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E-Commerce im Wahlkampf – Antworten der Parteien auf die Wahlprüfsteine des bevh (Frage 4 von 5)

verfasst von Sebastian Schulz

Der Wahlk(r)ampf neigt sich seinem Ende zu. Bezogen auf die für die deutsche E-Commerce-Branche relevanten Themen hat unsere Sichtung der relevanten Wahlprogramme ein recht eindeutiges Bild ergeben. Während bei den einen der Themenkomplex Digitalisierung einen hohen Stellenwert genießt und hier v.a. die Chancen herausgearbeitet werden, zeichnen sich andere (weiterhin) als Bedenkenträger aus. Einzelaspekte der Digitalisierung im Handelsumfeld, aber auch andere Themen, die die Online- und Versandhandelsbranche bewegen, blieben in den Wahlprogrammen wiederum vollständig unberücksichtigt.

Wir haben deshalb noch einmal nachgefragt. Unsere Wahlprüfsteine wurden mittlerweile von allen angeschriebenen Parteien beantwortet. Hier nun die Antworten im Original und unkommentiert:

Frage 4: Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass auch bei Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene neue Belastungen der mittelständischen Wirtschaft nur in dem Umfang eingeführt werden dürfen, wie bisherige Belastungen abgebaut werden (one in-one out“)?

Antwort CDU:

CDU und CSU sprechen sich bei der Umsetzung von EU-Recht im Grundsatz dafür aus, dieses möglichst 1:1 umzusetzen, um eine einseitige Belastung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu verhindern. Beim Bürokratieabbau sind wir vorangekommen und haben Wirtschaft und Verbraucher in dieser Wahlperiode von Bürokratie entlastet. Der jährliche Bürokratieaufwand der Bürger wurde in dieser Wahlperiode um 8,5 Millionen Stunden reduziert. Seit 2015 gilt die „one-in, one-out“-Regel. Diese Regelung hat sich bewährt und wird weiter fortgesetzt. Gerade für mittelständische Unternehmen sind überbordende bürokratische Anforderungen eine ernste Erschwernis für ihren wirtschaftlichen Erfolg. Wir brauchen deshalb eine neue Gesetzgebungs- und Verwaltungskultur, bei der die Vermeidung oder Begrenzung neuer Regelungen im Vordergrund steht. Bei neuen Gesetzesvorhaben soll – soweit vertretbar – auf Kontrolle und Regulierung verzichtet werden, bis eine Notwendigkeit dafür eindeutig nachgewiesen ist. Der Erfolg einer Regierung bemisst sich nicht in der Zahl der verabschiedeten Gesetze. Deshalb streben wir an, die Zahl neuer Gesetzentwürfe in der kommenden Wahlperiode um mindestens 10 Prozent zu reduzieren.

Antwort SPD:

Unternehmen sollen sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können und nicht auf das Ausfüllen von Formularen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sowie Selbstständige trifft unnötige Bürokratie besonders hart. Wir werden Unternehmen von Statistik-, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten befreien. Ein gutes Beispiel für Bürokratieentlastung und Investitionserleichterung ist die von uns durchgesetzte Erhöhung der steuerlichen Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter.

Die meisten Behördengänge sollen sich in Zukunft auch online erledigen lassen. Daher wollen wir für eine schnelle Umsetzung der Digitalisierung in der Verwaltung sorgen. Diese sorgt einerseits für mehr Benutzerfreundlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger. Andererseits kann die Verwaltung selbst durch die Digitalisierung effizienter und fehlerfreier arbeiten. Eine moderne und effiziente Verwaltung wird möglichst viele Dienstleistungen aus einer Hand anbieten. Wir wollen, dass Nutzerinnen und Nutzer sich einfach und sicher mit einer Zugangsberechtigung für alle Verwaltungsdienstleistungen identifizieren können. Niemand soll seine Daten mehrfach übermitteln müssen. Den jeweiligen Bearbeitungsstand der Verwaltung sollen Antragsteller jederzeit nachvollziehen können.

