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Beißt sich Amazon am B2B die Zähne aus?

verfasst von Martin Groß-Albenhausen

Manchmal ist es weniger wichtig, was sich ändert, als was sich nicht ändert. Ein Garant für stetigen Wandel im E-Commerce ist Amazon. Die Conversion-Profis von Web Arts um André Morys haben nachgehalten, dass im Schnitt jede Woche auf der Website kleine und größere Tests vorgenommen werden.

Als ich mich im vergangenen Frühjahr erstmals mit dem Thema B2B und Marktplätze beschäftigt habe, warb Amazon für sein Business-Angebot mit einem Sortiment von 2,25 Mio. Produkten, kostenloser Lieferung innerhalb von zwei Tagen und einer „Corporate Credit Line“. Ein Jahr später hat sich bis auf minimale Veränderungen innerhalb der Kategorien nichts am Auftritt von AmazonSupply geändert. Noch immer 2,25 Mio. Produkte, noch immer die gleichen Werbeargumente.

Beißt sich Amazon am B2B die Zähne aus?

Vor einem Jahr testete Google noch die Ausweitung seines Produktvergleichs „Shopping“ auf die B2B-Branche. „Google Shopping for Suppliers“ wurde im Jahresverlauf jedoch eingestellt. Ein alternatives Angebot sei nicht in Planung, hieß es damals, Hersteller mögen sich auf die bestehenden Shopping-Angebote und Adwords konzentrieren.

Beißt sich Google am B2B die Zähne aus?

Mercateo, der führende deutsche B2B-Marktplatz, wurde von Google im Rahmen der diversen Algorithmus-Updates massiv abgestraft. Die Antwort der Münchener war – anders als bei vielen B2C-Unternehmen – gerade nicht, Googles Vorgaben noch mehr zu entsprechen. Stattdessen konzentrierte sich Mercateo auf die Verbesserung seiner Kernkompetenz: Der Erleichterung des Sourcing-Prozesses durch bessere Integration von physischen und zunehmend auch Dienstleistungs-Angeboten. IT-Kompetenz im Sinne des Kunden, nicht des Intermediärs. Heute, so Mercateo-Gründer Sebastian Wieser auf dem Executive Summit im Dezember 2014, ist Mercateo von Google unabhängig und plant dennoch ein deutlich zweistelliges jährliches Wachstum.

Eine Stichprobe, die der bevh bei einigen führenden B2B-Versendern erhoben hat, zeigt einen zwar wachsenden Anteil an Neukunden, die über Suchmaschinen eingeworben werden. Demgegenüber verliert der Katalog stetig an Bedeutung. Aber anders als im B2C scheint – noch – eine rein auf Search und Onlinemarketing beruhende Strategie zumindest im Bereich der leicht investiveren Güter problematisch.

  • • B2B-Einkäufe sind selten Impuls-getrieben. Niemand kauft „Zwei für Drei“ Sackkarren, wenn er nur eine braucht. 
  • • Die Customer Journey kann lang, die Abstände zwischen zwei Einkäufen noch viel länger sein. Real-time-advertising stößt da an Grenzen, weil die Datenbasis zu schmal ist. 
  • • Der Bedarfer ist nicht der Entscheider ist nicht der Beschaffer. Gerade für dieses Problem haben allerdings führende B2B-Versandhändler mittels Sourcing-Lösungen schon eine technische Antwort gefunden. Kein Grund also, vor Amazon im B2B Sorge zu haben? Doch, denn zumindest im Hinblick auf die Sortimentsbreite belegt das Unternehmen schon jetzt den Spitzenplatz. Die Suche nach dem Stichwort „Sackkarre“ bringt bei Amazon aktuell 2163 Treffer. Bei Kaiser&Kraft sind es 40, bei Mercateo 554.

Aber Größe ist hier nicht alles. Im Produktdatenmarketing hat Mercateo mit einer Vielzahl von Filtermöglichkeiten eindeutig die Nase vorn. Amazon bietet hier keine konsistente Filterung. Kaiser&Kraft entlastet den Nutzer durch ein vergleichsweise geringes Sortiment, das aber online so gut wie keine Filter- und Vergleichsmöglichkeiten bietet.

Nun soll mir keiner sagen, dass „facetted navigation“ im B2B überflüssig wäre. Die entsprechende Katalogseite bei Kaiser&Kraft bietet mit einer übersichtlichen Tabelle hier eine viel raschere Orientierung als der Onlineshop oder z.B. die Google-Suche. Ob online die Wahl der Marke bei einer Sackkarre relevant ist, unterscheidet sich von Nutzer zu Nutzer; ich vermute aber, dass bei Neukunden ohne Vorerfahrung hier kein Mehrwert entsteht. Ein Preis-Schieber mag zwar hilfreich sein, genügt aber letztlich nicht. Sehr konsequent hat dagegen der Lager-Ausstatter bito.de die Aftersearch-Navigation umgesetzt, mit nicht weniger als 13 verschiedenen Filtern.

Freilich: Wenn man auf das Google-Ad von Kaiser&Kraft zum Keyword „Sackkarre“ klickt, wird man in das etwas breitere Sortiment „Transportkarren“ geführt, wo immerhin 7 Filtermöglichkeiten bestehen.

Das größte Problem im B2B-Onlinehandel ist also in vielen Fällen die mangelnde Produktdaten-Konsistenz. Nicht ohne Grund: Google als einer der wesentlichen B2C-Treiber fällt hier faktisch aus, Amazon zögert noch. Starke Wettbewerber wie Grainger – seit Sommer 2014 mit Zorotools in Deutschland aktiv – oder neue Anbieter wie contorion.de vom Company-Builder „Project A“ sammeln derzeit gerade erste Erfahrungen.

Trotzdem sinkt schon heute die Loyalität neuer, im Internet gewonnener Kunden, spüren die Händler einen wachsenden Druck auf die Preise. Klar ist, dass die Wahrnehmung eines breiten, aber auf den genauen Bedarf eingrenzbaren Sortiments mit hoher Lieferleistung und Einfachheit der Abwicklung sich künftig zuerst im Internet spiegeln muss. Für die Anbieter heißt dies, von Marktsegmentierung und Adwords-Strategie über das Pricing bis zur Shop-Organisation und dem Payment-Angebot eine moderne B2B-Antwort auf die hohen Erwartungen der im B2C geschulten Kunden zu finden.

Es dürfte also noch zu früh sein, gegen Amazon zu wetten...

Für alle, die B2B-Handel mit Firmenkunden betreiben oder an diesem Markt Interesse haben, veranstaltet der bevh am 24.2.2015 in Berlin seinen jährlichen B2B-Tag. Für bevh-Mitglieder und Preferred Business Partner ist der Eintritt kostenlos. Für externe Teilnehmer kostet der Eintritt zur Konferenz (inkl. Getränke, Pausen-Verpflegung, Lunch) 99 Euro. Melden Sie sich gleich hier an!

Summary

Buying Decisions in B2B are more complex than B2C-Shopping, or so it seems. Will AmazonBusiness master the challenge to adapt its service to a B2B-audience? Google likewise tried to establish and integrate a B2B-oriented search-experience in Google Shopping, but until today fails to match the criteria for more than commodity products by far and large. Still, new B2B-customers will likely adopt their B2C-buying behaviour and turn to the western world’s largest shopping-platform, thus taking a chunk of the less complex B2B-sales. Is Amazon going to dominate B2B Online as much as B2C? Or will incumbent competitors like Alibaba surpass Amazon?