online) und schafft so ein völlig neues Einkaufserlebnis. Die vollautomatisierte Bingo Box beispielsweise bietet einen Supermarkt in einer Containerbox. Aber nicht nur Alibaba arbeitet in Richtung New Retail, mittlerweile haben auch andere Anbieter spannende Projekte umgesetzt: So fahren aktuell schon einige Moby Marts durch die chinesische Metropole Shanghai. Per App kann man den nächstgelegenen Moby Mart orten und dort zu jeder Zeit einkaufen gehen.

Für uns hier in Deutschland schwer vorstellbar, vor allem, wenn wir überlegen, wie schwer sich unsere heimischen Supermärkte mit einem Online-Angebot tun. Für Alibaba steht bei allen Konzepten ganz klar der Kunde im Fokus. „New Retail“ soll eine smarte Erweiterung des heutigen E-Commerce werden und dem Kunden soll zu der Zeit, die ihm am besten passt, genau das Angebot oder der Service zur Verfügung stehen, den er gerade braucht. Zukunftsmusik? Für uns in Deutschland sicher, denn China hat den Vorteil, dass Konsumenten bereits sehr mobil fokussiert sind – ohne Handy geht hier nichts mehr. Und allein im Bereich Mobile Payment ist uns China wahrscheinlich um  zehn Jahre voraus.

2. Traffic Generierung – Größere Fragmentierung und neue Kanäle

Der größte Teil des Online-Traffics im Chinesischen E-Commerce lief in der Vergangenheit über T-Mall und JD. Doch im Jahr 2017 hat ein neuer Trend zu einer stärkeren Fragmentierung des Traffics geführt. So genannte Key Opinion Leaders (kurz KOLs) und bei uns besser bekannt als Influencer, konnten im letzten Jahr sehr viel an Fahrtwind gewinnen, Millionen von Konsumenten begeistern und zu ihren Fans konvertieren. Es gibt über 100.000 KOLs mit jeweils mehr als einer Million Followern<s>.</s> Diese gelten als "Super Influencer". Aber es gibt natürlich viel mehr Influencer mit weniger Anhängern. Laut Media360 wird die Zahl der KOLs in China auf insgesamt über eine Million geschätzt. Allein in 2017 stieg die Zahl der KOLs mit über 100.000 Anhängern im Vergleich zu 2016 um 57,3 Prozent. Die Gesamtzahl der Follower erreichte über 470 Millionen. (Quelle: IResearch). Das Spannende an der Arbeit von Key Opinion Leadern: egal, welches Produkt der KOL kauft, die Follower wollen es auch. Ob sie es brauchen<s>,</s> oder nicht. Das schafft viele erstaunliche Möglichkeiten für Einzelhändler, die sich nicht auf einem der überlasteten Marktplätze positionieren wollen. Ein eigener Stand-Alone Webshop kann heute mit einer guten KOL-Marketing-Strategie sehr erfolgreich Traffic generieren.

Wichtig ist dabei jedoch, aus der Masse an Influencern die richtigen herauszufiltern. Und das kann tatsächlich eine Herausforderung sein, bei der man Unterstützung braucht. Wer heute immer noch glaubt, er könne sich allein im Chinesischen Markt durchsetzen, der hat sich nicht umfassend informiert. Wir von Azoya sprechen wöchentlich mit Unternehmen, die es allein in China versuchen wollten, aber keine Kunden gewinnen können. Auf die Frage „Warum“, kann ich nur immer wieder als Antwort geben: Hausaufgaben machen und einen lokalen Partner suchen. Dieser kennt den Markt und kann dementsprechend agieren – auch bei der Auswahl eines passenden KOL. Denn wer heute noch gefeierter Influencer ist, kann morgen schon wieder völlig irrelevant sein.

3. Verändertes Verbraucherverhalten – Qualität vor Preis

Chinesische Verbraucher sind bekannt für ihre Preissensibilität. Sie kauften bislang meist online ein, um das beste Schnäppchen für bestimmte Produkte zu finden. Aber mit dem wachsenden Wohlstand der Gesellschaft hat sich auch das Kaufverhalten der Konsumenten dem neuen Lebensstandard angepasst. Es wird in diesem Zusammenhang gern vom „Consumption Upgrade“ der Chinesischen Mittelschicht gesprochen.

Heute zählt Qualität vor Preis. Online-Shopper interessieren sich immer mehr für Marken – sowohl große Brands als auch Nischenmarken – und suchen gezielt nach diesen, verstärkt internationalen, Marken im Internet. Und sie sind auch bereit, mehr zu zahlen und  zwei Wochen zu warten, bis die Sendung beispielsweise aus Deutschland an ihrer Haustür eintrifft. Das Chinesische Verbrauchervertrauen hat den höchsten Stand seit zehn Jahren erreicht. Ein kürzlich veröffentlichter McKinsey-Bericht zeigt, dass 20 Prozent der Chinesischen Verbraucher bereit sind, teure Marken und Produkte zu kaufen, während die Zahl der deutschen Verbraucher bei 12 Prozent liegt, in den USA bei 8 Prozent. (Quelle: Double-clicking on the Chinese consumer)

Chinesen reisen heute auch mehr denn je – ein Effekt des „Consumption Upgrades“ – und sind so automatisch den Marken-Trends aus dem Ausland ausgesetzt. Zurück in China wollen viele Konsumenten nicht mehr auf die im Ausland lieb gewonnenen Produkte verzichten. Für internationale Einzelhändler eine großartige Gelegenheit, Produkte und Marken auf den Markt zu bringen, sobald sie sich bei Chinesischen Kunden etabliert haben. Bei Händlern, die sich durch guten Kundenservice, persönliche Beratung oder kleine Geschenke sowie Produktproben beliebt machen, wird gern wieder eingekauft. Auch eine schöne Verpackung, gezieltes Social Media Marketing oder Gutscheine stimulieren den Wiederkauf. Wenn Sie es schaffen, mit Ihren Produkten und Dienstleistungen Vertrauen bei den Chinesischen Verbrauchern aufzubauen, können Sie diese zum Wiedereinkauf animieren – und Chinesischen Konsumenten, die sich gut aufgehoben fühlen, kommen gern zurück.

4. Cashless Society – Chinesischen Kunden wollen nicht mehr bar zahlen

Während mobiles Bezahlen in Deutschland ein noch sehr futuristisches Szenario ist, bewegt sich China derzeit in Richtung einer „Cashless Society“, also einer bargeldlosen Gesellschaft. Und die Verbraucher favorisieren den Trend – mittlerweile können sie auch auf dem Wochenmarkt mit dem Handy bezahlen. Kein Geld dabei, keine Kreditkarten, nichts. Das Telefon, das Chinesische Verbraucher eh für alles benutzen, ist ihr Portemonnaie. Und Mobile Payment bietet eigentlich weit mehr als nur Bezahlen - Einzelhändler können über die mobile App Coupons oder Boni anbieten und Kunden dazu animieren, wieder zurückzukommen und mehr zu kaufen. Wer bei Mobile Payment also „nur“ ans Bezahlen denkt, hat eine ganze Marketing-Strategie dabei völlig außer Acht gelassen.