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Anwendungsbeispiel für die Geoblocking-Verordnung

verfasst von Eva Rohde (bevh)

Am 3. Dezember 2018 tritt die Geoblocking-Verordnung in Kraft. Da viele Händler und auch Verbraucher über die Regelungen der Geoblocking-Verordnung noch verunsichert sind, hier ein Beispiel, um sich zu veranschaulichen, welche Intention die Verordnung hat. Das Stichwort hierzu heißt „Shop as a local“: 

Stellen Sie sich vor, Sie machen einen Wochenendtrip in Mailand, sitzen bei strahlendem Sonnenschein am Piazza del Duomo mit Blick auf den Dom und genießen eine Tasse hervorragenden, vollmundigen Kaffees. Um von diesem Lebensgefühl auch in Deutschland zehren zu können, entschließen Sie sich kurzer Hand sofort vor Ort Kaffeebohnen und eine gute italienische Kaffeemaschine zu kaufen. Sie schlendern also in das nächste europaweit vertretene Elektrofachgeschäft und schauen sich in der Abteilung für Haushaltsgeräte um. Dort stellen Sie fest, dass – anders als in dem deutschen Geschäft des gleichen Unternehmens – gerade eben eine Rabattaktion läuft und viele Produkte drastisch im Preis reduziert sind. Glücklich über diese Fügung, kaufen Sie sich eine Kaffeemaschine eines italienischen Herstellers, die Sie in den Regalen des deutschen Geschäfts noch nicht gesehen haben. An der Kasse werden ihnen nur die Zahlarten Barzahlung oder Zahlung mit Visakarte angeboten. Nach einigen Verständigungsproblemen (Sie wollten mit Ihrer Mastercard bezahlen, was der Händler aber gar nicht anbietet) zahlen Sie bar und sehen ein Schild an der Kasse, wonach der Händler es anbietet, nach Ladenschluss die gekaufte Ware in einem Umkreis von 5 km nach Hause bzw. ins Hotel zu liefern. Da Sie noch weiter die Stadt besichtigen wollen, machen Sie von dem Service Gebrauch und die Kaffeemaschine wird Ihnen abends in Ihr Hotel geliefert.

Als Sie sonntagsabends wieder zu Hause in Deutschland ankommen, packen Sie als erstes Ihre neue Errungenschaft aus, damit die morgendliche Tasse Kaffee für den nächsten Tag gesichert ist. Als Sie den Stecker in die Steckdose stecken wollen, müssen Sie feststellen, dass der italienische Stecker gar nicht mit den deutschen Steckdosen kompatibel ist. Glücklicherweise haben Sie sogar einen entsprechenden Adapter parat und können die Maschine dann doch noch in Betrieb nehmen. Doch dann stellt sich das weitere Problem, denn Sie müssen feststellen, dass die Gebrauchsanweisung nur auf italienisch verfasst ist. Glücklicherweise können Sie mit Hilfe der Skizzen in der Gebrauchsanweisung die Maschine zum Laufen bringen und genießen ab sofort jeden Morgen ein bisschen Dolce Vita.

Auf den Onlineshop übertragen ergeben sich hiermit folgende Punkte:

  1. Genauso wie man als Tourist die Möglichkeit hat, jedes Geschäft zu betreten, muss man als Endkunde nun auch online die Möglichkeit haben, jeden Onlineshop „betreten“ zu können. Eine Weiterleitung des Kunden in den jeweiligen Ländershop, ist nur dann zulässig, wenn der Kunde dieser Weiterleitung ausdrücklich zustimmt. Dann muss für den Kunden aber weiterhin der Shop, auf den er zuerst zugreifen wollte, leicht erreichbar sein.
  2. Händler können weiterhin in ihren einzelnen Ländershops unterschiedliche Preise haben und unterschiedliche Rabattaktionen anbieten.
  3. Händler können weiterhin in ihren Ländershops unterschiedliche Produkte anbieten.
  4. Händler können nach wie vor vorgeben, welche Zahlungsarten sie in ihren Onlineshops anbieten. Dann gilt aber das Prinzip „ganz oder gar nicht“: Die Zahlarten die der Händler bietet, muss er dann grundsätzlich auch allen Kunden anbieten. Eine Ausnahme hiervon kann nur dann gemacht werden, wenn der Händler „keine andere Möglichkeit (hat), das Risiko der Nichterfüllung durch den Kunden zu verringern. Insbesondere auch bei Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Kunden, sollte es den Anbietern gestattet sein, die Lieferung der Waren oder die Erbringung der Dienstleistung zurückzuhalten, bis sie eine Bestätigung erhalten haben, dass der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß eingeleitet wurde. Im Falle eines Lastschriftverfahrens sollte es den Anbietern gestattet sein, eine Vorauszahlung mittels einer Überweisung zu verlangen, bevor die Waren verschickt werden oder die Dienstleistung erbracht wird. Eine unterschiedliche Behandlung sollte sich jedoch nur auf objektive und hinreichend gerechtfertigte Gründe stützen.“(Erwägungsgrund Nr. 33).
  5. Es müssen keine Anpassungen im Hinblick auf das Liefergebiet gemacht werden. Wenn ein Händler nur innerhalb seines Landes liefert, muss der Kunde einen Lieferort innerhalb dieses Landes angeben können. Der Händler ist nicht dazu verpflichtet, nun EU-weit zu versenden.
  6. Händler sind nicht dazu verpflichtet, Kunden darauf hinzuweisen, dass es gegebenenfalls zu Unstimmigkeiten mit den nationalen Gegebenheiten in dem Land des Kunden kommen kann (Beispiel Stecker und Gebrauchsanweisung. Aber auch mit weiteren nationalen Vorschriften aus allen (noch) 28 EU-Staaten muss sich ein Händler nicht vertraut machen).
  7. Sofern der Händler seinen Onlineshop nicht auf andere Länder ausrichtet (also beispielsweise die Lieferung in andere EU-Länder anbietet), ist er auch nicht dazu verpflichtet, in den anderen EU-Ländern etwaige Registrierungen vorzunehmen (beispielsweise für Elektrogeräte).
  8. Im Falle eines Widerrufs gilt weiterhin die Kostenregelung, die der Händler in seiner Widerrufsbelehrung vorgesehen hat. Dabei ist zu beachten, dass dabei nur die Kostentragung geregelt wird – für den vereinbarten Lieferort. Liefert der Händler also zu einer Adresse innerhalb seines Landes und transportiert der Kunde danach die Ware in ein anderes EU-Land, trägt der Händler zunächst einmal das Transportrisiko nur für die erste Etappe und auch die Kosten für die Rücksendung beziehen sich nur auf diese Strecke.
  9. Bezüglich etwaige Probleme nach Vertragsschluss, wie zum Beispiel Gewährleistungsfälle, richten sich nach den bereits geltenden Regeln der ROM-I Verordnung.