Wir haben die „one in – one out“- Regelung in Deutschland eingeführt. Sobald geeignete Erfahrungen mit dieser zukunftsweisenden Regelung zum Abbau unnötiger bürokratischer Maßnahmen vorliegen, werden wir diese analysieren. Da wir mit unseren Parlamentskolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament in einem laufenden Diskussions- und Konsultationsprozess sind, werden wir die dann vorliegenden Ergebnisse aus unserer „one in – one out“- Regelung auch in Brüssel zur Diskussion stellen.

Antwort FDP:

Wir Freie Demokraten wollen die Belastungen der Bürgerinnen und Bürger und Betriebe durch zu viel Regulierung abbauen. Dazu schlagen wir eine zeitliche Begrenzung von Gesetzen sowie das „one in, two out“-Prinzip vor. Neue Regelungen sollen nur dann verabschiedet werden, wenn zugleich in doppeltem Umfang Folgekosten an anderer Stelle zurückgeführt werden. Außerdem sollen neue Regelungen ein Ablaufdatum erhalten, damit überprüft werden kann, ob sie sich bewähren. Dieses Modell wäre auch für die europäische Ebene denkbar. Um die Kosten von europäischen Gesetzesvorhaben abschätzen zu können, müsste ein unabhängiger Normenkontrollrat eingesetzt werden. Um die Entbürokratisierung der EU voranzutreiben, fordern wir zudem beispielsweise die Verkleinerung der EU-Kommission und die Abschaffung der sogenannten Öko-Design-Richtlinie.

Antwort Bündnis90/Die Grünen:

Bürokratie abzubauen bzw. dafür zu sorgen, dass Regeln mit möglichst wenig Bürokratie umgesetzt werden, ist eine permanente Aufgabe, die beständig vorangetrieben werden muss. Eine „one in – one out“ – Regelung halten wir deshalb grundsätzlich für sinnvoll, sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene. 

Antwort Die Linke:

Die LINKE steht für konsequenten Bürokratieabbau, wo Bürokratie nicht notwendig ist und nur zeitliche wie finanzielle Belastungen mit sich bringt. Allerdings sind pauschale Regeln wie etwa das „one in - one out“ Prinzip theoretisch wie praktisch (siehe Großbritannien) weder effektiv noch machen sie Sinn, um konkrete Belastungen abzubauen. Der Ansatz fragt weder nach Notwendigkeit von „Bürokratie“, nämlich konkreten gesetzlichen Regeln und Vorgaben die etwa dem Verbraucher-, Umwelt-, Arbeitsschutz dienen, noch wird erkannt, dass hiermit für Unternehmen einen gemeinsamen Rahmen festgelegt wird, der Planungssicherheit und effektive Abläufe garantiert. Uns geht es beim Thema Bürokratie immer um die Qualität, nicht um die ohnehin kaum differenziert aufzuschlüsselnden „Kosten“ ohne ergänzende Nutzenberechnung. Statt pauschal unsinnige Regeln will DIE LINKE mit den Berufsgruppen und Unternehmen konkrete Belastungen abbauen und prüfen, wie dies am besten geht. Wir haben beispielsweise die Regierung und den Normenkontrollrat mehrfach bereits aufgefordert, die 20 aufwändigsten Antragsverfahren für die Bürgerinnen und Bürger und die 10 aufwändigsten Verfahren für kleine und mittlere Unternehmen zu identifizieren und so zu vereinfachen, dass kaum noch jemand ein Problem hat. Zu diesem Zweck müsste allerdings die bessere Rechtsetzung erstens mit Bürgerinnen und Bürgern und mit den KMU getestet werden. Und zweitens müssten Design und Sprache von Formularen und Anträgen – sowohl auf Papier als auch online – durchgehend vom Standpunkt voller Bürgerfreundlichkeit gestaltet sein. Innerhalb relativ kurzer Zeit wäre so ein riesiger Sprung in Sachen Bürgerfreundlichkeit möglich. Zig Millionen Stunden unnötiger Nerverei und Belästigung könnten verschwinden.