Dr. Björn Goerke, Gpredictive GmbH, im Interview mit Susan Saß
Was ist eine Look-a-Like-Kampagne?
Jedes Unternehmen hat seine eigene DNA, sein eigenes Image sowie seine eigene Reputation. Und die wiederum spricht einige Personen mehr an und andere weniger. Eine Look-a-Like-Kampagne ist dazu da, um Kunden zu gewinnen, die dem bisherigen Kundenstamm ähneln. Mit „Männlich, 20-45 Jahre, Interesse an Sport und Musik” lässt sich das kaum greifen und so lässt es sich manchmal nicht vermeiden, dass man einen großen Streuverlust mit Online-Werbung hat und diesen am Ende auch noch zahlen muss. Dies kann man verhindern, wenn man sich im Vorfeld darüber Gedanken macht, was man eigentlich durch die Online-Werbung erreichen will. Möchte ich Bestandskunden bei Laune halten oder Neukunden akquirieren?
Über Look-a-Like-Kampagnen kann man angesprochene, potenzielle Neukunden auf einmal den bisherigen Kunden viel besser zuordnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass denen gefällt, was sie auf Plattformen wie Facebook angezeigt bekommen ist also auch höher. Ob gruselig oder der heilige Gral - Look-a-Like-Kampagnen sind wirkungsvoll. Beispielsweise können bei Facebook oder auch bei Google sogenannte Custom Audiences gebildet werden. Das kann von Anbieter zu Anbieter etwas Unterschiedliches heißen, es steht aber immer derselbe Gedanke dahinter: Man sucht aus der eigenen CRM-Datenbank die Kunden aus, die man mit einer bestimmten Kampagne bewerben möchte und versucht gleichzeitig neue Kunden, die den bisherigen Kunden ähneln, neu dazu zu gewinnen.
Was ist bei der Anwendung der Look-a-Likes-Kampagnen anders als bei der „alten“ Facebook-Werbungen?
Damals konnte man die Zielgruppen bei den Werbenetzwerken nur anhand der Kriterien wählen, die man von den Anbietern vorgesetzt bekommen hat: Männlich, 20-45 Jahre, Interesse an Sport und Musik. Für die Ansprache neuer Kunden ist das möglicherweise schon ganz gut. Wenn man seine bestehenden Kunden bewerben möchte ist das jedoch denkbar ungenau. Wie sollte beispielsweise Facebook auch wissen, wer bei einem selbst Kunde ist? Mit der Einführung der Custom Audiences hat man dieses Problem gelöst: Man lädt die E-Mail-Adressen der eigenen Kunden - natürlich verschlüsselt - bei Facebook hoch. Sofern Facebook die E-Mail-Adresse kennt, kann die gewünschte Anzeige ausgespielt werden. Auf einmal kann man Kunden ganz gezielt ansprechen: Ein Kunde wurde zum Beispiel mit Hilfe eines Predictive CLV als abwanderungsgefährdet identifiziert? Kein Problem. Genau diese Person kann jetzt eine zielgerichtete Retention-Botschaft erhalten. Mit einem spezifischen Call-to-Action und vielleicht einem Incentive, wenn das zum Kunden passt, kann man genau diese Bedürfnisse aussteuern. Sobald die Person sich bei Facebook einloggt, kann die Retention-Botschaft angezeigt werden. Hier verschmelzen also Online-Marketing und Direktmarketing miteinander. Das ist faszinierend.
Ist die Anwendung einer Look-a-Like-Audiences schwierig oder kann das jeder?
