aus dem Urlaub mitgebracht von Martin Groß-Albenhausen
In meinem verregneten Urlaubsdomizil in den Rhone-Alpen lag der nächste Supermarkt 5 Autominuten entfernt. Leider konnte ich ihn nicht betreten – LeclercDrive erlaubt nur zwei Einkaufsformen: Tanken und Onlinekäufe abholen.
Schöne neue Welt, auf die wir hier in Deutschland als Innovation warten, damit „endlich“ der E-Commerce mit Fast Moving Consumer Goods abhebt. 2013 hat Leclerc – im siebten Jahr seit Start des Konzepts – 1,49 Mrd. Euro mit seinem Drive-Konzept umgesetzt, 5 Prozent vom Gesamtumsatz. Und Leclerc ist mit seinem Konzept zwar unique, auch Marktführer im Click&Collect bei unseren Nachbarn, aber bei weitem nicht der einzige Player.
Fast jede Supermarkt-Kette bietet inzwischen die Möglichkeit, Lebensmittel (Frischware und Trocken-Sortiment) online zu bestellen und entweder im Markt oder an einem Drive-In-Schalter abzuholen. Eine Studie der Markforscher von Xerfi hat für 2013 eine Gesamtzahl von 2721 Abholpunkten ermittelt, ein Wachstum von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Leclerc will in diesem Jahr sein Netz von knapp 450 auf gut 600 Abholpunkte erhöhen. Intermarché führt aktuell mit fast 750 Drives vor Courses U mit knapp 600.
Der Anteil der Drive- und E-Commerce-Umsätze am französischen Lebensmittelhandel liegt derzeit geschätzt bei 3,5-4 Prozent. Kantar WorldPanel ging 2012 davon aus, dass der Anteil im Jahr 2015 die 6 Prozent-Marke erreichen könnte. Das ist deshalb nicht unrealistisch, weil die Akzeptanz im Drive-Konzept durch die Ausweitung des Netzes an Abhol-Punkten wächst, durch die Ausweitung des verfügbaren Sortiments und durch die Erhöhung von Frequenz und Durchschnittsbon.
Die von den Händlern beeinflussbaren Faktoren zielen derzeit alle auf Wachstum. Natürlich ist es ein Unterschied, ob ich aus einem Sortiment von 24.000 Artikeln (Cora) oder 12.000 (Carrefour) wählen kann. Daher versuchen alle Supermärkte, mehr Waren für Click & Collect verfügbar zu machen. Da sich die Drive-In-Schalter durchgesetzt haben, ergänzen auch solche Anbieter diese, die bisher den Kunden zum Abholen im Markt selbst gezwungen haben.
Den größten Umsatz pro Abholstelle machen dabei die reinen Abholkonzepte wie Chronodrive und Leclercdrive. Bei letzterem errechne ich auf Grundlage der Daten von Leclerc selbst einen durchschnittlichen Umsatz von knap 3,5 Mio. Euro; Xerfi spricht von 4,1 Mio. Euro. Chronodrive, vor 10 Jahren als erster mit Abholschaltern in der Nähe von Auchan-Filialen gestartet, bringt es laut Xerfi auf 6,1 Mio. Euro, Auchan (85 % Inhaber von Chronodrive) an seinen Abholschaltern auf 6,5 Mio. Euro.
Interessant ist auch, dass die Drives derzeit vor allem ein urbanes Phänomen sind: Am stärksten nutzen sie junge Paare und junge Familien mit Kindern. Diese kaufen im Mittel einmal im Monat über die Drive-Schalter ein. Allein aus der Demographie dürfte also hier für die nächsten Jahre weiteres Wachstum resultieren.
Allerdings tendieren die Käufer offenbar eher zu günstigen Produkten. Ob die Rechnung für die Supermärkte am Ende aufgeht, ist also noch offen: Die Impulskäufe fallen bei den Schaltern definitv weg, die Marge ist gering und pro Einkauf vermutlich noch etwas niedriger als bei den generell schon günstigen Hypermachés. Zwar übernimmt der Kunde die „Kosten der Lieferung“, aber der Lebensmittel-Einzelhandel steht in Frankreich auf der Fläche lange schon unter Druck. Die Drives könnten also die Flächenproduktivität der Stores noch weiter mindern. Dabei ist das Picken aus den Läden heraus ebenfalls deutlich weniger produktiv als bei den dedizierten Flächen von Chronodrive und Leclercdrive. Bei diesen dauert die Kommissionierung 10 Minuten, bei den Anbietern mit begrenztem Sortiment rund 45 Minuten und bei Cora mit seinem riesigen verfügbaren Angebot 75 Minuten.
Der ideale Mix aus Convenience und Commerce ist nach meinem Eindruck in Frankreich noch nicht gefunden. Auchan und Leclerc haben dort den größten Vorsprung. Für Lebensmittel-Händler lohnt sich, die verschiedenen Konzepte einzeln auszuwerten.