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Ein Blick in die Zukunft des Einzelhandels

Chinas Einzelhandelsmarkt ist in vielerlei Hinsicht dem Rest der Welt – und somit auch Deutschland - voraus. Hier sind drei wichtige Trends, von denen globale Einzelhändler und Marken lernen können.

Laut aktueller Statistiken von eMarketer soll China in diesem Jahr die USA als den größten Einzelhandelsmarkt der Welt übertreffen, wobei eMarketer erwartet, dass der jährliche Einzelhandelsumsatz um 7,5% auf 5,6 Billionen US-Dollar steigen wird. Der größte Einzelhandelsmarkt der Welt ist automatisch auch der umkämpfteste. Marken aus aller Welt - Japan, Australien, Europa, den USA und natürlich China selbst - versuchen, im Reich der Mitte Fuß zu fassen.

Aufgrund des intensiven Wettbewerbs und der wankelmütigen Verbraucher in China mussten Marken und Einzelhändler ihre Bemühungen zur Gewinnung und Bindung von Kunden intensivieren. Hier sind ein paar Trends, die zeigen, warum der chinesische Einzelhandel die Nase vorn hat - und wie internationale Einzelhändler und Marken sich proaktiv an neue globale Einzelhandelstrends anpassen können, um wettbewerbsfähig und relevant zu bleiben.

1. QR-Codes ermöglichen schnellere Transaktionen.

QR-Codes sind in China allgegenwärtig. In jedem Einzelhandelsgeschäft, Lebensmittelladen und Restaurant kann man mit Hilfe von QR-Codes mit den gängigen mobilen Payment-Apps WeChat Pay oder Alipay bezahlen. An der Kasse genügt es, den QR-Code mit der WeChat Pay- oder Alipay-App zu scannen, einen sechsstelligen PIN-Code einzugeben und das Geld wird vom Bankkonto abgebucht. Es ist nicht erforderlich, eine Kreditkarte zu verwenden oder eine Quittung zu unterschreiben.

Doch wie kann das sein?

Zum einen ist China ein mobiler Internet-Markt, der sich später als seine globalen Konkurrenten entwickelte; die Menschen gingen direkt zum Kauf billiger Smartphones über und übersprangen den Desktop-Computer, den sich viele Chinese auch gar nicht leisten konnten.

Auch das chinesische Finanzsystem entwickelte sich später. Die chinesische Regierung hat den chinesischen Markt nur langsam für globale Kreditkartenanbieter wie Visa und MasterCard geöffnet. Da Chinesen grundsätzlich vor Krediten zurückscheuen, haben auch Kreditkarten in China nie wirklich an Bedeutung gewonnen.

Die Sicherheit der QR-Codetechnologie ermöglichte es den Nutzern, beliebige unbekannte und kleine Unternehmen zu bezahlen. QR-Codes sind für kleine Unternehmen viel billiger als die Nahfeldkommunikation (NFC) Kreditkarten-Terminals, die viele Händler im Ausland verwenden. Besonders um es genau diesen kleinen Händlern zu vereinfachen, haben WeChat Pay und Alipay QR-Codes übernommen.

2. Social Commerce senkt die Kosten der Neukundengewinnung.

In China sind die Kosten für die Neukundengewinnung enorm hoch. Einen neuen Kunden auf E-Commerce-Plattformen wie Alibaba's Tmall und JD.com zu gewinnen, kostet rund 200-300 RMB (in etwa EUR 29-EUR 44), und es gibt kein Äquivalent zu Facebook im Hinblick auf kostengünstige Werbemöglichkeiten für kleine Marken.

Die Folge der hohen Akquise-Kosten: Brands haben sich in China dem Social Commerce zugewandt, um neue Kunden zu gewinnen. Anstatt Anzeigen zu schalten, um neue Kunden zu erreichen und an sich zu binden, nutzen sie ihre gegenwärtige Kundenbasis, um durch diese ihre Produkte für sich zu vermarkten, indem sie attraktive Inhalte und Anreize schaffen, die die Kunden mit Freunden oder der Familie teilen.

Durch Social Commerce entdecken Neukunden Produkte über ihre bestehende Community, was es Marken ermöglicht, Vertrauen aufzubauen und neue Kunden schneller zu begeistern. 

Ein Beispiel: Group Buying. Die chinesische Plattform Pinduoduo ist ein Marktplatz für Drittanbieter, ähnlich wie Alibaba's Taobao-Plattform. Pinduoduo bot seinen Kunden hohe Rabatte, um Freunde und Familie für Gruppenkäufe zu gewinnen. Die Rabatte immer noch niedriger als die Marketingkosten, die zur Gewinnung von Neukunden über Anzeigen erforderlich wären. Und das hat Brands an diesem Konzept begeistert.

Diese Groupon-ähnliche Strategie wäre ohne die beliebte Social-Media-Plattform WeChat nicht erfolgreich gewesen, da ihre mehr als eine Milliarde Nutzer und das Pinduoduo-Gruppenkauf-Mini-Programm es bestehenden Nutzern leicht machten, Werbeaktionen mit Freunden über die sozialen Netzwerke zu teilen.

Durch diese Taktik konnte Pinduoduo innerhalb von nur drei Jahren auf über 300 Millionen registrierte Nutzer wachsen und im vergangenen Jahr in New York den Börsengang vornehmen.

3. Influencer verkürzen die Wege der Kunden.

In China spielen Influencer oder Key Opinion Leader (KOL) eine wichtige Rolle. Sie sind Anlaufstelle für Kunden, die mehr über eine Marke oder die Funktionsweise eines bestimmten Produkts erfahren möchten. Beliebte Plattformen für KOL sind unter anderem das Twitter-ähnliche Weibo, die Kurzvideo-Plattform Douyin, Little Red Book und natürlich WeChat.

Warum ist Influencer-Marketing so wichtig in China? Influencer verkürzen die Kaufentscheidung der Kunden, die in China deutlich länger dauert; eine Studie von McKinsey zeigt, dass chinesische Verbraucher acht Touchpoints mit einer Marke benötigen, bevor sie sich für den Kauf entscheiden (gegenüber vier für westliche Käufer).

Gründe hierfür sind größeres Misstrauen gegenüber E-Commerce-Gütern in China. Die Verbreitung von gefälschten oder mangelhaften Waren und das häufige Auftreten von Skandalen bei der Produktqualität in den Medien haben die chinesischen Verbraucher vorsichtiger und anspruchsvoller gemacht.

Ein weiterer Grund ist die schiere Masse an Brands, aus denen man wählen kann. Marken aus aller Welt streben danach, in China Fuß zu fassen. Aber es fällt den Kunden schwer, über eine Plattform wie Tmall oder JD.com herauszufinden, welche Marke besser ist. Deshalb suchen die Leute nach Möglichkeiten, unabhängige, faire Bewertungen von Produkten zu erhalten. Hier kommen Influencer ins Spiel.

Mittlerweile experimentieren Chinas Social Media- und Content-Plattformen damit, Nutzer mit den eigenen E-Commerce-Shops von KOLs zu verbinden. KOLs wie beispielsweise Mr. Bags verkaufen Luxushandtaschen über ihre eigenen WeChat-Stores. Die E-Commerce-Plattformen Mogujie und Taobao haben QVC-ähnliche Livestreaming-Shows, bei denen die Zuschauer direkt in der App kaufen können.