Look-a-Like-Audiences sind mit Hilfe vorhandener Kundendaten einfach durchzuführen. Während der Nutzen der Custom Audiences für Bestandskunden relativ eindeutig ist, ist die Möglichkeit bei der Neukundengewinnung noch einmal genauer. Dort setzt man Look-a-Like-Audiences ein. Wenn man so eine Kampagne bucht, lädt man zunächst wieder die E-Mail-Adressen der eigenen Kunden hoch. Facebook oder Google suchen dann Mitglieder in deren Netzwerk, die den Profilen der hochgeladenen Kunden möglichst ähnlich sind. Und hier wird es spannend. Im Gegensatz zu “Männlich, 20-45 Jahre, Interesse an Sport und Musik” werden hier Personen gesucht, die über alle Informationen hinweg besonders ähnlich sind - und zwar Personen, die schon Kunde geworden sind.
Die Frage ist nur: Welche der schon vorhandenen Kunden stellt man Facebook zur Verfügung, damit es ähnliche Kunden suchen kann? Alle Kunden, die in der Datenbank vorhanden sind? Dann werden auch viele ähnliche Kunden gesucht, die ihren Kundenlebenszyklus bereits beendet haben - also inaktiv sind. Das möchte man aber nicht. Genauso hat man natürlich auch die Top-Kunden zwischen den Daten, die man bereitstellt. Das ist sicherlich schon besser, aber es gibt einen entscheidenden Haken. Kunden starten ihren Kundenlebenszyklus typischerweise nicht als Top-Kunden, sondern entwickeln sich dorthin. Wenn man also Top-Kunden für die Look-a-Like-Audience nimmt, ist man schon einen Schritt zu weit. Was man eigentlich benötigt, sind Kunden, die jetzt gerade an der Schwelle stehen, den Wert ihres Kundenleben zu entwickeln. Von denen sollte man mehr finden. Und wenn man diese in der eigenen Datenbank identifiziert hat, dann kann Facebook den Rest erledigen und Personen suchen, die genauso dastehen.
Aber wie kommt man an Kunden, die erst zu Top-Kunden werden?
Genau hier kommen Predictive Models ins Spiel. Es geht dabei um Mustererkennung. Mit Predictive Models wird es möglich, schon frühzeitig die Kunden zu identifizieren, die in der nahen Zukunft ihren Kundenwert stark steigern werden. Und genau die muss man bei der Look-a-Like-Audience für die Suche nach ähnlichen Personen zur Verfügung stellen. Facebook benötigt nur einige hundert Mitgliederprofile, um starten zu können. Da Facebook normalerweise nicht alle E-Mail-Adressen zuordnen kann, die man zur Verfügung stellt, muss man also einige mehr liefern. Aber eben auch nicht viel mehr. Tatsächlich liefert man zum Abgleich vielleicht nur 1.000 Adressen an Facebook. Typischerweise hat man aber nicht Tausende Kunden mit jeweils Riesenpotenzial in der Datenbank, sondern vielleicht ein paar Hundert. Und wenn nicht nur die Top-Potenziale an Facebook gegeben werden, verwässert man die Möglichkeiten. Mit einem Predictive Model kann man jedoch nicht nur bestimmen, wer demnächst ein Top-Kunde sein wird, sondern auch, wie hoch der Wert sein wird. So vermeiden Sie, dass Facebook auf Basis von Kunden mit wenig Potenzial nach ähnlichen Profilen sucht.
Lohnt sich der Aufwand?
Das muss man natürlich selbst beantworten und wohl testen. Wir haben eine Reihe erfolgreicher und lohnenswerter Custom Audience-Kampagnen gesehen. Wie hoch der Hebel des Predictive Models für die Look-a-Likes ist, hängt natürlich auch davon ab, wie gut man das Thema bisher beherrscht. Ein Kunde im Bereich Fashion E-Commerce konnte seinen „Return on Advertising Spend“ (ROAS) so um 75 Prozent steigern. Durch die Auswahl der Look-a-Like-Audience mit Hilfe eines Predictive Models anstelle eines Regel-Sets wurde dies möglich. Für ihn hat es sich gelohnt. Diese Werte kann man natürlich nicht 1:1 übertragen, aber es zeigt, wieviel Hebel in diesem Thema steckt.