In unserer Reihe "#bevh_Generationsprojekt" zeigen wir, wie Generationswechsel im Unternehmen oder in der Technologie, in der Organisation und nicht zuletzt bei den Kunden zu Innovation im E-Commerce & Versandhandel geführt haben. Innovationen, die das Verkaufen „auf Distanz“ zum Motor des gesamten Handels gemacht haben. Viel Spaß dabei!
Die Geschichte der Personalisierung im Direkt- und Katalogmarketing ist lang. Gerade der B2B-Versandhandel mit seinem ausgeprägten Verständnis von individuellen Firmenbedarfen und Preisen, einem Keyaccount-Management und Vertriebsaußen- und innendienst, hat frühzeitig von CRM-Anwendungen profitiert. Diese gingen über das Einlasern von Namen und Adressen bald hinaus.
Die Veränderungen der vergangenen zehn Jahre bei Schäfer Shop in Betzdorf waren tatsächlich ein Umbruch: ein Generationswechsel in Management, Organisation, und Technologien. „Die wichtigste Änderung war, dass Andreas Reuter – Geschäftsführer seit 2012 – Verantwortung konsequent delegiert hat“, erinnert sich Harry Olfert, Head of Content Management bei Schäfer Shop.
„Und damit meinte er nicht nur die Möglichkeit, Prozesse zu verändern, sondern sogar die Pflicht, dies zu tun. Die Mitarbeiter haben seitdem einen Gestaltungsauftrag.“ Und eben keine Verwaltung oder Orientierung an den Grenzen des Möglichen.
„Wir hatten damals Berge an Produkten, zu denen Texte fehlten. Text-Robotik war damals noch Neuland. Aber: ich durfte das machen, und ich habe daran geglaubt. Dabei bin ich kein Tekkie, aber ich durfte Budget investieren“, sagt Olfert. Und mehr als das: Beim Schäfer Shop wurde damals die komplette Logik der Vertextung geändert. Die wesentlichen Produktinformationen werden nicht mehr im Zuge der Katalogproduktion heraus- gearbeitet, sondern am Beginn der Kette, bei der Sortimentsaufnahme exakt angelegt. Auf dieser Grundlage erstellt die Textsoftware von AX Semantics Copy in zahlreichen Varianten. „Und das ist nicht das Ende“, so Olfert. „Ich bin sicher, dass die nächste Generation Text- software auch emotionale oder informative Texte unterschiedlich schreiben wird. Dafür müssen wir Anwendungsmöglichkeiten ent- wickeln und wiederum die Produktdatenbasis erweitern.“
Der Generationswechsel im Management traf zu dieser Zeit auf eine neue Art, IT und Prozesse zu entwickeln. Agile Teams, Mikro-Services und DevOps-Ansatz brachten Schäfer Shop hohe Geschwindigkeit. Das ursprünglich ausgewählte PIM-System etwa erwies sich angesichts der Dynamik im Sortiment und der Informationstiefe als zu begrenzt. Stattdessen entwickelte Schäfer Shop sein PIM selbst. „Wir haben im Februar 2020 angefangen und waren im Oktober 2020 live“, erläuter Olfert.
„Das war möglich, weil wir zu diesem Zeitpunkt eine gute homogene Datenbasis hatten und keine Migrationsaufwände. Entscheidend war aber, dass wir im ‚continuous beta‘ mit einem Minimum live gegangen sind und dann agil weiterentwickelt haben.“
Dieses agile Prinzip hat die Organisation zwar gefordert, aber auch zu hoher Zufriedenheit geführt. Nicht nur entfielen wochenlange Eingewöhnungsphasen. Jeden Mittwoch, erläutert Olfert, stellt das PIM-Development heute neue Features vor und fragt neue oder geänderte Bedarfe ab. „Es heißt jetzt nicht mehr: friss oder stirb. Die Entscheidung für das System bedeutet nicht mehr die lange Bindung an seine Grenzen. Wir entwickeln permanent iterativ, starten mit einem Produkt oder Feature, erweitern dann auf zehn, lernen und verbessern.“ Um die Updates zu erklären, genügt inzwischen ein kurzes Video.
Nicht absehbar war, dass die enorm verkürzte Produktionszeit des dicken Schäfer-Shop-Katalogs nur ein Zwischenerfolg sein würde. Mehrere Tausend Seiten und Sprachvarianten übers Wochenende zu erstellen, schien ange- sichts der üblichen monatelangen Vorlaufzeiten früher utopisch.
Aber die neue Kataloggeneration ist nicht mehr der klassische 1.500 Seiten starke Katalog. Als 2021 die Papierpreise geradezu explodierten und die Verfügbarkeiten immer schwieriger zu disponieren waren, konnte Schäfer Shop mit einem modularen Konzept reüssieren: Unterschiedliche Katalogvarianten, unterschiedliche Zielgruppen, unterschiedliche Ausstattung. Ulrich Gursky, Head of Communication, wurde für das Konzept nicht nur mit dem Preis „Katalog des Jahres 2021/22“ ausgezeichnet. Es gelang Schäfer Shop auch, derart datengetrieben 700 Tonnen Papier einzusparen, ohne Response zu verlieren.
Möglich macht es neue Drucktechnik, die Schäfer Shop über seinen Partner Smartcom nutzt. Nach ersten Tests, bei denen nur die Cover Zielgruppen-bezogen gedruckt und zugesteuert wurden, können nun Varianten auch im Innenteil erstellt werden. „Auch bei der Reduzierung von 1.500 Seiten auf 276 Seiten pro Variante müssen genauso viel oder mehr Seiten gestaltet werden, um die Module zusammenzusetzen“, erklärt Gursky. Das hat seinen Preis, aber der Erfolg ist eine unveränderte Haltbarkeit der so mit weniger Papier bedienten Kunden. Und am Ende bleibt ein Ergebnis, das in die Entwicklung reinvestiert werden kann.
Und in die Kunden. Denn um die geht es Geschäftsführer Andreas Reuter bei allen Investitionen in die Daten. Ob die Fotografie für 3D-Darstellung – eine Unterstützung für immersive Beratungserlebnisse, die es seit 2017 gibt – bis zum Kundenservice, der jedem Kunden seinen persönlichen Mitarbeiter zuordnet.
Schäfer Shop – ein B2B-Anbieter der neuen Generation: 2016 entschied sich das Unternehmen, die Filialen zu schließen. Heute gibt es einen eigenen Technologie-Standort in Leverkusen, eine eigene E-Commerce-Plattform, eine eigene Abteilung für „Customer Journey Management“. Und einen neuen Claim, der den Anspruch an sich selbst und die Leistung für die Kunden auf drei Punkte bringt: „einfach. erstklassig. arbeiten.“