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Ausweispflicht für Derivatehandel im Risikomanagement

Ein Gastbeitrag von Sandra Wagner, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit GS1

Es war ein Tag, der eine Zeitenwende markierte: Am 15. September 2008 kündigte Lehman Brothers einen Insolvenzantrag an. Die Pleite der US-Investmentbank löste eine ungeahnte Kettenreaktion an den Finanzmärkten aus. Rund um den Globus sahen sich Regierungen gezwungen, strauchelnde Banken zu retten. Eine Ursache der Krise: fehlende Transparenz am Markt für bilateral vereinbarte Derivate (Over-the-Counter-Derivate, kurz OTC). Es handelt sich hierbei um einen Markt, dessen Volumen dem Mehrfachen des weltweiten Bruttoinlandsprodukts entspricht. Als es darauf ankam, konnten die Beteiligten ihre verzweigten Finanzgeschäfte nicht entwirren. Es fehlte eine internationale Sprache in Form eines Standards, der eine Zuordnung der – vielfach grenzüberschreitenden – Transaktionen effizient ermöglicht.

Acht Wochen später verständigten sich die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) darauf, in den kommenden Jahren sukzessive für mehr Transparenz und Sicherheit an den Märkten zu sorgen. Ihr Motto: „Kein Finanzprodukt, kein Finanzmarktakteur und kein Finanzplatz soll unbeaufsichtigt bleiben.“ 2018 ist es soweit: die neue EU-Richtlinie MiFID-II im Rahmen der MiFIR-Verordnung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) tritt in Kraft.  Ab dem 3. Januar müssen alle Banken die Transaktion von Wertpapiergeschäften an die BaFin melden. Eine entscheidende Rolle dabei spielt der Legal Entity Identifier (LEI), ein neuer Standard, um Marktteilnehmer und Geschäftspartner weltweit eindeutig zu identifizieren. Unternehmen, die ab Januar ihre Risiken weiterhin mittels Währungs- oder Rohstoffderivaten managen wollen, müssen sich ab dem 3.1.2018 mit einem LEI ausweisen können.

Die Richtlinien stellen in vielen Punkten eine fundamentale Änderung des Wertpapiergeschäftes dar. Denn obwohl sie vornehmlich an die direkten Marktteilnehmer wie Kreditinstitute und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gerichtet sind, werden auch die Kunden, die in Wertpapiere und Beteiligungen investieren, die Veränderungen zu spüren bekommen. Denn den LEI müssen die Unternehmen ihrem jeweiligen Wertpapierpartner, also zum Beispiel ihrer Bank oder ihrem Vermögensverwalter, nachweisen. Ab nächstes Jahr dürfen diese keine Geschäfte mehr mit außerbörslichen Wertpapieren oder Derivaten mit den Kunden tätigen, wenn sich der Kunde nicht mittels LEI exakt identifizieren lässt.

Was ist der LEI?

Der LEI ist ein zwanzigstelliger Code, der mit wesentlichen Referenzdaten für eine klare und eindeutige Identifikation verknüpft ist. Das sind beispielsweise Register-Name und Register-Nummer, Rechtsform des Unternehmens, juristischer Sitz der Hauptverwaltung oder des Fondsmanagers. Der LEI basiert auf der ISO-Norm 17442 und wird bei einer sogenannten Local Operating Unit, kurz LOU, beantragt. Die LOU ist eine Vergabestelle, die von der Global LEI Foundation (GLEIF) autorisiert wird.


Struktur des Legal Entity Identifier (LEI)

Der Code identifiziert Teilnehmer am Finanzmarkt (z. B. juristische Personen, Fonds) eindeutig. Der Aufbau erfolgt nach einem ISO-Standard. Der LEI ist verpflichtend. Gespeichert werden: offizieller Name, Register-Name, Rechtsform, Sitz, Ländercode, Datum der Erstvergabe, Datum der letzten Änderung, Fälligkeit der LEI-Verlängerung.

Zum Hintergrund der Vergabe und Vergabestellen

Der LEI soll ein öffentliches Gut sein, dem keine privaten Eigentums- oder Lizenzrechte entgegenstehen. Aufgrund europäischer Vorgaben ist der LEI zukünftig auch gegenüber der Aufsicht zu verwenden. Die GLEIF stellt mit dem Global LEI Index die einzige globale Online-Quelle für offene, standardisierte und hochwertige Rechtsträger-Referenzdaten zur Verfügung. Die Vorteile, die der Global LEI Index bietet, werden Datenanbietern und ihren Kunden sowie der Geschäftswelt allgemein dazu verhelfen, Kosten zu senken, Geschäftsvorgänge zu vereinfachen und zu beschleunigen sowie tieferen Einblick in den globalen Markt zu gewinnen. GS1 Germany hat nicht nur 40 Jahre Erfahrung mit Identifikationsstandards, sondern ist in der Finanzbranche ein anerkannter Partner. Die Nummer der Versandeinheit (NVE) im Barcode GS1-128 macht Bargeld-Versandtaschen, sogenannte Safebags, lückenlos verfolgbar. Und mit CashEDI hat die Bundesbank wegweisende GS1 Standards in der Bargeldlogistik umgesetzt. Hinzu kommt die umfassende Expertise bei Standards für Handels- und Industrieunternehmen – die sogenannte „reale Wirtschaft“. Als Local Operating Unit (LOU) kann GS1 Germany alle relevanten Identifikationsnummern aus einer Hand anbieten.

GS1 Germany hat den LEI 967600100PAMYB9QBQ02.

www.lei.direct