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bevh-Branchenbarometer im Q1/2024: Stabilisierung spürbar

Anlässlich der bevh-Jahrespressekonferenz im Januar hatten wir eine vorsichtig optimistische Prognose für das Gesamtjahr 2024 ausgesprochen. Kein weiterer deutlicher Rückgang, vielleicht sogar „Stagflation“ mit 0-2 Prozent Zuwachs – dabei aber noch anfangs ein schwierigeres Quartal und dann im Jahresverlauf deutlichere Erholung. Unsere Marktforschung hat – wie vergangene Woche dargestellt – ein nur noch leichtes Minus ausgewiesen und in wichtigen Frequenz-Segmenten wie im Modehandel sogar Umsatzzahlen annähernd auf Vorjahresniveau errechnet.

Was die Konsumenten berichten, muss sich aber nicht mit dem Geschehen bei den in Deutschland ansässigen Onlinehändlern decken. Daher haben wir wiederum im bevh-Mitgliederkreis nach der Umsatzentwicklung gefragt, nach Abweichungen von Planzahlen und auch nach Erwartungen für die nächsten Wochen und Monate.

Die Planung: Noch immer von Unsicherheit geprägt

Das vergangene Jahr hat die Erwartungen der Onlinehändler immer wieder enttäuscht. Im Mittel verfehlten die Unternehmen ihre Planungen um mehr als 5 Prozent. Diese Unsicherheit ist deutlich zurückgegangen, im Mittel verbesserte sich die Abweichung des "IST" vom "PLAN" um mehr als die Hälfte auf nur noch -2,4 Prozent. Die Händler waren dennoch erneut etwas zu optimistisch. Dies betraf B2B- wie B2C-Anbieter in ähnlichem Maß. Allerdings setzt sich auch in diesem Jahr die Spreizung im Markt fort. Einige Consumer-Versender lagen um 30 Prozent über den Erwartungen, andere unterschritten die Ziele um die Hälfte. Der Zentralwert Median, durch den Extremwerte bereinigt werden, zeigt – anders als 2023 – auch im B2C bessere Werte als der Mittelwert. Das deutet auf eine grundsätzlich bessere Planbarkeit hin.

In unserer Stichprobe waren die Fashion-Anbieter mit ausreichender Zahl vertreten, so dass wir hier einen besonderen Blick werfen können. In dieser Kategorie unterschritt der erzielte Umsatz die Planungen im Durchschnitt nur um 0,8 Prozent, und auch der Median weist nur eine negative Abweichung um 1 Prozent vom Plan aus. Mehr Berechenbarkeit im Markt ist ein positives Signal für die Händler.

Der Umsatz: Im Mittel wieder positiv – B2C besser als B2B

Nach vielen Quartalen mit negativen Vorzeichen weist das bevh-Branchenbarometer im 1. Quartal 2024 erstmals im Durchschnitt über alle Teilnehmer ein leichtes Wachstum von 1 Prozent aus.

Dieser reine Vergleich der Wachstumsraten unterscheidet nicht nach Unternehmensgröße, bestätigt jedoch die in der Marktforschung sichtbare Stabilisierung der Nachfrage. Schaut man nur auf die B2C-Anbieter, erscheint hier auch im Median sogar ein Umsatz fast auf Vorjahreshöhe – und B2C-Händler machen mehr als die Hälfte der Stichprobe aus. Da gerade die B2C-Anbieter im vergangenen Jahr deutlich schlechtere Resultate erzielten als B2B- oder Hybrid-Anbieter, kann man tatsächlich von einem Lichtblick sprechen, zumindest von einer Aufhellung im trüben Wetter.

In anderer Segmentierung zeigt sich hingegen ein durchaus uneinheitlicheres Bild. Wenn man die Teilnehmer nach Größenklassen verteilt, sieht man deutlich kontrastierende Durchschnitts- und Zentralwerte. Es gibt also in fast allen Größenklassen stark voneinander abweichende Umsatzentwicklungen. Rot eingerahmt hier die recht breit vertretene Gruppe der typisch mittelständischen Onlinehändler: Einzig hier liegen Mittelwert und Median näher beieinander im positiven Bereich.

Greift man wiederum nur das Vertical „Bekleidung“ heraus, sind Mittelwert wie Median mit +3,9 Prozent bzw. +6 Prozent deutlich positiv. Auch das entspricht der Marktforschung, die dem Fashion-Segment überdurchschnittlichen Zuspruch attestierte.

Stimmung lässt gegenüber Jahresbeginn wieder nach

Für das kommende Quartal gehen vier von zehn Teilnehmer der Stichprobe von Umsätzen auf Vorjahresniveau aus. Immerhin jeder Dritte zeigt sich „bullish“ und erwartet Wachstum. Knapp 27 Prozent gehen hingegen von neuerlich rückläufigen Verkaufszahlen aus, und nicht ganz ein Viertel befürchtet aktuell, die Vorjahreszahlen auch im Gesamtjahr 2024 nicht erreichen zu können.

Damit kühlt sich das Geschäftsklima trotz der Stabilisierung wieder ab. Denn als wir im Januar fragten, gingen weniger als 20 Prozent davon aus, 2024 noch einmal Umsatz abgeben zu müssen, und mehr als sieben von zehn Stichproben-Teilnehmern erwarteten damals ein Wachstum. Der Optimismus vom Jahresbeginn hat einen Dämpfer erhalten.

Nicht ganz 25 Prozent sehen erst im Verlauf der nächsten drei Jahre eine faire Chance, die Umsatzrückgänge wieder aufzuholen, und nur ein gutes Drittel (35,6 Prozent) mag sich der Aussage anschließen, dass der Onlinehandel im laufenden Jahr die Krise überwinden wird. Indessen geht noch gut jeder zweite Händler (53,3 Prozent) in der Stichprobe davon aus, dass der E-Commerce in seiner Warenkategorie den Anteil am gesamten Handel weiter ausbauen wird. Das derzeit viel diskutierte Thema „Wettbewerb asiatischer Händler“ ist für die Teilnehmer der Stichprobe nur ein ferner laufendes Problem mit begrenztem Einfluss auf den eigenen Umsatz. 

Dass der Optimismus nur sehr verhalten geäußert wird, liegt an einem noch immer fragilen Kundenverhalten:

  • Im ersten Quartal 2024 ist bei einem guten Drittel (35,6 Prozent) die Anzahl der Bestellungen leicht gesunken, bei knapp 18 Prozent sogar deutlich.
  • Bei 37,8 Prozent der Stichproben-Teilnehmer hat der Bestellumsatz leicht, bei knapp 9 Prozent sogar stark abgenommen.
  • Knapp jeder Dritte berichtet von einem leichten Rückgang der Artikel pro Bestellung.

"Die Politik überfordert den Online-Handel und schadet dem Standort Deutschland"

Auf sicherem Grund steht der E-Commerce also auch in diesem Jahr noch nicht. Entsprechend kritisch sehen die Unternehmer das politische Umfeld, das der Online-Wirtschaft eher noch Knüppel zwischen die Beine zu werfen scheint.

Trotz der Kritik an der maßgeblich in Europa verorteten Gesetzgebung, die mit den zahlreichen Regulierungsvorhaben im Rahmen des "Green Deal" absehbar den Aufwand durch Dokumentationspflichten erhöht, scheint die Europa-Wahl den Antwortenden kaum eine Chance für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen zu bringen.