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Braucht die Textilbranche ein staatlich verordnetes Nachhaltigkeitssiegel?

verfasst von Katrin Triebel

In dieser Woche wurde Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CSU) mit Kritik zu seinem geplanten staatlichen Nachhaltigkeitssiegel für die Textilbranche konfrontiert.

Die deutsche Modebranche soll – als Vorreiter in Europa - mit einem staatlichen Textilsiegel angehalten werden, soziale und ökologische Mindeststandards (Arbeitsschutz, Mindestlöhne und Mindeststandards bei der Produktion) einzuhalten.

Diese Forderung von Bundesentwicklungsminister Müller nach Standards zur Überprüfung für Verbraucher wird generell vom bevh begrüßt.

Doch schon jetzt ist es für Verbraucher eine Herausforderung, sich im Dschungel bereits existenter Siegel, Standards und Zertifikate in der Textilbranche zurecht zu finden. Ein weiteres Textilsiegel ist u.E. nicht zwangsläufig eine Garantie für bessere Arbeitsbedingungen in den weltweiten Zuliefererfabriken. Die Bilder nach dem Einsturz einer Textilfabrik in Bagladesch im vergangenen Jahr und die Berichte über unmenschliche Arbeitsbedingungen der Näherinnen hat jeder noch vor Augen.  

Fest steht, dass ein staatliches Textilsiegel nur dann zu mehr Nachhaltigkeit in der Modebranche führt, wenn die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten gesetzlich verbindlich ist und dies auch zuverlässig kontrolliert wird. Siegel und Zertifizierungen greifen nur, wenn das gesamte Unternehmen in seiner ganzen Wertschöpfungskette analysiert wird. 

Die bevh-Recherche hat ergeben, dass sich schon heute über ein Drittel unserer Mitgliedsunternehmen (davon ca. 35% aus der Textilbranche) im Interaktiven Handel für Nachhaltigkeit engagieren. Zum Teil mit ersten kleinen Schritten bis hin zu eigenen, umfassenden Strategien tragen die Online- und Versandhändler Verantwortung für Mensch und Natur und stellen sich den Herausforderungen einer ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltigen Entwicklung.

Und unsere Mitglieder sind auf dem richtigen Weg. Die OTTO Group bspw., die aus über 70 Produktionsländern weltweit Waren bezieht, ist u.a. Mitglied der BSCI, des UN Global Compact der Sustainable Apparel Coalition zur Bewertung der Nachhaltigkeitsqualität von Produkten und Verbesserung der Transparenz in der Wertschöpfungskette.  Alle Lieferanten und deren Zulieferer wurden von der OTTO Group dazu angehalten, eine Verarbeitung von Baumwolle aus „kritischem“ Anbau (Produktion mithilfe von Kinderarbeit) zu unterlassen und  sogenannte Social Officiers kontrollieren die Einhaltung des Code of Conduct in den Risikoländern.